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Promis als ungefragte Werbeträger - Bundesgerichtshof rudert zurück

Dürfen Unternehmen Prominente ungefragt für Werbung benutzen? Diese Frage hat sich der Bundesgerichtshof schon häufiger gestellt. Nachdem die Promis mehrfach das Nachsehen hatten, können sie jetzt jubeln.

Karlsruhe - Prominente bringen immer einen Stich bei der Werbung. Aber sie stechen auch zurück, wenn Unternehmen ihre Bekanntheit ungefragt ausschlachten. Allerdings hat ihnen der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt den Stachel ziemlich gestutzt: Oskar Lafontaine, Dieter Bohlen und Ernst August Prinz von Hannover - sie alle mussten unverrichteter Dinge abziehen. Jetzt konnte die Promifraktion in Person von Gunter Sachs - besser gesagt seiner Erben - wieder einmal einen Sieg erringen. Die Einschätzung, was erlaubt und was verboten ist, wird dadurch jedoch nicht einfacher.

Keine Probleme hatten die obersten Richter etwa 2008 mit der Werbekampagne von "Lucky Strike". Der Zigarettenhersteller übermalte auf seinen Plakaten Textstellen und spielte damit auf ein Buch des Musikproduzenten Dieter Bohlen an, der nach Klagen mehrerer Prominenter Stellen schwärzen musste. "Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher", lautete der Spruch.

Bohlen wollte sich als Nichtraucher nicht vor so eine Kampagne spannen lassen, klagte und verlor. Die Einwilligung des Prominenten sei in diesem Fall nicht nötig, da sich die Anzeige "in satirisch-spöttischer Form mit einem in der Öffentlichkeit diskutierten Ereignis auseinandersetzt", entschied der BGH. Außerdem habe das Unternehmen den Werbewert von Bohlen nicht ausgenutzt und auch nicht den Eindruck erweckt, dass dieser für das Produkt werbe.

Eine ähnliche Abfuhr holte sich Oskar Lafontaine nach seinem überraschenden Rücktritt als SPD-Finanzminister. Der Autoverleiher Sixt hatte daraufhin eine Kampagne mit Bildern des damaligen Kabinetts gestartet, auf dem Lafontaine durchgestrichen war. Darunter stand: "Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit."

Auch dieser satirischen Werbung gab der BGH seinen Segen, obwohl die unteren Instanzen ihm eine Entschädigung zugestanden hatten. Deshalb war die Spannung groß, wie der BGH den Fall Gunter Sachs entscheiden würde. Die "Bild am Sonntag" hatte den inzwischen gestorbenen Kunstsammler und Lebemann 2008 heimlich auf seiner Jacht dabei aufgenommen wie er gerade in ihrem Blatt schmökerte.

Die Redaktion stellte das Bild groß auf die letzte Seite, versehen mit einem Begleittext, der mehrfach süffisant die ungemein fesselnde Lektüre hervorhob. Sachs klagte auf Unterlassung und Lizenzgebühren von 50 000 Euro - und die Erben des 2011 gestorbenen Sachs erhielten nun höchstrichterlich Recht.

Wo ist der Unterschied zu den früheren Fällen? Die Werbung war indirekt und stand im redaktionellen Teil. Damit schien sie durch das Presserecht besser geschützt. Die "Bild am Sonntag" hatte sich im Prozess mit dem Argument verteidigt, es handele sich einfach um einen Artikel "über das Leseverhalten von Gunter Sachs in der Öffentlichkeit". Die Zeitung habe "nichts offenkundig Rechtswidriges" getan.

Das wollten die Richter nicht gelten lassen. Der Artikel folgt ihrer Meinung nach keinem Informationsinteresse. Der Verlag habe vielmehr die Persönlichkeitsrechte von Sachs verletzt, nur um die triviale Neuigkeit zu verbreiten, dass Sachs Zeitung liest, und um sich einen vermögenswerten Vorteil durch die Werbung zu verschaffen.

Das Urteil wirkt fast so, als wollten die obersten Richter nach ihren letzten Entscheidungen zu dem Thema etwas zurückrudern. Doch diesen Eindruck versuchte der Vorsitzende der Kammer, Joachim Bornkamm, in der Verhandlung zu zerstreuen. "Das Bohlen-Urteil ist nicht korrekturbedürftig", sagte er. Aber die Frage um ungenehmigte Werbeauftritte von Prominenten habe eben viele Facetten und bislang nur wenige Fälle für die juristische Aufarbeitung.

Allerdings spielen nicht alle Prominenten bei dem juristischen Gezerre mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) etwa konterte die Sixt-Kampagne mit ihr als Punk-Lady locker mit dem Satz: "Ich finde, Frau Sixt könnte mich als Wiedergutmachung einmal zu einer Cabriofahrt einladen."

Ingo Senft-Werner