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Anker gesucht, Angst geliefert

Leserbeteiligung und Konstruktiver Journalismus beim European Newspaper Congress im Wiener Rathhaus. Rückblick I.

Wien – „Die Sehnsucht nach Orientierung zu erfüllen“, ist laut dem Hamburger Medienberater Matthias Horx für die Zukunft der Medien entscheidend. Horx verlangt „Anker“ und sieht die Antwort im Konstruktivem  Journalismus,  „der Lösungen sucht, nicht zerfleischt“. Mit dem altmodisch klingenden Begriff der Achtsamkeit will er gegen die Hysterie in den Medien und den Redaktionen vorgehen: „Medien beschreiben Angst und Wut und stellen sie her“, sagte Horx heute beim European Newspaper Congress im Wiener Rathaus vor mehr als 400 Medienleuten. Das mediale „Brei-Syndrom“, in dem Erregung dominiert und Differenzierung fehlt, bedrohe die Medien in ihrer gesellschaftlichen Funktion. „In ihrer Allgegenwart rauben uns die Medien ein Stück der Seele“, meint Horx. Doch gehe es „nicht um den Abschied von der digitalen Welt, sondern um ein neues Verhältnis: Nicht dauern online, sondern selbst bestimmt“. Für „unsterblich“  hält Horx „das Eigene der Medien: Die authentische Autorität“.

 

Geld fürs „Gelesenwerden bis zum Schluss“ – das bekommen Redakteure des deutschen Medienstartups Merkurist.de. Dort wird die Paywall als „Quatsch“ gesehen und auf den interaktiven Prozess zwischen journalistischer Autorität und den Lesern gesetzt, berichtete Manuel Conrad beim European Newspaper Congress: „Der Leser kann eine Rolle spielen. Das weckt Sympathien, erzeugt Bindung.“ Sich von Altbewährtem zu lösen, Journalismus als einen Prozess zu sehen und ihn vom Leser aus zu denken, das sind die Leitbilder dieser Online-Plattform, an der Leser aktiv am Nachrichtengeschehen teilnehmen. Intelligentes Zuhören ist auch die Prämisse für Alan O’Riordan von der irischen Plattform Storyful. Sie nehmen Zeitungsredaktionen Recherche ab und liefern multimedialen Content in beachtlicher Qualität.

Nummer 1 im mobilen Markt und unter den TOP 5 weltweit bei gedruckten Zeitungen – das ist Japan. Das gelinge, weil man sich in den Medienhäusern darauf konzentriere, worin man gut sei, berichtete Asien-Medienexperte Marco Koeder beim European Newspaper Congress im Wiener Rathaus. Partnerschaft, verspieltes Erkunden von Neuem, Pragmatismus und Professionalität würden die Basis des Erfolgs in Japan bilden.

 

Im Dauerfeuer der Informationen, die den Leser verwirren, will die deutsche Startup—Plattform Kontext, die demnächst startet, Hintergrundinformationen zu aktuellen Themen liefern.  Sie produziert eine interaktive Themenlandkarte mit Hintergrundgeschichten. Die Themen bestimmen die User. Die Texte und Bilder holt sich Kontext von freien Journalistinnen und Journalisten.

 

 

Der European Newspaper Congress wird vom Medienfachverlag Johann Oberauer und Norbert Küpper, Zeitungsdesigner in Deutschland, veranstaltet. Kooperationspartner wie JTI, die Stadt Wien und der Verband der Österreichischen Zeitungsverleger unterstützen maßgeblich die Veranstaltung.