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Nahost-Kenner Gerhard Konzelmann wird 75

Seine Reportagen und Analysen haben ihm den Fernsehpreis Bambi und den renommierten Grimme-Preis eingebracht, seine rund 40 Bücher und Publikationen erreichten eine Auflage von mehr als 1,5 Millionen.

Isny (dpa) ­ «Sterben lassen und sterben, davor schreckt kaum jemand zurück, der Politik macht im Nahen Osten.» Zwölf Jahre hat Gerhard Konzelmann in Beirut und Kairo als ARD-Korrespondent gelebt, religiösen Fanatismus, Intoleranz, Gewalt, Krieg und Grausamkeiten gerade im Libanon erlebt. «Da wurde ich gläubig, weil man Halt braucht», sagt Konzelmann im Rückblick. Seine Reportagen und Analysen haben ihm den Fernsehpreis Bambi und den renommierten Grimme-Preis eingebracht, seine rund 40 Bücher und Publikationen erreichten eine Auflage von mehr als 1,5 Millionen. Konzelmann wird am 26. Oktober 75 Jahre alt.

«Meinen Geburtstag werde ich im Oman verbringen», erzählt er beim Blick aus seinem Bauernhaus oberhalb von Isny im Allgäu. Er lebt nach den prägenden Jahren in Wüstenregionen nun in einer grünen Bilderbuchlandschaft. Er gehörte zu den ersten, die in ihren Publikationen die aggressive Seite des Islam betonten. Was viele in der westlichen Welt erst mit den Anschlägen des 11. September 2001 begriffen, fing nach seiner Einschätzung schon mit der Flucht des Schahs von Persien 1979 an: «Die Schiiten hatten einen Sieg errungen.» Das Selbstbewusstsein radikaler Muslime sei von da an gewachsen. Der Glaube an die Prophezeiung Mohammeds, dass «die Welt in Nord, Süd, Ost und West dem Islam» gehöre, sei ein Eckpfeiler dieser Religion.

Persönlicher Mut habe am Beginn seiner freundschaftlichen Beziehung zu PLO-Chef Jassir Arafat gestanden, erinnert sich der Autor. Als die Israelis 1968 das palästinensische Hauptquartier angriffen, waren Konzelmann und sein Kameramann die einzigen Journalisten, die die Kämpfe aus nächster Nähe beobachteten. «Das hat Arafat imponiert.» In all den Jahren im Nahen Osten war der Draht zum Palästinenserchef ein wichtiger Schutz gegen Übergriffe und ein politischer Türöffner.

Konzelmanns Weg in die arabische Welt begann in Stuttgart. «Ich bin ausgerechnet in der Libanonstraße geboren.» Eigentlich wollte er Komponist oder Diplomat werden, doch dann bekam er als 24-Jähriger ein Volontariat beim Süddeutschen Rundfunk. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte es, die Suezkrise 1956 zu kommentieren. Danach ging er zum Fernsehen. Nach der Ermordung des ARD-Korrespondenten Walter Mechtel im Jemen 1967 wurde Konzelmann gefragt, ob er den gefährlichen Job übernehmen wolle.

Zwei besonders dramatische Situationen fallen ihm ein: 1982 explodierte eine Autobombe unter dem Fenster seines Arbeitszimmers in Beirut. Konzelmann wurde von Glassplittern verletzt. 1970 entführten Palästinenser drei Linienmaschinen und zwangen sie zur Landung in der jordanischen Wüste. Konzelmann durfte mit den Geiseln in der Maschine reden, saß neben den schwer bewaffneten Kidnappern, als er seinen TV- Beitrag sendete. Die Geiseln blieben unversehrt, die leeren Jets wurden von den Terroristen gesprengt.

Fast wie ein «Märchen aus 1001 Nacht» hätten Orientalisten den Islam lange Zeit eher verniedlicht, sagt Konzelmann. Der Hamburger Orientalisten Gernot Rotter warf ihm vor, er schreibe ohne Quellennachweis ab und schüre durch «rassistische Berichterstattung» das Feindbild Islam. Dazu Konzelmann: Er habe in einem Buch einige Passagen nicht korrekt mit Quelle zitiert und das damals auch eingeräumt. An seiner Überzeugung hält er aber fest: «Der Islam ist nicht harmlos.»