Pressefreiheit
dpa

Prozess gegen Türkei-Vertreter von Reporter ohne Grenzen aufgerollt

Hintergrund ist eine Solidaritätskampagne zum Tag der Pressefreiheit im Mai 2016 für die prokurdische Tageszeitung „Özgür Gündem“.

Istanbul (dpa) − Der Prozess wegen Terrorpropaganda gegen den Türkei-Vertreter der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG), Erol Önderoglu, und zwei weitere Angeklagte ist in Istanbul neu aufgerollt worden. Das Gericht im Viertel Caglayan nahm am Mittwoch ein entsprechendes Urteil des Berufungsgerichts an, wie Önderoglus Anwalt, Tora Pekin, der Deutschen Presse-Agentur sagte.

 

Die Chefin der Türkischen Ärztevereinigung, Sebnem Korur Fincanci, und der Autor Ahmet Nesin stehen ebenfalls vor Gericht. Alle drei waren im Juli 2019 von dem Vorwurf der Terrorpropaganda freigesprochen worden − ein Berufungsgericht hatte aber vergangenes Jahr entschieden, dass der Fall neu aufgerollt werden müsse. Die Angeklagten und ihre Anwälte gaben am Mittwoch zu Protokoll, dass sie die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht akzeptierten.

 

Hintergrund des Verfahrens ist eine Solidaritätskampagne für die inzwischen geschlossene prokurdische Tageszeitung „Özgür Gündem“, an der Önderoglu, Fincanci und Nesin teilgenommen hatten. Die Zeitung hatte die Kampagne zum Tag der Pressefreiheit im Mai 2016 gestartet: Journalisten und Menschenrechtler übernahmen damals symbolisch rund drei Monate lang für einen Tag den Posten des Chefredakteurs.

 

ROG-Geschäftsführer Christian Mihr, der den Prozess in Istanbul beobachtete, kritisierte, die Vorwürfe seien haltlos. Das Verfahren sei politisch motiviert. Önderoglu solle dafür bestraft werden, dass er unparteiisch für die Pressefreiheit im Land eintrete, sagte er der dpa. „Wir betrachten das nicht nur als Angriff auf unseren Kollegen, sondern auch als Angriff auf die Organisation.“ Nächster Verhandlungstag ist der 6. Mai.