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TV-Show um Nierenspende entpuppt sich als Bluff

Kritik am niederländischen Sender.

Den Haag (dpa) - Die im Vorfeld heftig kritisierte Organspende- Show im niederländischen Fernsehen hat sich als großer Bluff entpuppt: Kurz vor Ende der Sendung enttarnte Show-Master Patrick Lodiers den vermeintlichen Wettstreit um eine Spenderniere als geschickte Inszenierung. Spenderin «Lisa» ist demnach nicht todkrank, sondern hat dies nur gespielt. Die drei Kandidaten seien allerdings wirklich Patienten, die auf eine Spenderniere warteten. Sie seien über den Bluff informiert gewesen, mit dem man auf die prekäre Organspende-Situation in den Niederlanden habe hinweisen wollen. Bei Ärzten und Organspende-Organisationen stieß das Show-Konzept des Senders BNN allerdings weiter auf heftige Ablehnung.

«Wir wollten ein Zeichen setzen. Das ist geglückt», sagte BNN- Chef Laurens Drillich nach der Show. «In den vergangenen sieben Tagen ist mehr über Organspende gesprochen worden als in den sieben Jahren davor.» Während der Show am Freitagabend hätten etwa 12 000 Menschen eine SMS an eine Sondernummer geschickt, um sich als Spender anzumelden. Mehr als 1,2 Millionen Menschen sahen nach Angaben des Senders die «Große Spender-Show». Das soll die zweitbeste Einschaltquote für eine BNN-Produktion überhaupt gewesen sein.

Der niederländische Gesundheitsminister Ab Klink hielt BNN am Samstag vor, die Öffentlichkeit mit der Kampagne vor der Show in die Irre geführt zu haben. Positiv sei aber, dass jetzt über Organspenden öffentlich diskutiert werde. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erklärte, die Sendung sei nicht der richtige Weg gewesen, um auf das Problem fehlender Organspenden hinzuweisen. «Wenn die Medien so viel Energie und Fantasie in die seriöse Aufklärung und das Werben um Organspenden zur besten Sendezeit stecken würden, hätte man den selben positiven Effekt.»

«Das Anliegen ist durchaus wichtig, aber mit solchen PR- Schachzügen ins Fernsehen zu kommen, kann nicht im Sinne der Medienberichterstattung sein», kritisierte auch der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Michael Konken. «Solche sensiblen Themen, die mit Krankheit, Gefühlen und Tod spielen, haben auf dem Medienmarkt nichts zu suchen.»

Ablehnend äußerte sich nach der Show auch die Deutsche Stiftung Organtransplantation. «Wir halten es nach wir vor für unethisch und unmoralisch, mit dem Schicksal und dem Leid von Patienten zu spielen auch wenn es sich letztendlich um eine inszenierte Show gehandelt hat», sagte Günter Kirste, medizinischer Vorstand der Stiftung im hessischen Neu-Isenburg, am Sonntag. Die Organspende sei ein sensibles und ernstes Thema. «Sensationslust und Voyeurismus sind hier fehl am Platze.» Die Show nütze nur den Machern, nicht der Sache, kritisierte er.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) betonte, die Debatte um Organspenden komme nur dadurch zu Stande, dass es zu wenige Organspender gebe. Deshalb müsse dafür geworben werden, «dass sich einfach mehr Menschen zum Organspenden bereit erklären». In den Niederlanden warten 1400 Patienten auf eine Spenderniere.

Lob gab es vom niederländischen Minister für Erziehung, Kultur und Wissenschaft, Ronald Plasterk. Medienberichten zufolge nannte er die vom Unternehmen Endemol («Big Brother») produzierte Show «sehr intelligent». Es sei «fantastische Arbeit», das Thema Organspende auf die Tagesordnung zu setzen. Der Verband der niederländischen Nierenpatienten erklärte: «Wir sind alle auf den Arm genommen worden. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass das Problem nun ein Gesicht hat.»

Die drei Kandidaten - die 36-jährige Esther-Claire, der 19 Jahre alte Vincent und die 29-jährige Charlotte - gaben sich nach der «Enttarnung» erleichtert. Ihre in Filmen dargestellten Geschichten, in denen sie ihre Einschränkungen im Leben beschrieben, ihre Wünsche und Hoffnungen, seien echt gewesen, erklärten sie. Charlotte erklärte, sie hoffe, dass die Sendung der guten Sache diene. Bereits Ende April habe sie erfahren, dass die vermeintliche Spenderin nur eine Schauspielerin ist. «Aber ich bin dabei geblieben, weil ich hoffe, dass die Politik etwas damit anfangen wird und alles nicht bloß große Aufregung verursacht hat.»