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„Rabaukenjäger-Fall“: Gericht bestätigt Geldstrafe für Journalisten Von Winfried Wagner, dpa

Ein Jäger zieht ein totes Reh über die Straße. Ein Reporter bezeichnet den Mann als „Rabaukenjäger“ − und ist dafür auch in zweiter Instanz verurteilt worden. Doch der Fall scheint noch nicht zuende.

Neubrandenburg (dpa) − Das Landgericht Neubrandenburg hat die Geldstrafe gegen einen Journalisten wegen Beleidigung eines Jägers im sogenannten „Rabaukenjäger“-Fall bestätigt. Richter Jochen Unterlöhner wies die Berufung des 50-jährigen Reporters einer Tageszeitung gegen das vorangegangene Urteil des Amtsgerichtes Pasewalk am Freitag ab. Der Richter nannte den Artikel „maximale Verunglimpfung bei minimaler Beweislage“. Der zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilte Redakteur des „Nordkuriers“ kündigte Revision gegen das Urteil an. 

 

„Nordkurier“-Chefredakteur Lutz Schumacher reagierte mit heftiger Kritik auf die Entscheidung des Gerichts. Es sei ein Skandal, dass auch das Neubrandenburger Landgericht die Bedeutung der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit so gering schätze, hieß es in einer Mitteilung der Zeitung. „Hätte dieses absurde Urteil Bestand, dürfte künftig in Mecklenburg-Vorpommern niemand mehr eine deftiger formulierte Meinung äußern“, sagte Schumacher demnach. Der Verlag werde dem beklagten Redakteur zur Seite stehen, hieß es. Schumacher zeigte sich zuversichtlich, dass der Redakteur „am Ende gewinnen wird. Entweder in der Revision − oder spätestens durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes“.

Zuvor hatte das Amtsgericht Pasewalk den Redakteur wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt, weil er einen Jäger, der ein totes Reh hinter seinem Auto hergeschleift hatte, in einem Artikel als „Rabaukenjäger“ bezeichnet hatte.

Der Jäger aus Vorpommern hatte als Zeuge erstmals vor Gericht geschildert, dass er 2014 ein bei einem Unfall getötetes Reh per Auto etwa 100 Meter von der Straße gezogen und vergraben habe. Das Ziehen wurde von Unbekannten fotografiert, das Bild löste in sozialen Medien Empörung aus und führte zu einer umfassenden Berichterstattung der Zeitung. Darin wurde der Jäger dann zum Beispiel als „Rabaukenjäger“ und „Drecksjäger“ bezeichnet.

„Es war am 31. Mai sehr warm und auf der Bundesstraße 109 viel Verkehr“, sagte der 74-Jährige vor Gericht. Die B109 führt nach Usedom und wird stark von Ausflüglern genutzt. Er habe das tote Tier wegen der Unfallgefahr nicht im Straßengraben liegen lassen wollen. Er habe den Kadaver aber nicht ins Auto gelegt, weil er mit seinen Enkeln segeln wollte und Kadaver viele Zecken hätten. Dann habe er den Kadaver „mit Warnblinken und im ersten Gang“ zum nächsten Feldweg gezogen und dort vergraben.

„In dem Artikel steht nicht die sachliche Auseinandersetzung im Vordergrund“, sagte der Richter. Darin gehe es nur um die Person.

Der Journalist hatte den Jäger, der mehrere Tage zum Segeln gefahren war, nicht erreicht. Die Zeitung hatte aber Details berichtet, die ihn identifizierbar machten. Das hatte auch der Deutsche Presserat missbilligt.

Die Presse stehe nicht im rechtsfreien Raum, erklärte der Richter. Der Reporter soll 1000 Euro Strafe (20 Tagessätze zu je 50 Euro) zahlen, etwa die Hälfte eines Monatseinkommens.

Mit dem Urteil folgte die Berufungskammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger hatten Freispruch für ihren Mandanten gefordert. Die Auseinandersetzung hätte ins Zivilrecht, aber nicht ins Strafrecht gehört, sagte Anwalt Malte Nieschalk, und: „Sprachwitz ist nicht strafbar.»