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Kartellamt sagt Nein: Funke muss für Programmzeitschriften Käufer finden

Als die Zeiten in der deutschen Verlagslandschaft noch wilder als heute waren, also Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahren, als die Verleger noch gemeinsam nach Cape Cod in Massachusetts zu Tagungen flogen, hatten einige damals schon steinreiche Zeitungsbesitzer eine großartige Idee, wie sie noch weitere Blätter einverleiben konnten, ohne dass das Kartellamt einschreiten konnte.

Berlin - Als die Whiskygläser kreisten und die Verleger nun gemeinsam überlegen mussten, wie sie den Mitbewerber, den sie im jahrelangen Preiskampf mit sechs, sieben Mark für ein Monatsabo der Tageszeitung an den Rand des finanziellen Abgrunds manövriert hatten, als sie nun darüber nachdenken mussten, wie sie das Blatt ohne Veto aus Bonn übernehmen konnten, hatten sie einen genialen Einfall.

Warum kauft nicht ein treuer Vasall, ein langjähriger, leitender Angestellter das Blatt, übernimmt zeitgleich die Geschäftsführung, wird der örtliche Verleger, genießt das Ansehen in der Stadt? Das Geld kommt natürlich aus der Kasse der Mediengruppe, des Großverlags, ein Vertrag beim Notar wird aufgesetzt, damit auch stets die Dienste des eigentlichen Besitzers angenommen und die Gewinne abgeführt werden.

 

Geschickt eingefädelt: Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, muss sich keine Sorgen machen. Das Risiko des 920-Millionen-Euro-schweren Deals trägt die Funke Mediengruppe. Foto: Axel Springer

 

Und irgendwann, ja irgendwann fragt ja doch niemand mehr danach, wem was eigentlich wie gehört, bei so vielen Dach- und Über- und Unterfirmen.

Dass das Bundeskartellamt auch im Jahr 2014, in dem weltweit agierende Medien Werbegelder auf sich konzentrieren und den neu entstandenen Onlinemarkt nach Belieben dominieren, immer noch genau schaut, wenn Zeitschriften und Zeitungen in Deutschland den Besitzer wechseln, hat durchaus etwas Gutes.

Die Frage, welche Meinungsvielfalt wie in diesem konkreten Fall Programmzeitschriften transportieren, nur weil sie unterschiedlichen Eigentümern gehören, bleibt dabei allerdings unbeantwortet. Viel wichtiger erscheint hier dagegen, dass es auch andere, noch größere Mitbewerber gibt, die mit dem Finger auf Konzentrationsbemühungen beim Wettbewerber zeigen.

Wie beispielsweise die Hamburger Großverlegerin und Vielfliegerin Yvonne Bauer. Die gab schon Ende November 2013 zu Protokoll, dass sie dem Springer-/Funke-Deal wenig Chancen einräumt.

Zwar hatte das Bundeskartellamt der Essener Verlegerfamilie Funke (Grotkamp, Holthoff-Pförtner, Schubries) bereits Anfang Dezember 2013 die Übernahme von „Hamburger Abendblatt“, „Berliner Morgenpost“, „Bergedorfer Zeitung“, der Anzeigenblätter in Berlin und Hamburg sowie der Frauenzeitschriften „Bild der Frau“ und „Frau von heute“ von Axel Springer genehmigt.

Bei der Übernahme der Programmzeitschriften lehnt das Bundeskartellamt aber auch das erste nachgebesserte Angebot aus Essen und Berlin ab, diesmal in einem offiziellen Schreiben.

Wie die Funke Mediengruppe und Axel Springer SE am Montagabend in einer gemeinsamen Mitteilung erklären, kommt das Bundeskartellamt in einer vorläufigen kartellrechtlichen Einschätzung zu dem Ergebnis, „dass nach dem gegenwärtigen Sachstand dem ursprünglichen Antrag zur kompletten Übernahme der verkauften Programmzeitschriften durch FMG aus kartellrechtlichen Gründen nicht ohne Auflagen entsprochen werden kann. Das vorgelegte Angebot für Auflagen reiche für die Freigabe nicht aus.“

Es war das „Handelsblatt“, das Ende Januar 2014 zuerst davon berichtet hatte, dass die Funke Mediengruppe Programmzeitschriften veräußern müsse, um die Kartellwächter milde zu stimmen.

Entweder haben die Funke-Geschäftsführer Manfred Braun und Christian Ziegler bei ihrem Angebot an das Bundeskartellamt nicht auf „Handelsblatt“-Redakteur Kai-Hinrich Renner gehört, der meldete, dass neben „Funk Uhr“, „Bildwoche“ und „TV neu“ auch das Blatt „Die Zwei“ verkauft werden müssen, um die kartellrechtlichen Auflagen zu erfüllen.

Oder selbst die Veräußerung dieser Titel reicht nicht aus, was für die Pläne von Familie Grotkamp als Mehrheitsgesellschafterin besonders bittere Folgen haben dürfte. Schließlich haben die Essener Verleger („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, „Westfalenpost“, „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung“) beim Springer-Deal auch der Forderung von Mathias Döpfner zugestimmt, alle Risiken zu tragen.

Was zu diesem Zeitpunkt richtig erscheint - das letzte Wort bei dem größtem Mediendeal der vergangenen Jahrzehnte ist noch lange nicht gefallen.

Bülend Ürük

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