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Ronja von Wurmb-Seibel: „Nachrichten erzeugen ein verzerrtes Bild der Welt“

Ronja von Wurmb-Seibel: „Nachrichten erzeugen ein verzerrtes Bild der Welt“ Ronja von Wurmb-Seibel

Sie hat als Reporterin in Afghanistan erlebt, wie sinnlos der journalistische Fokus auf Probleme sein kann. Warum sie keine Nachrichten mehr verfolgt und wieso konstruktiver Journalismus die Mächtigen sogar noch mehr ins Schwitzen bringen kann als klassische Investigation.

Berlin –  Ronja von Wurmb-Seibel hat knapp zwei Jahre als Reporterin in Kabul gelebt. Dort hat sie – umgeben von schlechten Nachrichten – gelernt, Geschichten so zu erzählen, dass sie Mut machen. Im Gespräch mit dem „medium magazin“ erklärt sie, warum sie keine Nachrichten mehr verfolgt und wieso konstruktiver Journalismus die Mächtigen sogar noch mehr ins Schwitzen bringen kann als klassische Investigation.

 

Wann haben Sie das letzte Mal die Nachrichten verfolgt?

Ronja Wurmb-Seibel: Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern, das muss Jahre her sein. Zuletzt habe ich unfreiwillig im Radio Nachrichten gehört – aber auch nur, weil ich dort zu Gast in einer längeren Sendung war, die immer von Nachrichtenblöcken unterbrochen wurde. Da konnte ich natürlich schlecht aus dem Studio gehen.

 

Als Medienprofis denken wir ja, dass es Teil unseres Jobs ist, immer tagesaktuell informiert zu sein. Wie gelingt es Ihnen als politische Journalistin, sich diesem Anspruch zu entziehen?

Ich mache das mittlerweile seit mehreren Jahren. Am Anfang hatte ich natürlich auch Angst, etwas zu verpassen. Aber dann habe ich gemerkt, dass genau der gegenteilige Effekt eingetreten ist. Ich habe ja nicht aufgehört, mich zu informieren, sondern nur den Anspruch abgelegt, die täglichen Ereignisse ständig auf dem Schirm zu haben. Dadurch habe ich nun die nötigen Ressourcen, um etwa mehr Sachbücher zu lesen, und bin so viel tiefer in den Themen drin, die mich wirklich interessieren.

 

 

Sie vertreten die These, dass ein Konstruktiver Journalismus stärkeren Druck auf die Mächtigen ausüben kann als herkömmliche investigative Texte. Wie kommen Sie darauf?

Wenn Menschen in Machtpositionen von Journalisten mit Problemen konfrontiert werden, sagen sie oft, da seien ihnen leider die Hände gebunden. Wenn wir mit unseren Recherchen aber zeigen, dass es anderswo schon machbare Lösungen gibt, dann zieht diese Ausrede plötzlich nicht mehr. Sie müssen auf einmal nachvollziehbar erklären, warum das hier angeblich nicht funktionieren würde, und können sich nicht mehr so leicht aus der Verantwortung stehlen. Und so werden Medien ihrer Rolle als Vierte Gewalt tatsächlich gerecht.

 

  • Gerade weil Lösungen präsentiert werden, kommt dann aber oft der Vorwurf: Aktivismus.
  • Wie tiefgreifend ist denn dieser Bewusstseinswandel, den es in der Branche braucht?
  • Für Sie persönlich ist „Scheiße plus X“ bereits mehr als eine journalistische Leitlinie geworden, oder?

Das gesamte Interview finden Sie hier.