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Wie die "Schwäbische Zeitung" um die Pressefreiheit kämpft

Welche Rolle spielen die Medien in einer offenen Gesellschaft? Wie weit soll das Grundrecht auf Meinungsfreiheit generell ausgelegt werden?

Ravensburg - Die „Schwäbische Zeitung“ hat sich in der Serie „Freiheit, die wir meinen“ dieser Thematik gewidmet. Zum Abschluss der Serie lud die Traditionszeitung zum "Hate-Slam", bei dem Redakteure vor mehr als 200 begeisterten Zuhörern unveröffentlichte Leserbriefe vorgelesen haben.

In fünf Beiträgen haben Autoren der Schwäbische Zeitung verschiedene Aspekte von Meinungs- und Pressefreiheit beleuchtet.

Christoph Plate, stellvertretender Chefredakteur, setzte den Auftakt mit seinem Stück "Meinungsfreiheit kann Gesellschaften verändern". Darin blickte Plate auf zahlreiche Fälle von in Anspruch genommener Meinungsfreiheit zurück. Fälle, die Regime gestürzt und ganze Länder nachhaltig verändert haben. Auch auf die Rolle der Presse bei diesen Veränderungsprozessen ging er ein.

Digitalchef Yannick Dillinger widmete sich dem Thema "Anonyme Schmierereien im Internet". In seinem Text widersprach er trotz zunehmender Pöbeleien einer Forderung nach einer allgemeinen Klarnamenpflicht. Manche Menschen hätten nur dank Pseudonym die Möglichkeit, ohne Furcht vor Repressalien auf Missstände aufmerksam zu machen, Diskussionen anzustoßen, sich über Sorgen auszutauschen. Dillinger appellierte stattdessen an die Ehre von Kommentatoren - und schrieb: "Wir nehmen Reaktionen sehr ernst. Wir möchten aber gerne wissen, von wem sie kommen."

Einen ganz anderen Schwerpunkt brachte Seite Drei-Redakteur Klaus Nachbaur in die Serie rein. In seinem Beitrag "Nein, man muss nicht Charlie sein" räumte er auf mit falschen Überzeugungen bezüglich Meinungs- und Pressefreiheit. Nachbaurs Credo: "Beide sind nicht grenzenlos – und hinter Satire verbirgt sich bisweilen gnadenlos dümmlicher Schund."

Gastautor Markus A. Will griff für die Schwäbische Zeitung zum Thema "Zwischen Finanzmacht und vierter Gewalt" in die Tasten. "Freie und objektive Wirtschafts-Berichterstattung wird durch die Medienkrise gefährdet", schrieb der Schriftsteller und Wirtschaftsexperte. In seinem Beitrag beleuchtete Will auch manchen Versuch der Einflussnahme von Wirtschaftsunternehmen auf redaktionelle Berichterstattung.

Den Lokaljournalismus im Speziellen stellte Journalismus-Professor und Gastautor Günther Rager in den Mittelpunkt seines Textes. Für Rager sind jene Autoren, die Tag für Tag Geschichten in Städten und Gemeinden ausgraben, sich dabei immer und immer wieder auf veränderte Anforderungen einstellen müssen und eigentlich permanent zwischen den Stühlen sitzen, die "wahren Helden des Journalismus".

Den Abschluss der Serie bildete der erste Hate-Slam in Ravensburg. Mehr als 200 begeisterte Zuhörer lachten einen Abend lang über zum Teil hasserfüllte, zum Teil einfach nur kuriose Leserbriefe, die ihren Weg in die Zeitung ob ihrer Absurdität nicht gefunden haben. Die Angriffe waren oft so formuliert, dass die Zuschauer zum herzhaften Lachen animiert wurden. Bei manch einer Zuschrift blieb das Lachen aber auch im Halse stecken. Moderiert wurde der Hate-Slam von den Poetry-Slammern Wolfgang und Holger Heyer. Vorgetragen wurden die Zuschriften von Chefredakteur Hendrik Groth, der Redakteurin Tanja Poimer aus Friedrichshafen, von Andreas Müller, Mitglied der Chefredaktion, Crossmedia-Volontärin Julia Baumann und Redakteur Jürgen Widmer aus Lindau.

Für Chefredakteur Groth steht fest: "Meinungsfreiheit ist eine der größten Stützen der Demokratie. Für das Recht, auch unangenehme Wahrheiten äußern zu dürfen, sind bereits viele Menschen ums Leben gekommen. Auch heute noch gibt es Länder, in denen es lebensgefährlich ist, für seine Überzeugungen einzutreten. Deshalb wollten wir mit unserer Serie ein Zeichen setzen. Ein Zeichen, dass Meinungsfreiheit nicht verhandelbar ist. Dass sie wertvoll ist für alle Menschen", erklärt er die Beweggründe der Zeitung gegenüber Newsroom.de. (B.Ü.)