Unternehmen
DPA

Bertelsmann: Kurs steht fest, Finanzierung bleibt aber offen

Bertelsmann hat China, Indien und Lateinamerika im Visier und will auch in Digitalgeschäften wachsen. Geld dafür soll aus mehreren Quellen kommen.

Gütersloh (dpa) - Bertelsmann will das ersehnte Wachstum mit frischem Geld ankurbeln und schließt als eines von mehreren Instrumenten offenbar auch einen Teil-Börsengang nicht aus.

Um den Ausbau des Kerngeschäfts und Übernahmen zu finanzieren, seien das Eigenkapital und die derzeitigen Erträge nicht ausreichend, sagte Vorstandschef Thomas Rabe am Donnerstag zum Abschluss eines Treffens von mehr als 500 Bertelsmann-Managern. Die Lücke könne vorübergehend mit höheren Schulden und auch mit privaten Geldgebern geschlossen werden.

Die Strategie habe die volle Rückendeckung von Aufsichtsrat und Eigentümern. Das sind die Bertelsmann Stiftung und die Familie Mohn. Die Bertelsmann SE & Co. KGaA, (RTL, G+J, Arvato, Random House) ist Europas größter Medienkonzern.

Als kompletter Mischkonzern sei Bertelsmann nicht zu einem vernünftigen Preis an die Börse zu bringen, sagte Rabe nach Angaben von Teilnehmern. Beobachter werteten diese Aussage als Hinweis darauf, dass ein Börsengang von Teilbereichen des Gesamtkonzerns zumindest erwogen wird. Details nannte Rabe demnach nicht. Er wolle die Debatte nicht unnötig anheizen.

Das Unternehmen benötige für den Wachstumskurs zusätzliches Eigenkapital in Milliardenhöhe, sagte Rabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Zu der Frage eines Börsengangs und der Haltung der Familie Mohn dazu sagte Rabe: "Die Familie möchte Herr im eigenen Haus bleiben." Zudem müsste Bertelsmann als Mischkonzern bei einem Börsengang mit einem Wertabschlag rechnen.

"Daher stellt sich die Frage, ob eine Eigenkapitalaufnahme auf der Ebene der Dachgesellschaft Bertelsmann, gegebenenfalls verbunden mit einem Börsengang, überhaupt sinnvoll ist", sagte Rabe. Es gebe aber viele Optionen für eine Kapitalaufnahme. Dazu zähle auch, Teile von Tochtergesellschaften zu verkaufen.

Den 74,9-Prozent-Anteil an G+J würde Rabe aber gerne aufstocken, hieß es. "Eine engere Zusammenarbeit mit anderen Konzernteilen wie der RTL Group oder unserer Buchverlagsgruppe Random House wäre einfacher, wenn der Verlag zu 100 Prozent Bertelsmann gehörte." Ein Verkauf von G+J sei nicht das Ziel.

Rabe ist seit Jahresbeginn im Amt und hat dem Konzern mehr Wachstum verordnet. Er soll im Digitalgeschäft und außerhalb Europas stärker werden. "Klar ist, dass ein Umbau dieser Art, dieser Größe und dieses Umfangs nur erfolgreich sein wird, wenn wir dem Unternehmen Eigenkapital zuführen."

Vor dem Hintergrund von Spekulationen über einen Börsengang waren die Finanzierungspläne Rabes mit Spannung erwartet worden. Die Familie Mohn gilt als Gegner eines umfassenden Börsengangs. Derartige Pläne des früheren Vorstandschef Thomas Middelhoff waren vor zehn Jahren verworfen worden.

Umfangreich wurde den 500 Managern der künftige Kurs erklärt. "Wir drehen an vielen Stellschrauben und legen damit die Grundlage für den Umsatz und die Gewinne, die Bertelsmann in zehn Jahren erzielen wird", sagte Rabe. Dazu soll auch das Kerngeschäft gestärkt werden.

Für das digitale Wachstum solle auch der Zeitschriften-Verlag Gruner+Jahr die Inhalte liefern. Dieses Ziel solle auch mit Investitionen unterstützt werden. Zudem sollen zum Beispiel die Geschäfte mit den E-Books und mit Video-on-Demand ausgeweitet werden. Ein besonderes Augenmerk wird auf Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien sowie das weltweite Bildungsgeschäft gelegt. "Es wird ein Langstreckenrennen", sagte Rabe.