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Studie über Rundfunkgremien: So müssen sich ARD, ZDF und die Dritten ändern

Mehr Freiräume für die Rundfunkgremien, eine bindende Weiterbildung für Gremienmitglieder in Medienfragen und vor allem mehr Transparenz - so lauten einige der weitreichenden Forderungen, die der Publizist Fritz Wolf in einer Studie für die Frankfurter Otto Brenner Stiftung zusammengestellt hat.

Berlin - In der Analyse "Im öffentlichen Auftrag. Selbstverständnis der Rundfunkgremien, politische Praxis und Reformvorschläge“ hat Fritz Wolf Aufgabe und gegenwärtige Praxis der Rundfunkgremien zusammengefasst und eine Reihe von Reformvorschlägen entwickelt. Die Thesen der Otto Brenner Stiftung erscheinen dabei noch präziser, konkreter und weitreichender als die zwölf Thesen von MDR-Rundfunkrat Heiko Hilker.

Warum Reformen auf allen Ebenen notwendig sind

Politik und Gesetzgeber sind aufgefordert, die Rundfunkgesetze der Länder jeweils so zu verändern, dass sie eine bessere Arbeit der Gremien erlauben. Dazu gehören:

1. Staatsvertreter sollten in den Gremien der Sender nicht vertreten sein. Besonders im ZDF ist der staatliche Einfluss extrem hoch, aber auch in ARD-Sendern wie MDR und BR ist er deutlich zu hoch.

2. Eines der Kriterien der Rundfunkfreiheit ist die Staatsferne des Rundfunks. Gemessen daran ist der Einfluss der Parteien in den Gremien zu hoch, auch der indirekte Einfluss. Dagegen müsste die Position der so genannten gesellschaftlichen Gruppen gestärkt werden. Sie machen übrigens nicht 80 Prozent der Rundfunkratsmitglieder aus, sondern sind in den einzelnen Sender sehr unterschiedlich vertreten.

3. Die Rundfunkgesetze der einzelnen Länder sollten so verändert werden, dass sie den Gremien größeren Spielraum geben und sie finanziell und organisatorisch hinreichend ausstatten. Das ist derzeit in vielen ARD-Sendern nicht gegeben.

Die Gremien selbst sind aufgefordert, ihre Funktion und Arbeitsweise zu überdenken. Dazu gehören:

4. Gremien vertreten in den Sendern die Interessen der Allgemeinheit. Ihre Arbeit sollte daher so transparent wie möglich sein.

5. Gremiensitzungen sollten grundsätzlich öffentlich und nur in definierten Ausnahmefällen nicht-öffentlich sein.

6. Protokolle sollten öffentlich zugänglich gemacht werden.

7. Auch die Arbeit der Ausschüsse sollte nach Möglichkeit öffentlich wahrnehmbar sein.

8. Die Gremien sollten eine selbständige, vom Sender selbst unabhängige Öffentlichkeitsarbeit betreiben.

9. Die Rundfunkräte sollten die Möglichkeit haben und nutzen, in komplizierten Medienfragen externe Expertise einzuholen.

10. Weiterbildung in Medienfragen sollte für alle Gremienmitglieder bindend sein. Das gilt sowohl für Fragen des Programms wie auch etwa der Fähigkeit, Bilanzen und Unternehmensberichte lesen zu können.

11. Das Mandat für Rundfunkratsmitglieder sollte auf maximal zwei Sitzungsperioden begrenzt werden. Damit kann die Kontinuität der Arbeit gesichert werden, zugleich ist es aber auch möglich, auf Veränderungen in der Gesellschaft zu reagieren.

12. In den Gremien sind bis heute neue Organisationen der Zivilgesellschaft zu wenig berücksichtigt.

13. Einige Gremien sind männerdominiert – dass sich dies ändert, dafür können die Gremien selbst sorgen.

14. Für eine Reihe dieser Forderungen (Zusammensetzung, Mandatsdauer, Öffentlichkeit der Sitzungen) müssen die Rundfunkgesetze angepasst werden. Hier sind die Gesetzgeber gefragt. Und kein Parlament muss etwas Neues erfinden. In den verschiedenen Sendern gibt es bereits für alles Regelungen. Die Gremien sollten darauf drängen, dass der Gesetzgeber ihren Spielraum erweitert.

15. Die Gremien sollten selbst sich verstärkt darum bemühen, etwa über die Aktivitäten der Sendertöchter und interner Finanzströme informiert zu werden.

Die entsendenden Organisationen spielen eine bisher viel zu wenig beachtete Rolle in der Frage der Gremienreform.

16. Sie sollten die Aufgabe der Rundfunkräte ernst nehmen und dafür sorgen, dass die Delegierten über medienpolitische Kenntnisse verfügen oder dass sie bereit sind, sich in medienpolitische Themen einarbeiten.

17. Die Delegierten wiederum müssen in den entsendenden Organisationen klar machen, dass sie in den Gremien zwar ihre Sachkenntnis einbringen, nicht aber Lobbyarbeit betreiben dürfen. Sie sind Vertreter der Allgemeinheit und nicht Vertreter von Spezialinteressen.

18. Zugleich sollten die Gremienmitglieder bei ihren Organisationen rückmelden,  was in den Gremien diskutiert wird, welche Entscheidungen getroffen werden und was medienpolitisch auf der Agenda steht.

19. Sie sollten selbst auch ihren Teil dazu beitragen, dass mehr Frauen und junge Menschen in die Gremien entsandt werden.

Fritz Wolf

Hintergrund: Wenn die Otto Brenner Stiftung am 12. November ihre Journalistenpreise verleiht, soll auch die Debatte um die Reform der Rundfunkgremien weitergeführt werden. Die Studie "Im öffentlichen Auftrag. Selbstverständnis der Rundfunkgremien, politische Praxis und Reformvorschläge“ von Fritz Wolf kann bei der Otto Brenner Stiftung bestellt bzw. heruntergeladen werden.