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„WirtschaftsWoche“: Warum Tichy gefeuert wurde, obwohl Meckel nichts kann

VHB-Chef Gabor Steingart setzte sich bei Verleger Dieter von Holtzbrinck durch: Anfang Oktober ersetzt Professorin Miriam Meckel „Wirtschaftswoche“-Chef Roland Tichy. Das große Geheimnis ist, wohin sie das Wirtschaftsblatt steuern soll. Ein Auszug aus dem neuen "Wirtschaftsjournalist".

Düsseldorf - Wahrscheinlich war es die schwerste Rede seiner siebenjährigen Amtszeit als „Wirtschaftswoche“-Chef: Roland Tichy (58) stand am Vormittag des 8. Mai um kurz vor elf vor seiner Redaktion und hatte die undankbare Aufgabe, einige Worte zu seiner eigenen Ablösung zu sagen.

Tichy überspielte seine Enttäuschung dabei einigermaßen gekonnt, wie langjährige Vertraute berichten. Schließlich wusste er von der Abberufung schon länger. Seine Redaktion dagegen wurde von der Meldung kalt erwischt. Viele seien „geschockt“ gewesen, hieß es, einige zarter Besaitete vergossen sogar auf dem Flur Tränen.

Tichys größte Kränkung war vielleicht nicht die Abberufung selbst, sondern die Tatsache, dass er durch die St. Galler Professorin Miriam Meckel (46) ersetzt wird, die über keinen Leistungsausweis in der Wirtschaftspresse oder im Magazinjournalismus verfügt.

 

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Die Nachfolgerin wartete bei der Rede neben Tichy, ebenso wie die beiden die dem „WiWo“-Chef das Ganze eingebrockt haben: Geschäftsführer Gabor Steingart (51), der seit Längerem ein gespanntes Verhältnis zu Tichy hat, und Verleger Dieter von Holtzbrinck (72). Auch die Altgedienten in der Redaktion können sich kaum daran erinnern, ihn einmal in der Redaktion gesehen zu haben.

Kampf um die Macht

Die Nachricht vom Wechsel bei der „WiWo“ überraschte Redaktion und Branche auch deshalb so sehr, weil es dafür wirtschaftlich keinen zwingenden Grund gab. Tichy übergibt beim offiziellen Stabwechsel Anfang Oktober ein intaktes Blatt an seine Nachfolgerin. Die Verkaufszahlen der harten Abo-Auflage sind rückläufig, aber im Branchenvergleich ziemlich okay. Der Einzelverkauf hat sich halbiert. Allerdings hat der Verlag sein Marketing in diesem Feld praktisch eingestellt und auch die Lieferung an die Kioske deutlich zurückgefahren.

Die Reichweite steigerte Tichy im Vergleich zu 2007, dem Jahr seines Dienstantritts, und erarbeitete sich einen Vorsprung vor der Konkurrenz. Das aber wohl wichtigste Kriterium: Die „WiWo“ schreibt als Printprodukt schwarze Zahlen, was das „Handelsblatt“ seit Jahren nicht von sich behaupten kann. 2013 soll allein das Magazin immerhin eine Umsatzrendite von etwa sechs Prozent abgeworfen haben, heißt es in Redaktionskreisen.

Mit den lukrativen Nebengeschäften wie Kongressen (z. B. „Gipfeltreffen der Weltmarktführer“) erwirtschaftete der Titel insgesamt schätzungsweise etwas mehr als 42 Millionen Euro, wohl drei bis vier Millionen konnte man – je nach Rechnung – davon an die Verlagsgruppe Handelsblatt als Gewinn abliefern.

Übereinstimmende Quellen in der Verlagsgruppe sehen denn auch in einem Machtkampf zwischen Geschäftsführer Steingart und Chefredakteur Tichy den wahren Grund für die Abberufung.

Markus Wiegand

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