Recht
dpa

Für Zeitschriftenverleger war 2018 ein gutes Jahr

Nicht zuletzt medienpolitisch ging es voran.

Berlin (dpa) − Aus Sicht der Zeitschriftenverleger wurde 2018 medienpolitisch viel erreicht, aber es bleibt auch noch einiges zu tun. „Trotz des hohen Wertes eines freien Journalismus wird den Verlagen nichts geschenkt, im Gegenteil“, erklärte Rudolf Thiemann, Präsident des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die medienpolitischen Erfolge müssten nun abgesichert werden. „Die unternehmerisch getragene Presse braucht faire Wettbewerbsbedingungen, um der Wucht der Digitalisierung wirtschaftlich standhalten zu können.»

Im September hat das EU-Parlament für ein neues europaweites Urheberrecht gestimmt, wann rechnen Sie damit, dass das umgesetzt wird und die Verlage tatsächlich davon profitieren?

Rudolf Thiemann: Das EU-Verlegerrecht ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die großen Digitalplattformen kämpfen mit harten Bandagen und manipulativen Kampagnen, um sich weiter am geistigen Eigentum der Verlage zu bedienen. Deshalb brauchen wir eine robuste Rechtsposition. Dabei setzen wir auf den Trilog, der gerade läuft. Die freie Presse muss ihre unabhängige Arbeit als Bestandteil einer offenen demokratischen Gesellschaft leisten können und braucht dafür einen fairen rechtlichen Rahmen.

Die Verlage betrifft dabei vor allem das Leistungsschutzrecht, das Plattformen wie Google News zwingen soll, Geld an die Verleger zu zahlen, wenn sie von deren Beiträgen profitieren. Gilt das für Zeitschriften im gleichen Umfang wie für Zeitungen?

Zwischen Zeitschriften und Zeitungen passt bei diesem Thema kein Blatt. Vom neuen Recht profitieren alle Inhaber urheberrechtlich geschützten Eigentums und alle Menschen in Europa, weil die Kreativbranche den großen Internetkonzernen nun endlich klare Spielregeln aufzeigt. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom September war ein Zeichen gegen die Nutzung von geschützten Werken im Internet ohne Genehmigung der Rechteinhaber.

Wie weit sind die Gespräche mit der Bundesregierung darüber? Justizministerin Katarina Barley hatte angekündigt, es gebe beim Leistungsschutzrecht noch Punkte, über die geredet werden müsse.

Die Bundesregierung nimmt an der Meinungsbildung im EU-Ministerrat teil, der seinerseits in dem erwähnten Trilog mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission verhandelt. Soweit wir sehen können, sind die Gespräche − auch unter Beteiligung der Bundesregierung − auf einem guten Weg.

Ein Kritikpunkt war, dass kleinere Verlage vom Leistungsschutzrecht weniger profitieren könnten als die großen, weil ihre Inhalte für Internetaggregatoren weniger attraktiv seien. Ist da etwas dran?

Das trifft nicht zu, im Gegenteil. Derzeit sind sogar große Medienunternehmen nicht in der Position, mit den marktbeherrschenden Playern der digitalen Welt eine faire Regelung zu verhandeln. Die Hoffnung ist, dass das EU-Urheberrecht dazu beiträgt, diese Macht-Asymmetrie zu verändern und es für alle Verleger − welcher Größe auch immer − einfacher zu machen, in Zukunft am Wert ihrer Inhalte beteiligt zu werden. Auch die kleinen Verlage, zum Beispiel der Verband Deutscher Lokalzeitungen (VDL), stehen hinter dem Verlegerrecht.

In Deutschland gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht − es hat aber nicht zu nennenswerten Geldzahlungen von Internet-Konzernen an die Verlage geführt. Sind Sie sicher, dass das mit dem neuen europäischen Recht anders wird?

Eine Rechtsposition ist doch nicht deswegen obsolet, weil deren Durchsetzung nur schwer möglich ist. Ein Recht darf doch nicht deswegen angefochten werden, weil die Marktverhältnisse dies sehr erschweren. Der neue europäische Rechtsrahmen gibt der Durchsetzbarkeit größere Chancen.

Die EU-Finanzminister haben den Weg freigemacht für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf digitale journalistische Angebote. Die Bundesregierung hat angekündigt, das umzusetzen und damit einer Forderung der Verlegerverbände nachzukommen − ein Sieg auf ganzer Linie?

Antwort: Der Durchbruch in Europa ist ein großer Erfolg. Jetzt wird der Spruch aus Brüssel in deutsches Recht gegossen − hier gilt es, möglichst die gesamte Bandbreite verlegerischer Aktivitäten abzudecken. Diese anspruchsvollen Gespräche werden gerade geführt.

Was waren aus Ihrer Sicht 2018 die erfreulichsten und die unerfreulichsten Entwicklungen im Zeitschriftenmarkt?

Erfolgreich ist der Schulterschluss zwischen Verlagen und Journalisten, wenn es um die Verteidigung und den Erhalt der Pressefreiheit geht. Wir haben 2018 viele Zeichen gesetzt, der VDZ und seine 500 Mitgliedsverlage geben der Pressefreiheit eine Stimme wie wohl kein anderer Medienverband in Europa. Die Bundeskanzlerin sprach es auf der Publishers‘ Night aus, als sie dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger dafür dankte, „sich unermüdlich für die Pressefreiheit einsetzen“. Das wird die große Aufgabe für das Jahr 2019: Es kann und darf nicht sein, dass 70 Jahre nach dem Grundgesetz eines der zentralen Rechte, das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit, sogar in Deutschland und Europa unter Druck kommt − durch Extremisten aller Art, aber auch durch extremistische Akteure in den Parlamenten.

 

Was muss aus Sicht des VDZ 2019 passieren?

Trotz des hohen Wertes eines freien Journalismus wird den Verlagen nichts geschenkt, im Gegenteil. Jetzt gilt es, die 2018 erreichten großen medienpolitischen Erfolge abzusichern und zu bestätigen. Von der hart erkämpften Entscheidung des Europäischen Parlaments in Straßburg für ein neues europäisches Urheberrecht über die Einigung des EU-Rates für Wirtschaft und Finanzen zur Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf digitale Presseangebote bis zu den positiven Veränderungen im Rahmen der 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung. Die unternehmerisch getragene Presse braucht faire Wettbewerbsbedingungen, um der Wucht der Digitalisierung wirtschaftlich standhalten zu können.

 

Interview: Andreas Heimann, dpa

ZUR PERSON: Rudolf Thiemann, geboren 1955 in Hamm, hat in Münster Jura studiert und dort auch promoviert. Seit 1986 gehörte er der Geschäftsleitung der Liborius Verlagsgruppe an. Die Geschäftsführung des Familienunternehmens mit mehr als 100-jähriger Tradition übernahm er 1993, seit 1998 ist er Inhaber und Verleger. Bereits im Jahr davor wurde Thiemann VDZ-Vizepräsident, Anfang November 2017 VDZ-Präsident.