Vermischtes
Newsroom

Presserat: Zwei Rügen für Berichte über Seilbahn-Absturz am Lago Maggiore

Bild.de erhielt zwei Rügen für Berichte über das einzige überlebende Kind des Seilbahnunglücks. Die Redaktion hatte unverpixelte Familienfotos gezeigt.

Berlin – Bild.de erhielt zwei Rügen für Berichte über das einzige überlebende Kind des Seilbahnunglücks am Lago Maggiore, bei dem an Pfingsten 14 Menschen gestorben waren. Die Redaktion hatte unverpixelte Familienfotos gezeigt, auf denen der überlebende Junge mit seinen ums Leben gekommenen Eltern und seinem Bruder zu sehen war. „Den Hinweis unter einigen Fotos, die Familie habe diese freigegeben, war für den Presserat kein hinreichendes Kriterium für deren Veröffentlichung. Losgelöst von einer möglichen Einwilligung von Angehörigen hätte die Redaktion die schützenswerten Interessen des Kindes und der verunglückten Familie beachten müssen. Die Redaktion verstieß damit gegen den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 sowie gegen Richtlinie 8.3, wonach Kinder bei der Berichterstattung über Unglücke in der Regel nicht identifizierbar sein dürfen“, erklärt der Presserat.

 

In der Überschrift „Eitan (5) weiß noch nicht, dass seine Familie tot ist“ sah der Presserat zudem eine gegenüber dem Leid des Opfers und der Angehörigen respektlose Berichterstattung gemäß Ziffer 11, Richtlinie 11.3 des Pressekodex. Insgesamt bewertete er die Berichterstattung als Verstoß gegen die Würde des überlebenden Kindes nach Ziffer 1.

 

Eine zweite Rüge erhielten „Bild“ und bild.de für die Veröffentlichung eines Fotos, das den überlebenden Jungen wenige Minuten vor dem Absturz mit dessen Urgroßvater zeigte. Unter der Überschrift „Das letzte Foto aus der Todes-Gondel" sieht man die Betroffenen zwar nur mit dem Rücken zur Kamera, jedoch wird der damals Fünfjährige auf einem weiteren Foto im Artikel klar identifizierbar. Hier wurde der tragische Fall des überlebenden Kindes zur Illustrierung einer Katastrophe genutzt, rügte der Beschwerdeausschuss. Er sah hierin einen schweren Verstoß gegen den Opferschutz nach den Richtlinien 8.2 und 8.3 des Pressekodex.

 

Der Deutsche Presserat hat auf seinen Sitzungen vom 14. bis 16. September 13 Rügen ausgesprochen, davon überwiegend für Verletzungen des Opferschutzes und für Schleichwerbung. Insgesamt behandelt wurden 137 Beschwerdeakten, wovon 64 als begründet und 63 als unbegründet erachtet wurden. Zu den Maßnahmen zählen 13 öffentliche Rügen, 22 Missbilligungen und 20 Hinweise. 9 Beschwerden waren begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet, weil die Redaktion ihre Berichterstattung bereits korrigiert hatte. Bei zehn Fällen handelte es sich unter anderem um Wiederaufnahmeanträge beziehungsweise Einsprüche.