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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

Maria von Welser wird 70 − eine Stimme für Flüchtlingsfrauen

Als Fernseh-Moderatorin ist sie auf dem Bildschirm nicht mehr präsent, aber als Journalistin weiter aktiv: Maria von Welser. Jahrelang deckte sie Schicksale von Frauen auf, benannte sexuelle Gewalt und andere Nöte. Auch mit 70 lässt sie nicht locker. Von Almut Kipp.

Hamburg/München (dpa) − Maria von Welser ist sich treu geblieben: Ihr drittes aktives Leben, wie die Journalistin ihren „Unruhestand“ beschrieben hat, ist derzeit so ausgefüllt, dass ihr selbst zum 70. Geburtstag am 26. Juni kaum eine Atempause bleibt. Denn am 1. Juli stellt die gebürtige Münchnerin im Literaturhaus der Stadt ihr neues Buch „Kein Schutz − nirgends. Frauen und Kinder auf der Flucht“ vor. 


Seit Welser als Direktorin des NDR-Landesfunkhauses in Hamburg 2010 ausschied, hat sie schwer misshandelten oder geflohenen Frauen im Gedruckten eine Stimme gegeben. Für ihr Buch „Wo Frauen nichts wert sind. Vom weltweiten Terror gegen Mädchen und Frauen“ (2014) reiste sie nach Indien, Afghanistan und in den Ost-Kongo. Nun war es die Frage, warum Flüchtlingsfrauen aus Syrien buchstäblich auf der Strecke bleiben, die Welser unter anderem in Aufnahmelager in die Türkei, nach Griechenland und in den Libanon führte. „Sie ist nie den bequemen Weg gegangen“, sagte NDR-Intendant Lutz Marmor einst über sie.

 

„Ich bin durch „Mona Lisa“ immer sehr nah an den Frauenthemen dran gewesen, und mich hat Unrecht immer schon sehr wütend gemacht“, sagt die Autorin zu ihrer Triebfeder. Für das ZDF-Journal „Mona Lisa“, das Tabu-Themen wie Schwangerschaftsabbruch, Gewalt gegen Frauen und Mütterfeindlichkeit aufgriff, erhielt sie 1996 mit ZDF-Moderatorin Petra Gerster den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus. In der späteren ZDF-Verbrauchersendung „Mit mir nicht“ stand Welser als „Anwältin des kleinen Mannes“ Benachteiligten zur Seite.

 

Für ihre „ungeschminkte Berichterstattung über misshandelte Frauen und Kinder im ehemaligen Jugoslawien“ fiel sie als „Frau des Jahres“ (1993, Deutscher Staatsbürgerinnenverband) auf. Nun hat sie Schicksale in Not geratener, vergewaltigter und misshandelter Frauen aufgedeckt, die aus Syrien fliehen mussten. „Ich möchte dieses Unrecht benennen. Ich möchte es festhalten, damit niemand sagen kann: Ich habe es nicht gewusst“, bekräftigt die Publizistin − und macht weiter: „Ich gucke, dass ich mit allen Themen auf dem allerneuesten Stand bin. Ich bin und bleibe Journalistin.“

 

Mit dieser Haltung hat sie auch den US-Präsidentschaftswahlkampf im Blick: „Ich hoffe sehr, dass die Amerikaner vernünftig sind und sich für Hillary Clinton entscheiden. Ich fürchte nur, dass die Terrorattacke in Orlando die Diskussionen in den USA über Muslime, den Islam sowie die Gefahren des IS-Terrors wieder hochkochen lässt − alles Themen, die Donald Trump leidenschaftlich vorantreibt“, sagt Welser.

 

Sollte Clinton der historische Sieg gelingen, als erste Frau der US-Geschichte in das Weiße Haus einzuziehen, „sollte sie sich mit Angela Merkel zusammentun“, meinte Welser. „Die Bundeskanzlerin hat mir hohen Respekt mit ihrer Flüchtlingspolitik abgenötigt. Wie sie da angegangen wurde von den Männern der eigenen Partei (CDU), wie sie Rückgrat bewiesen hat, wie sie mutig war und eine Linie durchgezogen hat. Das war großartig. Hut ab!»

 

Almut Kipp