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Warum die Recherche zu Vergewaltiger-Netzwerken zeigt, was Journalismus im KI-Zeitalter leisten muss

Warum die Recherche zu Vergewaltiger-Netzwerken zeigt, was Journalismus im KI-Zeitalter leisten muss Frederik von Castell

„medium magazin“-Chefredakteur Frederik von Castell ordnet ein, warum Isabell Beer und Isabel Ströh für ihre Recherchen zu „Journalistinnen des Jahres“ gewählt wurden.

Berlin – Chefredakteur Frederik von Castell erklärt in seinem Editorial, warum Isabell Beer und Isabel Ströh für ihre Recherchen zu Vergewaltiger-Netzwerken von der „medium magazin“-Jury zu „Journalistinnen des Jahres“ gewählt wurden – und weshalb beharrlicher Investigativjournalismus im KI-Zeitalter unverzichtbar bleibt:

 

Jahrelang an einem Thema dranzubleiben – das ist verdammt schwer. Erst recht, wenn sich Recherchen nicht nur als technisch und juristisch kompliziert erweisen, sondern auch psychisch herausfordernd werden, weil sie in tiefe Abgründe blicken lassen. Wer solche Hürden in bester investigativer Manier nimmt, dient als Vorbild für eine Branche, die sich im KI-Zeitalter mehr denn je beweisen muss.

 

Journalismus kann sich von AI Slop und Influencer-Marionetten schließlich am deutlichsten in der öffentlichen Wahrnehmung absetzen, wenn er Unbekanntes zutage fördert, statt Bekanntes zu reproduzieren. Gerade auf einer seiner Ur-Tugenden – dem Aufdecken von Missständen – ruht deshalb die Hoffnung vieler für die Zukunft des Berufsstandes.

 

Das diesjährige Votum unserer „Journalistinnen und Journalisten des Jahres“-Jury könnte deshalb kaum wegweisender sein. Mit Isabell Beer und Isabel Ströh wählte sie zwei junge Investigativreporterinnen als Siegerinnen. Das Votum für Beer und Ströh, mit denen wir im Titel-Interview über ihre STRG-F-Dokus zu Vergewaltiger-Netzwerken sprechen, belegt die enorme Bedeutung von beharrlicher Recherche.

 

Die zeigt sich auch in weiteren Top-Platzierungen unserer Rankings: Der lange Atem vieler Kolleginnen und Kollegen bei der Recherche machte sich in diesem Jahr besonders bezahlt – für den Journalismus, vor allem aber für die Gesellschaft.

 

Solche Langzeit-Recherchen erfordern akribische Planung, Ressourcen und Ehrlichkeit zu sich selbst: Habe ich wirklich die Ausdauer, ein anspruchsvolles Thema womöglich jahrelang zu verfolgen? Was es alles braucht, um Menschen lange zu begleiten und daraus gute Geschichten zu machen, lesen Sie in der neuen „Journalisten-Werkstatt“ von Marius Elfering.

 

Tipps, Prognosen und Wünsche für 2026

2025 sei „ein schreckliches Jahr“ für den Journalismus gewesen, „gezeichnet von einem merkwürdigen Widerspruch“: Aufklärerischer Journalismus werde wichtiger denn je – und sei doch in seiner Existenz so bedroht, dass es „naiv wäre zu glauben, der Journalismus könnte sich aus eigener Kraft retten“. Zugegeben: Das Gespräch mit Bernhard Pörksen zu dem, was Medienschaffenden 2026 bevorsteht, hatten wir uns ein wenig optimistischer erhofft.“

 

Immerhin sagt der Medienforscher aber auch: „Pessimismus ist reine Zeitverschwendung“ – und spricht mit Wolfgang Scheidt über konkrete Stellschrauben, mit denen sich Redaktionen im kommenden Jahr beschäftigen sollten.

 

Einen anderen Zugang zum Blick in die Zukunft haben wir erstmals Ende 2024 gewagt – und für unseren „Jahresvorausblick“ viel Zuspruch erhalten. Mit großer Vorfreude sind wir deshalb in Runde zwei gegangen: Senta Krasser hat wieder zwölf Kolleginnen und Kollegen, darunter Anja Rützel, Nicole Diekmann, Lorenz Meyer oder Anne Will, um ihre nicht ganz ernst gemeinten Prognosen für das neue Jahr gebeten – und sie haben geliefert.

 

Auch ohne Blick in die Glaskugel weiß ich: Unser beliebtes „Medien Camp“ wird am 23. und 24. April 2026 zum dritten Mal stattfinden. Wir bereiten derzeit das Programm vor, das für Studierende und Volontärinnen und Volontäre kostenfrei in der Kulturbrauerei Berlin stattfinden wird. Wer bei den Sessions, Ask-me-anythings und Workshops von und mit Medienprofis dabei sein will, kann sich jetzt Tickets sichern.

 

Wir werden 40 – und Ihre Mithilfe ist gefragt

Worauf wir mindestens genauso begeistert hinarbeiten: Das „medium magazin“ wird 40. In der ersten Ausgabe des neuen Jahres Mitte März werden wir das kräftig feiern. Schicken Sie uns, wenn Sie mögen, gern Fotos und Erinnerungen an frühere Ausgaben und Veranstaltungen, Ihre Gedanken zum „medium magazin“ im Lauf der Zeit – und vielleicht ja auch Glückwünsche. Gern per Mail.

 

Zum Geburtstag werden wir Sie, Euch und uns übrigens groß beschenken. Aber dazu mehr 2026.

 

Und nun noch zwei bescheidene Wünsche zum Ende des Jahres: Wenn Sie unsere Arbeit schätzen und noch ein Weihnachtsgeschenk für sich oder andere suchen – wir freuen uns wirklich über jede neue Abonnentin und jeden neuen Abonnenten (shop.oberauer.com/medien/medium-magazin). Und genauso sehr freuen wir uns über Feedback zu unserer Arbeit – melden Sie sich gern in den Socials oder per Mail an redaktion@mediummagazin.de. Denn auch 2026 gilt: Lob tut gut, Kritik bringt uns weiter.

 

Kommen Sie gut ins neue Jahr!

Herzlich
Ihr Frederik von Castell

 

Must-Reads im aktuellen „medium magazin:

  • Die Unbestechliche. Cathrin Kahlweit erhält den Preis der JdJJury für ihr Lebenswerk.
  • Sie fanden Jan Marsalek. Weltweit per Haftbefehl gesucht, spürten ihn Journalisten in Moskau auf. Werkstatt-Gespräch mit Jörg Diehl aus dem „Team des Jahres“.
  • 8 Hacks für Telegram. Im „Darknet für die Hosentasche“ finden sich starke Geschichten und Quellen – wenn man weiß, wie.
  • Toolbox. Schick mal schnell:Dateien und Texte auf kurze Distanz von Gerät zu Gerät senden – ganz ohne Kabel und Plattformen.
  • Presserecht. Wie Medien von Demos berichten und rechtliche Risiken vermeiden können.
  • Fragebogen. Friederike Hofmann: „Keine Entscheidung gegen die ARD ...“

 

 

 

 

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