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Jakob Augstein und weitere Journalisten solidarisieren sich mit Nemi El-Hassan

Jakob Augstein und weitere Journalisten solidarisieren sich mit Nemi El-Hassan Nemi El-Hassan (Foto: Tilman Schenk/WDR)

„Wir [...] bitten den WDR, die Entscheidung über die Moderation der Sendung ,Quarks‘ auf Basis ihrer Qualifikationen und ihrer heutigen Positionen zu treffen und entsprechend die Zusammenarbeit mit Nemi El-Hassan wie ursprünglich geplant wieder aufzunehmen“", heißt es in einem offenen Brief, den viele Journalisten unterzeichnet haben. Was der WDR dazu sagt.

Köln – Die wegen ihrer Teilnahme an einer Al-Kuds-Demo vor einigen Jahren jüngst in die Kritik geratene Journalistin Nemi El-Hassan hat in einem Offenen Brief Zuspruch bekommen. Das Schreiben, unter dem Hunderte Namen – darunter auch mehrere prominente aus der Medienbranche – stehen, wurde in der Nacht zum Montag ins Netz gestellt. Darin heißt es, man solidarisiere sich mit El-Hassan, rufe zur Besonnenheit auf und bitte den Westdeutschen Rundfunk (WDR), die Entscheidung über die Moderation der Sendung „Quarks“ auf Basis ihrer Qualifikationen und ihrer heutigen Positionen zu treffen und die Zusammenarbeit wie ursprünglich geplant wieder aufzunehmen.

 

„Alles andere wäre ein fatales Signal. Denn das würde bedeuten, dass Menschen in unserer Gesellschaft eine positive Entwicklung nicht zugestanden wird“, heißt es in dem Brief. An anderer Stelle wurde ausgeführt, El-Hassan werde aufgrund ihrer palästinensischen Herkunft und ihrer muslimischen Identität zur Zielscheibe von Hass und Hetze. Zu den Unterzeichnern gehören zum Beispiel Jakob Augstein, Verleger des „Freitag“, der Journalist Tilo Jung (Jung & Naiv) und die Publizistin Carolin Emcke.

 

Am Montag teilte der WDR auf dpa-Anfrage mit, der Sender nehme die Unterstützung für El-Hassan, ausgedrückt in einem offenen Solidaritätsbrief, wahr. „Gleichzeitig bitten wir um Verständnis, dass wir uns dazu inhaltlich aktuell nicht äußern. Wir hatten angekündigt, in dieser Angelegenheit sorgfältig in Ruhe und ohne Druck von außen zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen.“

 

Hintergrund: Bei den alljährlichen Al-Kuds-Demonstrationen in Berlin waren in der Vergangenheit immer wieder antisemitische Parolen gerufen und Symbole der pro-iranischen libanesischen Hisbollah-Bewegung gezeigt worden. Gegen die Hisbollah hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein Betätigungsverbot erlassen.

 

Am Al-Kuds-Tag, der am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan liegt, ruft der Iran jedes Jahr zur Eroberung Jerusalems auf. Hintergrund ist die Besetzung Ost-Jerusalems durch Israel während des Sechstagekrieges 1967. Al-Kuds ist der arabische Name für Jerusalem.

 

Der ganze Fall war durch Berichterstattung der „Bild-Zeitung“ ins Rollen gekommen: Die Zeitung hatte bekanntgemacht, dass die Journalistin vor mehreren Jahren bei einer Al-Kuds-Demo in Berlin war. Daraufhin hatte sich El-Hassan von der Demo im Jahr 2014 distanziert und in einem Statement mitgeteilt: „An den Al-Kuds-Demos vor sieben Jahren in Berlin teilzunehmen, war ein Fehler.“

Der WDR teilte anschließend mit, dass er den geplanten Start der Moderation von El-Hassan bei der Wissenschaftssendung „Quarks“ vorerst aussetze. Eigentlich hätte die 28-Jährige im November anfangen sollen. „Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer. Es wiegt aber auch schwer, einer jungen Journalistin eine berufliche Entwicklung zu verwehren. Deshalb ist eine sorgfältige Prüfung geboten“, hieß es vom Sender.

 

Der ganze Fall rund um das Bekanntwerden der Teilnahme an der Al-Kuds-Demo hatte zu einer heftig geführten Kontroverse auch im Internet geführt.