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Vor 60 Jahren fing die "Tagesschau" an

Vorbereitungen starteten am 4. Januar 1952 - Erste reguläre Ausgabe an Weihnachten.

Berlin (dapd). Wer in den Aufbaujahren der Bundesrepublik Nachrichtenbilder sehen wollte, musste ins Kino gehen. Auf den Leinwänden lief jeden Freitag die "Neue Deutsche Wochenschau" vor dem Spielfilm. Aus deren nicht verwendeten Resten wurde die erste "Tagesschau" gebastelt. Damit begann auch das Medienzeitalter des Fernsehens - Weihnachten 1952. Aber schon vom 4. Januar 1952 an wurde die "Tagesschau" im Rahmen des NWDR-Versuchsprogramms entwickelt, und es liefen Probesendungen.

Alles begann hinter den massiven Mauern des Bunkers auf dem Hamburger Rummelplatz Heiligengeistfeld. Im ersten Stock arbeiteten der Leiter der "Tagesschau", Martin S. Svoboda, und als einziger Redakteur Horst Jaedicke an einer fernsehtauglichen Nachrichtensendung. Es gab noch keine Studiokamera und keinen auf dem Bildschirm sichtbaren Nachrichtensprecher.

Bis Ende März 1955 kam das Filmmaterial noch von der "Neuen Deutschen Wochenschau". Horst Jaedicke erinnerte sich 2003 im Sender BR alpha: "Wir hatten zwei Cutterinnen von der 'Wochenschau' angemietet für unsere Zwecke. Sie gehörten aber ansonsten weiterhin zur 'Wochenschau'. Wir saßen ja auch in den Räumen der 'Wochenschau'."

Die Wetterkarte war damals aus Papier; darauf zeichnete der Meteorologe vor der Kamera Symbole für Regen, Sonne oder Schnee ein. Fotos oder Grafiken wurden als Tafel in die Kamera gehalten.

Elizabeth wurde Königin

Zu berichten gab es mehr als genug: 1952 starb König Georg VI., und seine Tochter Elizabeth kam auf den Thron. In Nordafrika, Afrika, Arabien, aber auch in Japan und Indochina fanden Kämpfe gegen die Kolonialherrschaft statt; in Ägypten wurde König Faruk gestürzt. Der Bundestag stimmte für einen künftigen deutschen Verteidigungsbeitrag. Die Außenminister Englands, Frankreichs und der USA unterzeichneten in Bonn den Deutschland-Vertrag, der das Besatzungsstatut ablöste. Die Briten gaben Helgoland zurück, der VfB wurde Deutscher Meister, und die Olympischen Sommerspiele fanden in Helsinki statt.

Am 25. Dezember 1952 war die offizielle Geburtsstunde des deutschen Fernsehens. Es war zunächst auf drei Stunden Sendezeit täglich angelegt. Jaedicke sagte: "Wir wurden damals natürlich nicht sehr beachtet, wie ich sagen muss. Das Fernsehen galt als ein recht merkwürdiges Verschnittprodukt. Die Ansagerinnen, die damals die Sendungen ansagten, und die kleinen Fernsehspiele, die für das Fernsehen produziert wurden, waren viel populärer als die 'Tagesschau'."

Die "Tagesschau" ging im regulären Programm am 26. Dezember 1952 auf Sendung. Sie wurde nur dreimal wöchentlich - Montag, Mittwoch und Freitag - von 20.00 bis 20.15 Uhr ausgestrahlt, zunächst im NWDR-Fernsehen, dem Vorläufer des Ersten. Aus dem Nordwestdeutschen Fernsehen gingen 1955 der NDR und der WDR hervor. Seit dem 1. November 1954 beteiligen sich die übrigen Landesrundfunkanstalten der ARD an der "Tagesschau" und liefern Inlandsberichte zu.

800 Empfangsgeräte in der ganzen Bundesrepublik

Beim Start des Fernsehens waren erst rund 800 Empfangsgeräte angemeldet; 1958 waren es schon 1,2 Millionen. Der bundesweite Fernsehempfang wurde im Herbst 1954 ermöglicht, als die Richtverbindungsstrecke von Hamburg über Köln, Frankfurt, Stuttgart nach München in Betrieb genommen wurde. Allerdings gab es enorme Probleme: Wenn das Abendprogramm nicht vom NWDR in Hamburg gestaltet wurde, mussten nach der "Tagesschau" Umschaltpausen von mindestens fünf Minuten in Kauf genommen werden. Denn auf allen Fernmeldetürmen der Bundespost wurden die Sende- und Empfangsantennen manuell in die Gegenrichtung gedreht. "Bitte bleiben Sie am Apparat!" war dann alles, was die Zuschauer aus ihrem Fernseher hörten.

Am 2. März 1959 bekam die "Tagesschau" den ersten Sprecher, der auf dem Bildschirm zu sehen war: Karl-Heinz Köpcke blieb den Zuschauern bis zum 10. September 1987 erhalten.

Seit 1. Oktober 1956 ist die 20.00-Uhr-"Tagesschau" an jedem Werktag zu sehen, wozu damals auch der Samstag zählte, und seit dem 3. September 1961 auch sonntags. Am 1. Oktober 1960 erhielt die "Tagesschau" eine eigene Nachrichtenredaktion. In Farbe gibt es das ARD-Flaggschiff seit 1970. Als erste "Tagesschau"-Sprecherin hatte Dagmar Berghoff am 16. Juni 1976 Premiere.