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Wie Journalistinnen und Journalisten sich ihren Lebenstraum erfüllen

Wie Journalistinnen und Journalisten sich ihren Lebenstraum erfüllen Attila Albert

Wer einen gewissen Frustpegel oder ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat, will seine großen Träume nicht länger hinausschieben: Mehr Freiheit, Selbstbestimmung und Zeit für die Menschen, die einem wichtig sind. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie das erreichen können.

Berlin – Eine Newsroom-Chefin träumte davon, einen Bauernhof in Norddeutschland zu kaufen. Dort wollte sie sich ein kleines Tonstudio einrichten und selbstständig Podcasts und Hörbücher für andere produzieren. Ein Fachredakteur reiste seit vielen Jahren nach Italien, wo auch seine jetzige Partnerin lebte. Nun schwebte ihm vor, die Hälfte des Jahres von dort aus zu arbeiten. Ein Magazinreporter wünschte sich, mehr Zeit mit seiner älter werdenden Mutter verbringen zu können. Für längere Besuche war seine Wohnung zu klein. So überlegte er, ob er nicht – eventuell mit Freunden – eine Mehrgenerationen-WG gründen sollten.

 

Wenn Medienprofis über ihre wahren Lebensträume sprechen, dann geht es meist um mehr als um Karriere- und Finanzziele, die langfristig nur Mittel zum Zweck sind. Fast immer wünschen sie sich mehr Freiheit, Selbstbestimmung und Zeit für die Menschen, die ihnen wichtig sind. Manchmal erfordert das einen Arbeitgeber- und Ortswechsel, wenn die aktuelle Umgebung nicht mehr zu den Vorstellungen passt. Das bringt Herausforderungen mit sich und – wegen der finanziellen und familiären Verpflichtungen – auch Risiken (z. B. wegen einer neuen Probezeit). Doch schließlich ist oft mehr möglich als anfangs gedacht.

 

Nicht auf perfekten Zeitpunkt warten

Den perfekten Zeitpunkt für einen Wechsel trifft man selten. Fast immer fehlt zudem zunächst etwas Entscheidendes. Ausreichend Geld beispielsweise, eine Arbeitsstelle oder Wohnung am neuen Zielort, eine bestimmte Qualifikation. Oft sogar schon eine konkrete Idee, der Umsetzungsplan dafür und der Mut, wenn etwa ein klassischer Journalist davon träumt, sein eigener Agentur-Chef, Buchautor oder Dozent zu werden. Grenzen und Unsicherheiten sind aber normal und sollten niemanden aufhalten, seinen Traum trotzdem zu verfolgen. Sie zeigen den persönliche Beratungs- und Handlungsbedarf.

 

Der Unterschied zwischen denen, die ewig nur reden („Ich überlege, ob ich nicht …“) und denjenigen, die es tun, beginnt mit einem inneren Entschluss: Jetzt mach ich's einfach, auch wenn die Umstände nicht ideal sind. Dafür muss mancher erst einen gewissen Frustpegel erreichen – oder ein bestimmtes Lebensalter, das klar macht, dass man nicht mehr ewig Zeit hat und weiter auf „später einmal“ warten sollte. Nach diesem Entschluss geht es plötzlich nicht mehr um das OB, sondern um das WIE. Also: Wie das Ziel und der Weg dahin beschrieben werden können und welche Hindernisse es zu überwinden gilt.

 

Die wenigsten Medienprofis wünschen sich dabei einen radikalen Umbruch. Er wäre zwar der ersehnte schnelle Befreiungsschlag, aber mit zu großen Risiken behaftet. Schrittweise Übergänge sind der bevorzugte Weg. Typische Ansätze dafür: Auf Teilzeit wechseln und in der frei werdenden Arbeitszeit eine nebenberufliche Selbstständigkeit ausprobieren. Das erstbeste Jobangebot erst einmal annehmen, wenn es den Umzug an den gewünschten neuen Wohnort ermöglicht, danach vor Ort weitersuchen. Einen lange Urlaub dafür nutzen, zur Probe woanders zu arbeiten, um danach informierter entscheiden zu können.

 

Ziellosen Aktionismus vermeiden

Wer sich endlich zur Veränderung entschlossen hat, neigt manchmal zum ziellosen Aktionismus, um jetzt nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Typisch dafür: Fast wahllose Bewerbungen („Ich will mir keine Optionen verschließen“), übergroße Zugeständnisse an mögliche Arbeitgeber und Wohnorte. Nach dem Motto: Wenn der Reaktionsjob in Hannover nicht klappt, kann es ja auch PR in Berlin oder ein Buchverlag in München sein. So hilfreich Offenheit und Flexibilität sind, empfiehlt es sich, persönliche Mindest- und Ausschlusskriterien festzulegen und einzuhalten. Das erspart unnötige spätere Korrekturen.

 

Einfache Listen mit Vor- und Nachteilen einer Entscheidung helfen meist nur wenig weiter. Sie scheinen sich in der Summer immer aufzuwiegen, weshalb man dann meist alles so lässt, wie es ist. Hilfreicher ist es, das gewünschte zukünftige Lebensmodell für sich zu visualisieren. Sie könnten z. B. eine Fotocollage (Moodboard) mit Motiven anfertigen, die zeigen, was Ihnen für Ihre Zukunft wichtig wäre. Wer lieber schreibt, kann alternativ seinen idealen Tagesablauf oder die perfekte Stellenbeschreibung entwerfen. Nicht als ergebnislose Träumerei, sondern um für sich zu klären, worauf man bei möglichen Optionen achten will.

 

Die kreative Methode enthüllt einem manchmal erstaunlich klar, wo es hingehen soll, wenn man es selbst noch gar nicht so genau wusste. Beispiel: Ihr Moodboard zeigt klar lauter Symbole des Landlebens (z.B. Wald, Tiere, Berge, Küste, kleines Häuschen). Dann ist es möglicherweise für Sie reine Zeitverschwendung, sich auf eigentlich attraktive Jobs in Großstädten zu bewerben. Sie könnten in diesem Fall bevorzugt nach Regional- und Lokalverlagen in Ihrer Wunschgegend suchen oder es zur Bedingung machen, dass Sie von zu Hause aus arbeiten können und nur gelegentlich zu Meetings ins Büro kommen.

 

Eine Selbstverständlichkeit sollte sein, Berufs- und Privatleben ganzheitlich zu planen, auch wenn Ihnen ein Aspekt besonders wichtig erscheint. Das macht es zwar anspruchsvoller, reduziert aber die Wahrscheinlichkeit von Entscheidungen, die bald zu den nächsten inneren Konflikten führen würden (z. B. der vermeintliche Traumjob, für den Sie aber wieder an einem ungeliebten Ort wohnen oder pendeln müssen). Wer sein Ziel zumindest ungefähr kennt, bewegt sich – wenn auch schrittweise und mit manchen Umwegen - in seine Richtung und verliert es nicht aus dem Blick. Lange scheint alles unklar, zeitweise sogar frustrierend. Bis Sie eines Tages feststellen, wie weit Sie schon gekommen sind.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne:  Kollegiales Coaching

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.