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Raus aus dem toxischen Team: Was tun, wenn das Betriebsklima krank macht?

Raus aus dem toxischen Team: Was tun, wenn das Betriebsklima krank macht? Attila Albert

Stress mit Chef oder Kollegen kann auf Dauer krank machen – doch viele halten trotzdem viel zu lange durch. Warum das so ist, woran man ein schwieriges Team erkennt und wann der Absprung sinnvoll ist, erklärt Karrierecoach Attila Albert.

Berlin – Die Chefs und Kollegen kann man sich nur begrenzt aussuchen, verbringt aber die meiste wache Zeit des Tages mit ihnen. Für viele Medienprofis passt insgesamt, mit wem sie zusammenarbeiten. Sie sind nicht mit allem im Team befreundet, können sich aber arrangieren. Daneben gibt es jedoch viele, denen es täglich davor graut, ihre Vorgesetzten und Kollegen wiederzusehen. Sie empfinden das Betriebsklima und bestimmte Personen als unerträglich, haben nur bisher keine berufliche Alternative. Wie kommt man da raus? Dazu heute die häufigsten Fragen und Empfehlungen.

 

Was sind Anzeichen für ein problematisches Team?
Objektive Anzeichen sind: Regelmäßige Qualitätsprobleme, Verspätungen und Kostenüberschreitungen bei Projekten. Regelmäßig werden sie sogar überhaupt nicht fertiggestellt, sondern irgendwann aufgegeben. Zudem eine Fluktuationsrate (Anteil von Mitarbeitern, die das Team jährlich verlassen) über 15 Prozent und ein Krankenstand über dem Durchschnitt von 5 Prozent. Subjektive Anzeichen: Man fühlt sich im Team nicht wohl, weil die Atmosphäre angespannt oder feindselig ist, man sich nicht geschätzt, respektiert oder unterstützt fühlt (z. B., weil schon die Einarbeitung ausfiel, der Chef nie Zeit hat).

 

Woran liegt es, wenn das Betriebsklima schlecht ist?
Meist liegt es an mangelhafter Planung und Organisation: Die Aufgabenlast passt nicht zur Zahl und zum Profil der Mitarbeiter. Die Arbeit kommt ungeordnet ins Team (z. B. einfach auf Zuruf) und überlastet so einige Kollegen, während andere wenig beitragen. Zuständigkeiten und Kompetenzen sind unklar oder überschneiden sich, was ebenso zu ständigen Konflikten führt. Neue Kollegen werden nicht ausreichend eingearbeitet oder schnell enttäuscht und gehen deshalb bald schon wieder. Danach: Ungeeignete Fach- und Führungskräfte, deren Verhalten sich unter Druck noch verschlechtert (z. B. Schuldzuweisungen, Lügen).

 

Wie findet man heraus, dass es an einem selbst liegt?
Wenn das Team insgesamt harmonisch und erfolgreich zusammenarbeitet, man selbst aber immer wieder Konflikte hat, liegt es wahrscheinlich an einem selbst. Das kann jedoch ganz unterschiedliche Gründe haben. Variante 1: Eine schwierige Persönlichkeit, auch wenn man das selbst nicht so sieht. Dann empfiehlt es sich, ehrliches Feedback von einer neutralen Vertrauensperson einzuholen, dazu die Arbeit mit einem Coach oder Therapeuten. Variante 2: Man passt kulturell nicht ins Unternehmen, weil man andere Vorstellungen, Prioritäten und Werte hat. Dann ist es wichtig, beim nächsten Wechsel stärker auf diese Punkte zu achten.

 

Soll man den Vorgesetzten darauf ansprechen?
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, „atmosphärische Probleme‟ im Team anzusprechen. Nur so erfährt man, ob der Vorgesetzte sie auch wahrnimmt, für relevant hält und eingreifen würde. Vermeiden Sie kindlich klingende persönliche Vorwürfe („Lisa ist immer so zickig‟,,„Ralf lässt mich ständig hängen‟). Sprechen Sie Probleme möglichst spezifisch und neutral an, am besten verbunden mit einem Verbesserungsvorschlag. Es ist allerdings kontraproduktiv, das gleiche Problem mehr als zwei- bis dreimal anzusprechen. Hat sich danach nichts geändert, muss man anerkennen: Der Chef sieht es anders. will oder kann nichts ändern.

 

Hat es Sinn, sich mit Kollegen auszusprechen?
Im Einzelfall kann es helfen, empfundene Spannungen einmal anzusprechen. Das Ergebnis kann ganz unterschiedlich ausfallen: Der Kollege empfindet es ebenso und ist froh, dass man endlich einmal darüber redet. Er bestreitet es, aber wenig glaubwürdig. Oder man ist sich direkt einig und handelt eine Lösung aus. Häufig werden allerdings organisatorische Probleme (z. B. Arbeitsüberlastung, Kompetenzkonflikte) als persönliche Animosität fehlgedeutet. Hier helfen keine Aussprachen, auch keine Team-Events. Sie erfordern organisatorische Entscheidungen, die nur die übergeordnete Leitung treffen können.

 

Woran erkennt man, dass der Chef das Problem ist?
Die meisten haben ein feines Gespür dafür, wenn ihr Vorgesetzter seiner Rolle nicht gerecht wird. Das kann sich auf drei Ebenen zeigen: Fachkompetenz, Sozialkompetenz, Charakter. Kein Vorgesetzter ist perfekt und muss es auch nicht sein. Aber Alarmzeichen sind, wenn sich 1. die Mitarbeiter um ihn herum selbst organisieren (weil er es nicht kann oder will), 2. ihm wichtige Informationen verschweigen (weil er sie eventuell gegen sie verwenden würde) und sich 3. ständig absichern (weil er im Zweifel nicht zu ihnen stehen würde). Da hilft es auch nicht, wenn der Chef ansonsten „nett‟ ist. Man kann so nicht gut zusammenarbeiten.

 

Wie erträgt man ein schlechtes Betriebsklima?
Intuitiv suchen betroffene Berufstätige die räumliche Distanz, weichen dem Problem also möglichst aus: Mehr Homeoffice-Tage oder Termine außerhalb, häufigere Krankmeldungen, vor allem um Wochenenden herum, dazu der gedankliche Fokus auf den jeweils nächsten Urlaub. Ebenfalls helfen anfänglich: Mehr Fokus aufs Privatleben, also auf Beziehung, Familie, Hobbies, Ehrenamt, eigene Projekte. Aber nach spätestens ein bis zwei Jahren sollte man eine grundlegende Lösung angehen: Gespräch bzw. Verhandlungen mit dem Chef oder, wenn sich nichts ändert, ein interner oder externer Stellenwechsel.

Kündigen, wenn man es nicht mehr aushält?


Eine Kündigung, ohne etwas Neues zu haben, ist eine Option, und allein dieser Gedanke kann schon befreiend wirken: „Ich muss mir das nicht antun.‟ Allerdings sind nur die wenigsten Medienprofis in der Lage, ohne Arbeitseinkommen auszukommen (z. B. weil der Partner ausreichend verdient oder sie geerbt haben). Daher empfehlen sich alternativ: Der Wechsel auf Teilzeit, wenn man den reduzierten Kontakt mit seinem Team für akzeptabel hält, oder eine Aufhebungsvereinbarung, idealerweise mit Abfindung. Damit umgeht man auch die Sperre beim Arbeitslosengeld. Ideal natürlich: Ein neuer Job, der besser passt.

 

Was sind Warnzeichen im Vorstellungsgespräch?
Viele Bewerber konzentrieren sich bei Vorstellungsgesprächen darauf, den besten Eindruck zu machen, um die Stelle zu bekommen. Sie vergessen dabei, dass sich der Arbeitgeber auch bei ihnen bewirbt und die Stelle möglicherweise problematisch ist. Warnzeichen sind, wenn einfache Fragen (z. B. nach Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen) nebulös oder gar nicht beantwortet werden – oder Sie sich in die Defensive gedrängt fühlen. Wenn man Sie beim Kennenlernen faktisch verhört, Ihnen direkt etwas unterstellt oder mit Ihnen streitet. Das gibt eine ungute Vorahnung davon, wie die Zusammenarbeit wäre.

 

Was kann man von einem problematischen Team lernen?
Zunächst sind Berufstätige, die unter einem schlechten Betriebsklima oder Team gelitten haben, nur froh, wenn sie weg sind. Manche wollen am liebsten nie mehr zurückdenken, löschen z. B. auch alle LinkedIn-Kontakte aus dieser Zeit. Mit etwas Abstand lohnt sich der Blick zurück, um innerlich abzuschließen, aber auch etwas daraus zu lernen: Was ist damals wirklich passiert, was hätte ich anders machen können? Belassen Sie es dann nicht bei einfachen Erklärungen („Mobbing”, „Neid‟). Reflektieren Sie, was Sie über Ihre Stärken, Schwächen und Werte gelernt haben und was Sie daraus für die Zukunft folgern.

 

Zur vergangenen Kolumne: Medienprofis in der Rezession

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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