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KNA

Bundesverwaltungsgericht hebt Compact-Verbot auf

Knapp ein Jahr nach dem Verbot des rechtsextremen Magazins Compact durch das Bundesinnenministerium ist das Verbot nun aufgehoben. Laut Gericht sind die verfassungswidrigen Aktivitäten nicht prägend genug.

Leipzig (KNA) – Das rechtsextreme Compact-Magazin darf trotz verfassungswidriger Tendenzen weiterhin erscheinen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hob am Dienstag das vom Bundesinnenministerium erlassene Verbot der „Compact-Magazin GmbH“ und all ihrer Publikationen auf. Zur Begründung führte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft aus, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten und Äußerungen der Vereinigung noch nicht die für ein Verbot notwendige „Schwelle der Prägung“ erreichten.

 

Das Gericht verwies auf die im Grundgesetz verankerte Presse- und Meinungsfreiheit. Ein Vereinsverbot gegen ein Medienunternehmen dürfe diese nicht unterlaufen. Eine Vielzahl der vom Bundesinnenministerium vorgelegten Belege für den Verbotsgrund ließen sich als „überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik“ deuten. Auch die von Compact bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen fielen unter den Schutz der Meinungsfreiheit und „vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen“. Richter Kraft betonte am Ende der Urteilsverkündung, dass es sich der Senat mit diesem Verfahren nicht leicht gemacht habe.

 

Elsässer: Auch AfD-Verbot nicht möglich

Compact-Chefredakteur und Herausgeber Jürgen Elsässer zeigte sich erfreut über den Ausgang: „Wir sind das Sturmgeschütz der Demokratie.“ Zudem zog er den Schluss: „Wenn es unmöglich ist, Compact zu verbieten, ist es auch nicht möglich, die AfD zu verbieten, der ja dasselbe vorgeworfen wird wie uns.“

Im Juli 2024 hatte das Bundesinnenministerium per Verfügung die „Compact-Magazin GmbH“ und ihr komplettes Print- und Onlineangebot verboten und aufgelöst, weil sich das Medienhaus nach Einschätzung des Ministeriums gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept vertritt. Im August hatten die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig das Verbot in einem Eilverfahren teilweise vorläufig ausgesetzt, weil Zweifel an der Verhältnismäßigkeit bestanden.

 

Vor zwei Wochen fand nun die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren statt. Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig.

 

Stärkung der Pressefreiheit

Die Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen, Anja Osterhaus, erklärte: „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: In einer Demokratie müssen die verbrieften Grundrechte berücksichtigt werden – auch, wenn es angesichts extremistischer und rassistischer Inhalte eines Mediums schwerfällt, das zu akzeptieren.“ Das Verbot eines Mediums durch eine politische Instanz wie das Bundesinnenministerium sei ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit.

 

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in der Aufhebung des Compact-Verbots eine Bekräftigung des hohen Stellenwerts der Meinungs- und Pressefreiheit. Zugleich betonte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster: „Die Gerichtsentscheidung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Compact in vielen Artikeln rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte verbreitet, die mit den journalistischen Standards nichts am Hut haben.“ Dagegen vorzugehen sei richtig und wichtig. „Das Verbot eines ganzen Magazins muss dennoch das letzte Mittel bleiben.“