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Ärger in Russland: Sturm der Entrüstung fegt über Hubert Burda Media

Kein deutscher Verlag ist in Russland erfolgreicher als Hubert Burda Media, kein anderer Zeitschriftenverlag erreicht mehr Menschen mit seinen Magazinen.

Moskau - Weil ein Mitarbeiter der in Russland vom Verlagshaus Burda Moskau herausgegebenen „Computer Bild“ auf seiner persönlichen Facebookseite deutliche Worte gegen die russische Einmischung in der Ukraine fand, musste er nach eigenen Angaben seine Kündigung einreichen. Hubert Burda Media wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Dmitry Shulgin, ein promovierter Philosoph, ist seit Jahren als Journalist tätig. Bei seiner letzten Beurteilung, so Shulgin, hätten ihm seine Vorgesetzten ein ausgezeichnetes Arbeitszeugnis ausgestellt, mit Höchstnote. Doch das war vor seinem deutlichen Kommentaren zur aktuellen russischen Politik, die er auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil tätigte.

 

Die "Computerbild Russia" erscheint zweiwöchentlich und ist die größte Computerzeitschrift im Land. 

 

Unter anderem schrieb Shulgin: „Mein Land ist krank, genauso wie die Deutschen in den 30er, 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.“

Zudem beklagte sich Shulgin, dass zu wenige Russen sich offen für einen Wechsel in der Ukraine einsetzen würden. Diese Nicht-Reaktion bezeichnet er als „Schande“ für sein Volk, „vielleicht kann ein Fegefeuer unser Land von der braunen Pest befreien“, notierte er an anderer Stelle.

Schon am nächsten Tag hätten ihn seine Vorgesetzten zu sich zitiert, so Shulgin, ihn aufgefordert, auf Facebook zu schreiben, dass die Worte nicht von ihm stammten, dass sein Konto gehackt wurde.

Shulgin wehrte sich, die Bedrohungen wurden laut seinen Aussagen immer heftiger: Er sollte sein Schengen-Visum verlieren, was ihm die Einreise nach Europa praktisch nicht mehr erlaubt hätte, er sollte den Behörden gemeldet werden, er sei sogar mit körperlicher Gewalt bedroht worden. Um dieser Situation zu entfliehen, habe er kündigen müssen - ohne aktuelles Arbeitszeugnis, ohne Lohnfortzahlung.

Sturm der Entrüstung auf Facebook

Auf Facebook fegt inzwischen ein Sturm der Entrüstung über Hubert Burda Media, so schreibt ein Kommentator: "wir rufen zum internationalen boycott ihres verlags auf!!!".

Auf Anfrage von Newsroom.de bestätigt Hubert Burda Media, dass der kritische Facebook-Eintrag Grund für den Ärger war.

 

Auf Facebook fegt ein Sturm der Entrüstung über die offizielle Präsenz von Hubert Burda Media.

 

"Wir wurden am 20. Februar 2014 mit einem Eintrag von Herrn Shulgin auf dessen privatem, öffentlich zugänglichen Facebookprofil konfrontiert, in welchem er sich zur Situation in der Ukraine und zur Rolle Russlands in dieser Frage äußert. Auf seinem Facebookprofil gab Herr Shulgin zum Zeitpunkt an, dass er im Verlagshaus Burda Moskau arbeitet", so Hubert Burda in einer offiziellen Erklärung.

 

"Das Verlagshaus Burda Moskau distanzierte sich im Gespräch mit Herrn Shulgin von dessen privater Meinung. Die von Dmitry Shulgin als Reaktion darauf eingereichte Kündigung haben wir akzeptiert. Entgegen anderslautender Behauptungen von Herrn Shulgin, wurde zu keiner Zeit Druck auf ihn ausgeübt, um ihn zu diesen Schritt zu bewegen", betont das deutsche Medienhaus.

 

Das Verlagshaus Burda Moskau habe keine Einschränkungen für das private Verhalten in sozialen Netzwerken aufgestellt: "Wir sehen es dabei als selbstverständlich an, dass Mitarbeiter ihre persönliche Meinung als solche kennzeichnen und nicht den Eindruck erwecken, sie seien vom Unternehmen geäußert."

Burda Russland ist der reichweitenstärkste Verlag des Landes und beschäftigt rund 400 Mitarbeiter (Geschäftsführer: Jürgen Ulrich). Ein politisches Magazin gibt die deutsche Niederlassung von Hubert Burda nicht heraus, zum Portfolio gehören Frauenzeitschriften, Rätselhefte oder der "Playboy". Burda hat "Computerbild Russia" im Frühjahr 2013 von Axel Springer Russia übernommen. Das Magazin erscheint seit März 2006 zweiwöchentlich in Russland und erreicht nach offiziellen Verlagsangaben über 385.000 Leser.

Laut „Reporter ohne Grenzen“ haben mehrere repressive Gesetze die Medienfreiheit in Russland weiter verschlechtert.

So ist es seit 2013 verboten, in den Medien Schimpfwörter zu benutzen, religiöse Werte zu beleidigen oder für „nichttraditionelle sexuelle Beziehungen“ zu werben. Immer wieder werden Journalisten unter dubiosen Vorwürfen strafverfolgt. „Das Fernsehen ist fast flächendeckend staatlich kontrolliert, und rechtzeitig vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi verlor die unabhängige Nachrichtenagentur Rosbalt ihre Lizenz. Vor allem im Nordkaukasus werden immer wieder Journalisten ermordet; die Täter bleiben generell unbestraft“, heißt es bei „Reporter ohne Grenzen“.

Bülend Ürük

Newsroom.de-Service:

Dmitry Shulgin auf Facebook

Computerbild Russia