Recht
dpa

Mord an Investigativ-Journalist: Gericht weist Angeklagten-Einspruch ab

Es ist der aufsehenerregendste Gerichtsprozess der Slowakei bisher. Der Mord am Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten erschütterte das ganze Land. Nun stehen der mutmaßliche Auftraggeber und die Täter vor Gericht.

Bratislava (dpa) − Zum Auftakt des international beachteten Journalistenmord-Prozesses in der Slowakei haben die Angeklagten eine erste Niederlage erlitten. Ein Sondergericht für organisierte Kriminalität in Pezinok bei Bratislava lehnte eine von der Verteidigung verlangte vorläufige Zurückweisung der Anklage ab. Zugleich legte das Gericht als Beginn der eigentlichen Hauptverhandlung den 13. Januar fest.

 

Die Verteidiger des als Auftraggeber des Mordes angeklagten Unternehmers Marian Kocner und der mutmaßlichen Täter hatten verlangt, die Anklage vorerst zur Überarbeitung zurückzuweisen. Die Anklagebegründung weise mehrere formale und technische Mängel auf. So habe es Fehler in der Erstellung von Gutachten und Sammlung von Beweisen gegeben. Auch hätten die Angeklagten keine ausreichende und rechtzeitige Informationsmöglichkeit zu einzelnen Aspekten der Anklage und Beweisführung gehabt. Hätte das Gericht den Antrag der Verteidigung akzeptiert, wäre es zu einer mehrmonatigen Verzögerung des weiteren Gerichtsprozesses gekommen.

 

Der Mord an dem Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova im Februar 2018 überschattet bis heute die Politik der Slowakei. Die beiden damals 27-Jährigen waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Velka Maca erschossen worden. Kuciak hatte zuvor über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Seine erst nach dem Mord veröffentlichte Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern löste Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen aus. Daraufhin traten Langzeit-Regierungschef Robert Fico sowie mehrere Minister und der Polizeipräsident zurück.

 

Kuciak hatte vor seiner Ermordung auch ausführlich über die undurchsichtigen Geschäfte des Millionärs Marian Kocner geschrieben. Im Zuge der Ermittlungen des Mordfalls wurde inzwischen enthüllt, dass Kocner offenbar ein Korruptionsnetz geknüpft hatte, über das er Richter, Staatsanwälte und Politiker beeinflusste. Dadurch konnte er seit Jahren erreichen, dass seine Betrugsfälle ungesühnt blieben.

 

Zudem ließ Kocner Journalisten bespitzeln, die kritisch über ihn berichteten. Zu den bespitzelten Journalisten gehörte auch Jan Kuciak. Die Informationen, die Kocner über ihn vermutlich auch von bestochenen Polizisten sammeln ließ, könnten am Ende auch bei der Vorbereitung des Mordplans verwendet worden sein.

 

Daniel Lipsic, der Anwalt von Kuciaks Familie, sagte am Rande der Gerichtsverhandlung zur Deutschen Presse-Agentur: „Dieser Prozess hat über den Einzelfall hinaus eine sehr große Bedeutung für das Funktionieren der Justiz und die Medienfreiheit in der Slowakei. Jan Kuciak ist für die Medienfreiheit und für die Gerechtigkeit gestorben, das darf nicht umsonst gewesen sein.»