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Medienprofis in der Rezession: Abwarten – oder jetzt den nächsten Karriereschritt wagen?

Medienprofis in der Rezession: Abwarten – oder jetzt den nächsten Karriereschritt wagen? Attila Albert

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten neigen viele dazu, den sicheren Status quo zu bewahren. Doch wer zu lange stillsteht, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Karrierecoach Attila Albert erklärt, welche klugen Schritte möglich sind – ohne großes Risiko.

Berlin – Oft heißt es, dass Umbruchzeiten besonders viele Chancen bieten. Das mag stimmen, aber gerade dann wollen nur die wenigsten die notwendigen Risiken eingehen. Das gilt auch jetzt, in der inzwischen mehrjährigen Phase wirtschaftlicher Schwäche (Rezession) und politischer Unsicherheit. Angestellte zögern bei einem möglichen Wechsel aus Sorge vor einer neuen Probezeit – wenn sie überhaupt ein Jobangebot erhalten, denn in den meisten Medienhäusern werden Stellen abgebaut. Wer über eine Selbstständigkeit nachgedacht hat, verschiebt das auf „später‟, wobei offen bleibt, wann das sein soll.

 

Das ist verständlich und insbesondere für angestellte Medienprofis in den meisten Fällen auch logisch. Wer Haupt- oder Alleinverdiener ist, zudem eventuell Kinder hat, tut gut daran, überlegt und sicherheitsorientiert zu handeln. Zum Problem wird dieser Ansatz in langen Krisen, wenn die Phase des „Abwartens‟ – in Wahrheit: Passivität gegenüber der eigenen beruflichen Perspektive – zum Lebensmodell wird. Angestellte mit befristeten Verträgen, Freie mit Pauschalisten- oder Abnahmeverträge oder klassische Selbstständige können sich das Abwarten sowieso nicht leisten. Was aber bringt einen aktuell weiter?

 

Lange Vorlaufzeiten einkalkulieren
In jedem Fall ist es empfehlenswert, über die Krise hinauszudenken, auch wenn ihr Ende bisher noch nicht absehbar ist: Wie soll es für einen selbst weitergehen – und was könnte man jetzt schon dafür tun? Denn viele mögliche nächste Schritte, sei es ein hierarchischer Aufstieg oder eine Selbstständigkeit, brauchen eine mehrmonatige Vorbereitung. Wer eine höhere Führungsposition anstrebt oder neu sucht, muss sich auf ein bis zwei Jahre einrichten. Vieles dafür Notwendige kann man aber bereits angehen und erledigen, ohne seine aktuelle Situation zu verändern, ohne also Risiken einzugehen.

 

Der klassische Bewerbungsprozess ist dafür ein gutes Beispiel. Er umfasst typischerweise: Die eigenen Ziele und Prioritäten klären, seine Außendarstellung verbessern (z. B. auf LinkedIn und auf Branchenevents), das persönliche Netzwerk aktivieren und erweiterten, eigene Bewerbungen und eventuell über Personalvermittler („Headhunter‟), danach Vorstellungsgespräche, Assessments, Vertrags- und Gehaltsverhandlungen. All das geht einem Vertragsangebot voraus, ab dem man überhaupt erst eine konsequente Entscheidung treffen und seinen aktuellen Arbeitgeber informieren müsste.

 

Selbst, wenn es am Ende nicht dazu kommt oder man sich selbst dagegen entscheidet, waren die Schritte bis dahin nicht vergeblich. Man hat sein professionelles Profil geklärt, seine Materialien aktualisiert, seinen Marktwert erkundet, neue Kontakte geknüpft. All das kann sich auf vielerlei Weise auszahlen, selbst beim aktuellen Arbeitgeber, weil man nun auch dort als ambitionierter, selbstbewusster und klarer wahrgenommen wird. Das erhöht die Chancen auf einen internen Aufstieg, mindestens aber die Jobsicherheit. Wer dagegen nur „abgewartet‟ und „überlegt‟, es also beim Alltagsgeschäft belassen hat, der stagniert, während sich die Welt um einen herum schnell weiterbewegt hat.

 

Im aktuellen Job besser werden
Selbstverständlich empfiehlt es sich, auch am aktuellen Arbeitsplatz aktiv zu werden. Hier ist es sinnvoll, sich regelmäßig selbst zu fragen: Mache ich meinen Job (noch) ausreichend gut, wie wichtig ist er für das Unternehmen, was könnte ich eventuell besser machen? Jeder kann sich, so lange er berufstätig ist, immer wieder weiterentwickeln und sogar neu positionieren, etwa in Bezug auf Fachkompetenz, Aufgabengebiet, Arbeitsorganisation und soziale Fähigkeiten (Kommunikation, Führung, Verhandlungsgeschick), sowie die Beschäftigung mit neuen Methoden und digitalen Werkzeugen inklusive KI.

 

Dabei sollte man sich nicht von Angst leiten lassen, selbst wenn Umstrukturierungen und Stellenabbau angekündigt wurden oder bereits stattfinden. Sondern: Mit einer ehrlichen Selbsteinschätzung beginnen, am besten unterstützt durch das Feedback einer neutralen Vertrauensperson (z. B. Mentor). Danach: Selbstbestimmt und entschlossen handeln. Das ist das Gegenteil von jahrelangem Alltagsfrust, von lustlosem Durchhalten ohne Veränderungswillen, unterbrochen nur von gelegentlichen ziellosen Weiterbildungen und dem ständige Retten in den nächsten Urlaub oder in eine Krankmeldung.

 

Zuversichtliche Perspektive stärken
Eine wesentliche Rolle spielt der persönliche Umgang mit den psychologischen Aspekten einer Krise. Dafür braucht es eine Einstellung („Mindset‟), die mit Unklarheiten und unbestreitbaren Verschlechterungen (z. B. geringere Kaufkraft), mit Sorgen und Ängsten umgehen kann. Keinen Zweckoptimismus oder gar Realitätsverleugnung, sondern Zuversicht: Probleme erkennen, sich aber auch zutrauen, sie bewältigen zu können. Wer sich damit schwertut, beispielsweise kaum noch Hoffnung und Kraft für die eigene Zukunft aufbringen kann, sollte sich intensiver damit auseinandersetzen (z. B. mit einem Coach, Mentor oder geistlichen Begleiter, im Krankheitsfall mit einem Therapeuten).

 

Dabei ist auch die bewusste Wahl der Bezugspersonen entscheidend: Wer motiviert mich und hilft mir, wer zieht mich runter oder lenkt mich ständig ab? Gerade in schwierigen Zeiten braucht es Menschen – Vorgesetzte, Kollegen, Freunde und Bekannte –, die einen ermutigen, anregen und bestärken. Nicht alle kann man sich aussuchen und nicht von jedem kann man sich trennen, sollte aber den Einfluss bestimmter Personen auf das eigene Leben begrenzen (mehr dazu in meinem Ratgeber „Ich mach da nicht mehr mit”). In Umbruchzeiten gilt es, die vorhandenen Ressourcen möglichst überlegt und fokussiert einzusetzen, um sie gut zu überstehen und, wenn es wieder besser wird, direkt durchstarten zu können.

 

Zur vergangenen Kolumne: Besser kommunizieren

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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