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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

Benno Fürmann im Journalismusthriller „Die vierte Gewalt“

Es ist für alle etwas dabei: Politiker werden sich wiedererkennen. Fans von investigativem Journalismus wird eine spannende Geschichte geboten. Und „Lügenpresse“-Rufer dürften sich bestätigt fühlen. Dabei ist der Film „Die vierte Gewalt“ wohl zu überladen, um wahr zu sein.

Straßburg (dpa) − Mit Journalismus-Thrillern lassen sich Oscars gewinnen, das hat „Spotlight“ in diesem Jahr gezeigt. Die etwas kleinere, vielleicht auch etwas deutschere Version heißt „Die vierte Gewalt“ und läuft am Freitag (20.15 Uhr) bei Arte. Benno Fürmann spielt darin den freien Journalisten Jan Schulte, der einen Scoop wittert: Die Bundesgesundheitsministerin soll ihre Macht ausgenutzt haben, damit ihr Bruder bei einer Organspende bevorzugt wird.


Die Geschichte hat also alles, um zum politischen Skandal zu taugen. Ähnlich wie „Spotlight“, wo Reporter Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche aufdecken, zeigt „Die vierte Gewalt“ die redaktionellen Abläufe, wie es zur Geschichte kommt.

 

Aus Journalistensicht bedient das mit Grimmepreisen ausgestattete Duo aus Regisseurin Brigitte Maria Bertele und Drehbuchautor Jochen Bitzer dafür aber einige Klischees. Politiker mögen denken: Genauso ist es. Und „Lügenpresse“-Rufer werden sich bestätigt fühlen.

 

So wirft der Ministeriumssprecher dem Journalisten vor, es gehe ihm nur um Klicks − und Feuilleton sei nichts für Onlinemedien. Eine aufstrebende Politikerin bekommt den Rat: „Das ist ein Journalist. Wenn der die Wahl hat zwischen ‚ner Story und dir, überlegt der nicht lange.“ Die Politikerin wiederum wirft dem Reporter vor, Journalisten überlegten sich genau, wen sie als nächstes niederschreiben. Der hingegen hegt Pläne, sie hochzuschreiben. Und ein eitler Redaktionsleiter lässt die Schreiber auflaufen, als er keine Geschichte sieht: „Aber da sollen sie selber draufkommen.“

 

Das wirkt alles ein bisschen oberflächlich und effekthascherisch. Bitzer und Bertele waren zur Vorbereitung auf den Film bei „Spiegel online“, wie dessen Kulturredakteur Christian Buß nach der Vorführung des Thrillers vor einigen Wochen auf dem Münchner Filmfest schrieb. Seine Einschätzung: „Stark recherchiert, lustvoll verdichtet: Das sind Beschreibungen, die auch auf „Die vierte Gewalt“ zutreffen. Es wäre müßig und langweilig, an dieser Stelle aufzulisten, was an dem Film ver- und natürlich auch erdichtet ist. Es ist viel!“

So gelingt es den Machern aber auch, der Produktion von NDR und Arte die eine oder andere überraschende Wendung zu geben. Das macht die 90 Minuten durchaus zu einem spannenden, unterhaltsamen Werk. Aber es ist eben ein Film, der mit der Realität allenfalls grob etwas zu tun hat − anders als „Spotlight“, der eine wahre Begebenheit aus der Geschichte des „Boston Globe“ nachzeichnet.

 

Allerdings überzeugen die Schauspieler in „Die vierte Gewalt“: An der Seite eines hervorrangenden Benno Fürmanns übernimmt Jördis Triebel die Reporterkollegin Britta. Die Gegenparts auf politischer Seite übernehmen Franziska Weisz als neues Polittalent Katharina Pflüger und Devid Striesow als Pressesprecher.

So oder so greift der Film wichtige Themen der heutigen Zeit auf und stellt die Fragen nach journalistischer Verantwortung und Moral. „Eine der größten Errungenschaften, die wir haben, ist die Presse- und Meinungsfreiheit. Und die gilt es um jeden Preis zu verteidigen“, sagt Hauptdarsteller Fürmann gewissermaßen stellvertretend. Die Türkei sei gerade ein aktuelles Negativbeispiel.

 

Er räumt aber ein, dass Presse auch in Deutschland nicht frei von Zwängen, Menschen, Firmen und politischen Strömungen sei. Und er zieht den Schluss: „Knackige Überschriften, kurze reißerische Texte sind teilweise der Preis, den wir dafür zahlen, dass man immer lauter schreien muss, um in einer medial überfluteten Welt zu überleben.»