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Der Baerbock-Hype: Gabor Steingart kritisiert Rolle der Journalisten

Der Baerbock-Hype: Gabor Steingart kritisiert Rolle der Journalisten Gewissse Ähnlichkeiten: Der „Spiegel“-Cover-Vergleich mit den Kanzlerkandidaten

„Der mediale Höhenflug der Grünen und ihrer Kanzlerkandidatin weist in zweierlei Hinsicht Ähnlichkeiten mit dem Hype um Martin Schulz im Jahr 2017 auf“, analysiert Gabor Steingart. Zu welchem Ergebnis der Media-Pioneer-Gründer kommt und was ihm an vielen Journalisten derzeit nicht gefällt.

„Es sind zunächst nicht die Wähler, sondern die Medien, die ihre Jetons sehr einseitig auf die Kandidaten setzen. Das war damals bei Martin Schulz (,Spiegel‘-Titel: ,Sankt Martin‘) so und das wiederholt sich im Fall von Annalena Baerbock (,Spiegel‘-Titel: ,Die Frau für alle Fälle‘)“, schreibt Gabor Steingart in seinem „Morning Briefing“-Newsletter.


Der Media Pioneer-Gründer verweist darauf, dass „in Wahrheit“ – gemessen am aktuellen Umfragehoch von 25 bis 28 Prozent für die Grünen – noch immer circa zwei Drittel der Wahlbevölkerung nicht die Ökopartei wählten. Diese Zweidrittelmehrheit finde mit ihren Vorlieben und Einschätzungen in den Medien keine Entsprechung. Im Gegenteil erweckten die l„inks-liberalen Medien inklusive des öffentlich-rechtlichen Fernsehens“ den Eindruck, als würde ein Erdrutschsieg der Grünen ins Haus stehen. „Damit bilden viele Journalisten nicht die Wirklichkeit ab, nur ihre Haltung“, kritisiert Steingart.

 

Wie beim damaligen Outsider Martin Schulz, so entspringe auch der grüne Hype einer weit verbreiteten Sehnsucht nach Veränderung. Oppositionskandidaten, und als solcher sei der aus Brüssel eingeschwebte Schulz zunächst empfunden worden, dienten immer auch als Projektionsfläche für die unerfüllten Sehnsüchte der Wähler und der Medien. „Je widriger die Wirklichkeit, desto größer die Projektion“, betont Steingart.

 

Diese „Heilserwartung“ sei damals auch in Martin Schulz gesetzt worden. Aber: Für Steingart gibt einen wichtigen Unterschied zwischen damals und heute, der in den Führungsfiguren selbst liege.

 

Annalena Baerbock ist nach Steingarts Auffassung aus zwei Gründen kein zweiter Martin Schulz: „Zum einen ist die 40-Jährige eine pragmatische Führungspersönlichkeit, die dem Kern vom Kern der heutigen Grünen entspringt. Ihr Ideologiegehalt ist nicht gleich null, aber denkbar gering, wie man an ihrer Forderung nach europäischen Streitkräften erkennen kann. Schulz dagegen war ein Außenseiter, der in der Bundespolitik vorher und nachher keine Rolle spielen konnte und der nur durch den plötzlichen Rückzug von Parteichef Sigmar Gabriel für wenige Wahlkampfmonate nach vorne gespült wurde.“

 

Und zweitens verweist Steingart in seinem Morning Briefing auf „Baerbocks biografische Substanz“: „Ausbildung an der London School of Economics, reißfeste Vernetzung in der eigenen Partei, bürgerliche Respektbezeugungen bis hin zur Kanzlerin.“ Das sei mit der „Wackel-Biografie des Martin Schulz“ nicht zu vergleichen. Ihm habe das politische Reifezeugnis gefehlt, um in höchste Staatsämter aufsteigen zu können. So sei ihm – obwohl die SPD nach seinem Wahlkampf erneut in die Regierung einstieg – nur die Friedrich-Ebert-Stiftung als Gnadenhof geblieben.

 

Steingarts Fazit: „Man kann die mediale Begeisterung für die beiden Kanzlerkandidaten vergleichen. Aber Vorsicht: Vergleichen heißt nicht Gleichsetzen.“