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Vom Chef oder Team abgelehnt: Wann es besser ist, sich einen neuen Job zu suchen

Vom Chef oder Team abgelehnt: Wann es besser ist, sich einen neuen Job zu suchen Attila Albert

Eine negative Bewertung vom Chef oder von den Kollegen kommt manchmal völlig unerwartet. Wer die Ursachen nicht früh genug prüft und angeht, riskiert eine schnelle Eskalation bis zum erzwungenen Jobwechsel. Karrierecoach Attila Albert über erste Anzeichen und Auswege.

Berlin – Eine freie Journalistin schrieb ihrem früheren Chef, weil sie sich Aufträge von ihm erhoffte. Er antwortete nicht, auch nicht auf Rückfrage. Daher schrieb sie einem Redaktionskollegen, der sich zunächst freudig zurückmeldete, aber dann ebenso nicht mehr reagierte. Mehrere Monate war sie ratlos, bis sie schließlich über gemeinsame Bekannte hörte: Man wolle mit ihr nicht mehr zusammenarbeiten, sie gelte als unzuverlässig und falsch. Für die Journalistin ein Schock: Nach ihrem Eindruck war sie als geschätzte, beliebte Kollegin gegangen.

 

Eine negative Bewertung, offen ausgesprochen (z. B. im Mitarbeitergespräch) oder unter Kollegen weitererzählt, kann manchmal völlig unerwartet kommen. Eben noch hatte man den Eindruck, gut mit den anderen auszukommen. Plötzlich fühlt man sich beruflich ins Abseits gedrängt und persönlich angegriffen. Kümmert man sich nicht früh genug darum, kann das schnell eskalieren: Feindselige Reaktionen („Mobbing‟), Karriere-Ende beim aktuellen Arbeitgeber, ein erzwungener Job- oder sogar Branchenwechsel.

 

Frühe Anzeichen von Ablehnung im Team

  • Den meisten Medienprofis, die sich in solch einer Dynamik wiederfinden, fallen die ersten Anzeichen zwar schon früh auf. Aber sie verdrängen sie, nicht selten aus Hilflosigkeit oder in der Hoffnung, dass sich die Dinge von selbst regeln:
  • Ihre E-Mails und Anrufe werden knapp oder gar nicht beantwortet, Bitten nicht erfüllt und Vorschläge – freundlich oder schroff – abgelehnt.
  • Wenn Sie den Raum betreten, verstummen Gespräche, oder die anderen wenden sich ab und sind plötzlich sehr beschäftigt.
  • Bei Konferenzen will man Ihre Meinung nicht mehr wissen und reagiert genervt, wenn Sie sich trotzdem zu Wort melden.
  • Bei Veranstaltungen oder auf der Straße tun andere so, als hätten sie Sie nicht gesehen oder müssten auf einmal dringend telefonieren.
  • Sie hören über Dritte, was man sich über Sie erzählt, oder werden sogar darauf angesprochen („Sag mal, stimmt es wirklich …”).
  • Andere wollen erkennbar nicht (mehr) mit Ihnen zusammenarbeiten. Angebote, Beförderungen bzw. Aufträge bleiben aus.

 

So lange Sie noch Unterstützer unter Ihren Vorgesetzten und Teamkollegen haben, kann eine Phase der Unbeliebtheit – wie sie bei jedem einmal vorkommt – von selbst wieder vorbeigehen, ohne dass Sie viel tun müssten. Dann genügt Beharrlichkeit: Den eigenen Job korrekt erledigen, mehr privaten Ausgleich suchen und abwarten, bis das Interesse an Ihnen nachlässt oder sich verlagert. Nicht selten wechselt, wenn Sie nur genug Geduld haben, auch der besonders schwierige Chef oder Kollege anderswohin.

 

Ehrliche Rückmeldungen einholen
In jedem Fall sollten Sie einen Vertrauten – Ihnen wohlgesinnt, aber ehrlich – fragen, was die Ursache der Ablehnung sein könnte. Hören Sie aufmerksam und offen zu. Erklären und rechtfertigen Sie nichts, versuchen Sie zu verstehen. Selbst behutsam ausgesprochene Kritik schmerzt, verschafft Ihnen aber Klarheit und zeigt Ihnen, wo Sie ansetzen könnten. Widerstehen Sie der Versuchung, die Schuld zuerst bei allen anderen zu suchen. Das tröstet zwar für den Augenblick, ist aber wahrscheinlich sachlich falsch.

 

Nur selten haben Beschuldigungen gar keine Grundlage oder wurden rein aus taktischen Gründen (z. B. Konkurrenz um eine Beförderung), Neid oder eigenem Frust gestreut. Hier kann man sich manchmal anwaltlich wehren, doch häufig fehlen stichhaltige Beweise, und die Arbeitsbeziehung ist irreparabel geschädigt. Meist passt es einfach grundsätzlich nicht (mehr) und wäre ein Wechsel längst überfällig, wurde jedoch nicht angegangen. Ein selbstbestimmter Neuanfang woanders ist dann eine Befreiung.

 

Der Ruf verbreitet sich in der Branche
Es gibt aber auch Medienprofis, die sich ihren schlechten Ruf in der Branche selbst zuzuschreiben haben. Das reicht von strafrechtlich relevantem Fehlverhalten (z. B. Betrug bei der Spesenabrechnung, Diebstahl am Arbeitsplatz) über disziplinarische Verstöße (z. B. manipulierte oder gefälschte Beiträge, Affären mit Mitarbeitern) bis zu charakterlichen Verfehlungen (z. B. Vorgesetzte belügen, über Kollegen lästern). Ist so etwas erst einmal vorgefallen, ist der Wechsel des Arbeitgebers meist unvermeidlich, oft erzwungen.

 

Allerdings ist die Medienbranche klein, man kennt sich und tauscht sich aus. Nach einigen Berufsjahren werden Sie feststellen, dass viele ehemalige Vorgesetzte, Kollegen, Praktikanten und freie Mitarbeiter nun bei anderen Medienhäusern arbeiten. Deren Einschätzung wird, kommt das Gespräch auf Sie, weitergegeben. Ihre Bewerbung wird nicht selten von jemandem angeschaut, der – direkt oder indirekt – schon einmal mit Ihnen zu tun hatte. Ansonsten erkundigt man sich untereinander, was von Ihnen zu halten sei.

 

Teammitglieder, die Charakter haben
Langfristig zahlt es sich daher aus, nicht nur gute Arbeit abzuliefern, sondern auch einen guten Charakter zu zeigen: Respekt, Anstand, Zuverlässigkeit, Höflichkeit. Kurzfristig kann sich rücksichtsloses Verhalten auszahlen, manche Unternehmenskulturen belohnen es sogar (z. B. gegen Kollegen intrigieren, um sich selbst abzusichern). Auf Dauer setzt sich aber erfahrungsgemäß eine realistische Einschätzung durch, auch wenn sie nicht offen ausgesprochen wird. Man kennt nicht alle Details, weiß aber insgesamt Bescheid.

 

Ein erfolgreiches, effektives Team setzt voraus, dass die Mitglieder einander vertrauen: Sicher sein können, dass sie sich nicht voreinander verstellen müssen, Risiken eingehen und Fehler machen dürfen. Google untersuchte diese Mechanismen ausführlich in seiner internen Teamstudie „Aristotle‟. Solch eine Zusammenarbeit setzt Vertrauen und Respekt voraus, persönliche Integrität, Empathie und Belastbarkeit. Also Menschen mit Charakter, was kluge Vorgesetzte schon bei der Auswahl neuer Mitarbeiter berücksichtigen.

 

Generell vermeiden sollten Sie monatelange Krankschreibungen, um solch einem Konflikt zu entgehen, oder eine Kündigung, ohne etwas Neues zu haben. Wenn Sie merken, dass es mit dem Chef oder Team nicht mehr passt, beobachten Sie eine Zeit lang und sammeln Sie Fakten. Handeln Sie dann. Sie bleiben immer innerlich frei und selbstbestimmt, wenn Sie von sich aus davon ausgehen, dass jede Arbeitsbeziehung Ihre Phasen hat und einmal an Ihr Ende kommt. Das nächste Kapitel wird vielleicht sogar besser als das, was Sie bisher haben.

 

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Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.