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Hohe Auszeichnung: Kurt-Tucholsky-Preis für "Handelsblatt"-Investigativ-Chef Iwersen

Hohe Auszeichnung: Kurt-Tucholsky-Preis für "Handelsblatt"-Investigativ-Chef Iwersen Sönke Iwersen

Hohe Auszeichnung für Sönke Iwersen, Leiter des Investigativ-Teams beim "Handelsblatt". Am Sonntag, 22. Oktober, wird er mit dem Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2017 ausgezeichnet. Das hat die Jury um ihren Sprecher Wolfgang Helfritsch entschieden. Als Laudator wird Thomas Tuma, stellvertretender "Handelsblatt"-Chefredakteur, im Theater im Palais Berlin sprechen.

 

Düsseldorf - Iwersen erhält die Ehrung für seine am 7. September 2016 veröffentlichte Reportage "Edward Snowden - Schutzengel ganz unten". Darin beschreibt er die zuvor unbekannte Geschichte des Fluchtwegs von Edward Snowden aus Hongkong - und die Geschichte der Helfer, die sein Leben retteten.

 

Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Snowden lüftete am 9. Juni 2013 das größte Geheimnis des US-Sicherheitsapparates. Ausgerechnet diejenigen, die die Bevölkerung vor Angriffen von außen schützen sollten, überwachten ohne Rechtsgrundlage ihre eigenen Bürger sowie Millionen von Einwohnern verbündeter Staaten. Mit seiner Enthüllung löste Snowden ein weltweites politisches Beben aus.

 

Dann verschwand Snowden. Zwei Wochen lang suchten der US-Geheimdienst, die Polizei in Hongkong und zahllose Journalisten nach dem Whistle-Blower. Keiner fand ihn. Erst am 23. Juni 2013 sah die Welt Snowden wieder - am Flughafen von Hongkong. Der Amerikaner verschwand durchs Gate, in seiner Hand ein Ticket nach Moskau. Dort versteckt sich Snowden seitdem vor den US-Behörden.

 

Für die „Handelsblatt“-Reportage begab sich Sönke Iwersen auf Spurensuche in Hongkong. Er deckte auf, wie dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter seine Flucht aus der chinesischen Metropole gelang und wo er sich in dieser Zeit versteckt hielt: bei Asylbewerbern aus Sri Lanka und den Philippinen, die eins mit ihm gemeinsam hatten - auch sie waren Flüchtlinge. Sie ließen Snowden in ihren Betten schlafen, gaben ihm zu essen und erledigten Botengänge für ihn.

 

Für das „Handelsblatt“ schilderte Snowden 2016 erstmals die dramatischen Details seiner Zeit im Untergrund und seine Dankbarkeit für seine Helfer. "Meine Geschichte könnte sehr viel trauriger sein, wenn es diese Menschen nicht gegeben hätte", sagte Snowden. "Alles, was ich über Mut und Tapferkeit zu wissen glaubte, war nichts gegen das, was ich in Hongkong erlebte."

 

Nach Auffassung der Jury "verbindet das Dossier 'Schutzengel - ganz unten' von Sönke Iwersen investigative Recherche mit der Empathie der literarischen Reportage. Iwersen bereiste einen Ort, der in der global thematisierten Snowden-Affäre erstaunlich unbesehen blieb: Er besuchte die Wohnsilos von Hongkong, in denen der Whistleblower Edward Snowden im Juni 2013 für zwei Wochen Unterschlupf fand. Sprachlich prägnant und dramaturgisch pointiert gibt Iwersen den vier Asylsuchenden, die Snowden trotz eigener prekärer Lage Schutz boten, einen Namen und eine Herkunft. Und er gibt ihnen Würde, indem er in wechselnder Perspektive darlegt, was sie in die so genannte illegale Migration trieb."

 

Weiter heißt es in der Begründung der Jury: "Iwersens im Handelsblatt veröffentlichte Reportage steht beispielhaft dafür, wie auch eine Wirtschaftszeitung die dunkelsten Nischen der Globalisierung ausleuchten kann. Der Blick hinter die Fassaden Hongkongs verknüpft unser Zeitalter weltweiter Aus- und Einwanderung mit einer unbekannten Episode der Snowden-Affäre. Diese Verquickung im Zeitalter weltweiter Überwachung ist engagiert, originell, aufklärerisch - und deshalb preiswürdige Publizistik in bester Tradition Kurt Tucholskys."

 

Hintergrund Sönke Iwersen

 

Sönke Iwersen, geboren 1971 in Hamburg, schreibt seit 2006 für das „Handelsblatt“ und leitet seit 2012 das Ressort Investigative Recherche. Für seine Arbeit wurde er bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem den Friedrich-Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus (2010), den Deutschen Journalistenpreis Wirtschaft, Börse und Finanzen (2011), dem Georg von Holtzbrinck Preis für Wirtschaftspublizistik (2011), den Henri-Nannen-Preis (2013) sowie 2012 und 2015 mit dem Wächterpreis der Tagespresse.

 

Hintergrund Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 

 

Der mit 5000 Euro dotierte Preis wird von der Berliner Tucholsky-Gesellschaft verliehen und zeichnet politisch engagierte und sprachlich prägnante Werke der literarischen Publizistik aus, die sich im Sinne des Namensgebers kreativ und kritisch mit zeitgeschichtlichen Entwicklungen und Vorgängen auseinandersetzen. Zu den früheren Preisträgern zählen unter anderem der inhaftierte Journalist Deniz Yücel (2011), der Journalist und Literaturkritiker Volker Weidemann (2009), der Journalist Heribert Prantl (1996) von der „Süddeutschen Zeitung“ und der Liedermacher Konstantin Wecker (1995). 

 

Der Jury des Kurt-Tucholsky-Preises gehören an Wolfgang Helfritsch als Sprecher sowie Prof. Dr. Stuart Parkes, Marc Reichwein, Mechtild Schäfer und Rainer Wieland.

 

Newsroom.de-Tipp: Mehr zum Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik auf JournalistenPreise.de, dem Portal für preisgekrönten Journalismus.

 

Bülend Ürük