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Zwei Männer, eine Platte: Diekmann und Wallraff zum Ping-Pong-Duell

Schmetter-Attacke oder Defensiv-Spiel? „Bild“-Herausgeber Diekmann und Undercover-Reporter Wallraff treffen sich zum Duell an der Tischtennisplatte. Ein sportlicher Schlagabtausch nach langem Streit und vielen Prozessen. Beide bringen Ehrgeiz und Humor mit.

Köln (dpa) − Es ist ein Duell Mann gegen Mann. Die „Waffen“: zwei Tischtennisschläger. Es treten an: „Bild“-Herausgeber Kai Diekmann und Undercover-Reporter Günter Wallraff. Der Austragungsort? Die Platte hinter Wallraffs Haus in Köln. „Ich hoffe, dass Diekmann trainiert hat und ein ernsthafter Gegner ist“, beschreibt der Enthüllungsjournalist seine Erwartungen. „Ich freue mich auf das Duell, aber ich fürchte, dass der Kerl mich nass machen wird. Günter Wallraff ist ja unglaublich fit“, sagt Diekmann der Deutschen Presse-Agentur vor dem sportlichen Kräftemessen am Freitag.

 

Es ist mehr als ein schweißtreibendes Match, dem beide locker und mit viel Augenzwinkern entgegensehen. Angesichts einer über Jahrzehnte hinweg arg belasteten Beziehung ist das Ping-Pong-Treffen schon eine kleine Sensation. „Die Marke „Bild“ und Günter Wallraff verbindet eine sehr lange und mitunter sehr leidvolle Geschichte. Es hat Fehler und Verletzungen auf beiden Seiten gegeben“, schildert Diekmann. „Das Tischtennisturnier ist eine Möglichkeit, diese Gegnerschaft friedlich und sportlich aufzulösen. Ich hoffe auf einen versöhnlichen Punkt.»

Wallraff betont: „Mir geht es um Sport und Spiel. Ich gehe da gelassen und mit Humor ran. Das Turnier soll aber auf gar keinen Fall als Werbung für die „Bild“-Zeitung ausgenutzt werden.“ Der Autor taucht seit Jahrzehnten mit falscher Identität und verfremdeten Aussehen in die Welt der Benachteiligten − Malocher, Gastarbeiter oder Paketschlepper − ein, um später Missstände anzuprangern. 1977 gab er sich vier Monate als Hans Esser aus und heuerte bei der „Bild“ in Hannover an, schilderte später in „Der Aufmacher“ unsaubere Recherchemethoden. Es kam zu juristischen Auseinandersetzungen.

Zu Zeiten von Hans Esser drückte Diekmann noch die Schulbank. „Als Schüler habe ich Wallraffs Bücher gelesen, auch seine Texte über die „Bild“-Zeitung, ohne zu wissen, dass ich dort später tätig sein würde“, erinnert er sich. „Als ich bei „Bild“ Verantwortung übernommen habe, bin ich auf ihn zugegangen. Wir haben in den vergangenen Jahren einen sehr konstruktiven Dialog geführt. Ich habe mich bemüht, das ein oder andere aufzuklären. Wir haben uns einige Male getroffen.“ Man gehe „sehr vernünftig und professionell“ miteinander um.

Wallraff meint: „Man kann nicht einfach so nonchalant über die jahrelangen Prozesse, Bespitzelungen und Rufmordkampagnen hinweggehen. Ich wünschte mir eine sachliche Aufarbeitung. Aber jetzt spielen wir erst mal.“ Der Bestsellerautor betont zugleich: «Diekmann hat sicher zwischenzeitlich versucht, das Blatt auf einen anderen Kurs zu bringen. Ich muss zugestehen, dass es hin und wieder auch positive Überraschungen gibt. Die „Bild“ ist nicht mehr die pure Häme und Hetze wie früher.“

Zurück zum Tischtennis. Die Duellanten im Steckbrief: Diekmann (51) ist 1,83 Meter groß, 75 Kilogramm schwer, läuft möglichst dreimal die Woche je zehn Kilometer − in starken 55 bis 56 Minuten. Er bringt seinen „Hausschläger“ mit, aber auch einen neuen leichten Allround-Schläger, wie ihn Vereinssportler nutzen. Er sieht sich nicht als Favorit, denn: «Ich spiele gelegentlich gegen meine Kinder. Wir haben eine Platte im Haus. Meinem Ältesten, er ist zwölf, bin ich schon unterlegen.“

Wallraff (73), 1,81 Meter groß, 75 Kilo schwer, ist drahtig und zäh, fährt Kajak, läuft Marathon. Tischtennis spielt auch schon mal hinter Gefängnismauern mit JVA-Insassen. Sein Schläger ist gut 40 Jahre alt, das Modell gibt es wohl nur noch auf dem Flohmarkt. Er spielt immer Vorhand, sehr defensiv, lässt seinen Gegner kommen.

Den Ball ins Rollen gebracht haben zwei Berliner. Sie brauchten Geld für ihr geplantes Webportal Realsatire.de. Um Spenden zu sammeln, starteten sie eine Crowdfunding-Kampagne, lobten dabei auch das Match mit Wallraff aus. Diekmann sah das Angebot, griff sofort zu und kaufte das Spiel für 1.111 Euro. Der Deal für den „Kampf der Titanen“ war perfekt. Vier Gewinnsätze werden gespielt. Realsatire.de und Bild übertragen ab 12.00 Uhr via Livestream auf ihren Facebook-Seiten.

Schummel-Versuche dürften aussichtslos sein. Denn in die Rolle des Schiedsrichter schlüpft kein Geringerer als der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler Timo Boll. Wallraff sagt über Diekmann vor dem Battle: «Er hat etwas Schlitzohriges.“ Und wie denkt Diekmann über Wallraff? „Beeindruckend. Mir gefällt seine Leidenschaft.»