Pressefreiheit
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Neue Journalisten-Bespitzelung könnte Fall für U-Ausschuss werden

FDP will Ausweitung von Untersuchungsauftrag prüfen.

Berlin, 5. April (AFP) - Die angebliche Bespitzelung von Journalisten durch das Bundeskriminalamt (BKA) wird womöglich ein Fall für den Untersuchungsausschuss. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, er halte die Aufklärung der Vorwürfe für Sache der Untersuchungsausschüsse. Der FDP will nach Angaben ihres Innenexperten Max Stadler prüfen, ob die vom NDR-Magazin "Panorama" erhobenen Vorwürfe Gegenstand des BND-Ausschusses werden sollen. BKA-Präsident Jörg Ziercke wies unterdessen die Darstellung des TV-Magazins zurück, wonach Journalisten des Magazins "Focus" ausgeforscht wurden. Er bestätigte aber ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, das BKA habe Unterlagen verkauft. Schäuble verwies darauf, dass die Vorgänge aus der Zeit vor seiner Amtsübernahme im Bundesinnenministerium datierten. Es sei daher nicht seine vorrangige Aufgabe, die Vorwürfe aufzuklären. "Dafür haben wir Untersuchungsausschüsse im Bundestag", ergänzte der Minister.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler sagte der Nachrichtenagentur AFP, es müsse geprüft werden, ob wegen des "Panorama"-Berichts der Auftrag des BND-Untersuchungsauschusses ausgeweitet werden müsse. Auch Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele forderte rasche Aufklärung. Dafür seien aber zunächst das Bundesinnenministerium, das BKA und die Strafverfolgungsbehörden zuständig, sagte er AFP. Wenn dies nicht ausreiche, müsse sich das Parlament damit befassen.

Nach den Worten von Ziercke ermittelte die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts, dass "korrupte BKA-Beamte" geheime und "hochsensible Unterlagen" verkauft haben sollen. Es gebe "offenbar einen schwunghaften Handel mit Behördenunterlagen", räumte der Behördenchef ein. Die mutmaßlichen korrupten Mitarbeiter im BKA seien im Zuge der Ermittlungen aber nicht identifiziert worden. Das 2002 aufgenommene Ermittlungsverfahren sei im Juni 2004 eingestellt worden. Die Ermittlungen seien auf BKA-Mitarbeiter und nicht auf Journalisten ausgerichtet gewesen, sagte Ziercke unter Berufung auf Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Ziercke wies die Behauptung von "Panorama" zurück, das BKA habe einen "Focus"-Journalisten durch den früheren Geheimagenten Werner Mauss ausforschen lassen. Mauss habe keinerlei Aufträge vom BKA erhalten, er sei vielmehr stets von sich aus auf das BKA zugekommen.

Nach Angaben Zierckes hatte sich Mauss im November 2002 an das BKA mit Hinweisen zum internationalen Terrorismus gewandt. Über das Gespräch wurde ein Vermerk vom BKA angefertigt. Dieser gelangte in die Hände eines "Focus"-Journalisten, welcher Mauss daraufhin nach dessen Aussagen anbot, das Papier für 5000 Euro vom Markt zu kaufen. Der Nachrichtenhändler, der den Vermerk dem "Focus" anbot, bekam den Darstellungen zufolge wiederum seine Informationen von BKA-Beamten.

Mauss soll den Vermerk schließlich für angeblich 4000 Euro gekauft haben. Der "Focus"-Redakteur soll ihm im Laufe der Zeit insgesamt Unterlagen für 22.000 Euro verkauft haben. Dabei handelte es sich dem BKA-Präsidenten zufolge unter anderem um einen Vermerk zur Sicherheit im Flugverkehr und Unterlagen zu einem angeblichen Anschlagsplan auf die Frankfurter Börse.

Mauss wandte sich auch nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens laut Ziercke in "unregelmäßigen Abständen" an das BKA. Dabei berichtete er demnach auch von zwei weiteren "Focus"-Mitarbeitern. Einer habe laut Mauss berichtet, einen BKA-Krimialdirektor in Meckenheim "geführt" zu haben. Dieser BKA-Mitarbeiter habe sich im November 1993 erschossen, sagte Ziercke. jp/eha