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„Fasziniert und schockiert“: So läuft der Test der Wolf-Schneider-KI

„Fasziniert und schockiert“: So läuft der Test der Wolf-Schneider-KI Die Wolf-Schneider-KI (Foto: Mona Eing & Michael Meissner)

Cordt Schnibben, Leiter der gemeinnützigen Reporterfabrik, hat mit seinem Team ein besonderes Tool entwickelt. Es lässt die Regeln des legendären Journalisten-Lehrers Wolf Schneider wieder aufleben. Welche Erkenntnisse Schnibben aus dem Beta-Test zieht.

Berlin – „In den vergangenen zwei Wochen haben mehr als 600 Userinnen und USer die Beta-Version unserer Wolf-Schneider-KI (WSKI) getestet und haben über 2.500 Nachrichten, Kommentare, Berichte, Essays, Reportagen, Mails, Newsletter, Schulaufsätze und Bewerbungen vom geprompteten Wolf-Schneider-Avatar redigieren lassen. Und uns ihre Erfahrungen geschrieben. Das hilft uns sehr, die WSKI noch besser zu machen. Danke!“, schreibt Ex-„Spiegel“-Redakteur Cordt Schnibben in seinem Reporterfabrik-Newsletter.

 

Klar sei schon jetzt: Vielen helfe das Redigier-Tool. Denn: Redigieren koste Zeit im Berufsalltag – und komme gerade bei Freien viel zu oft viel zu kurz, weiß Schnibben. Er zitiert einige der Beta-Tester. „Es wird meine Arbeit und ihre Ergebnisse verändern“, „viel erzählerischer, unkomplizierter geschrieben, wie von einer/m Könner(in) redigiert!“, heißt es in zwei Rückmeldungen.

 

„Genau dahin wollen wir mit diesem KI-Tool: Künstliche Intelligenz nimmt journalistische Alltagsarbeit ab, indem sie das vorhandene Wissen – hier das eines großen Journalistenlehrers - automatisch abruft und - auch automatisch – mitteilt, was sie gemacht hat, damit Mensch sich noch besser an dem Wissen bedienen kann“, betont Schnibben.

 

Ein User-Feedback lautet: „Ich bin fasziniert und schockiert, tatsächlich beides.“ Schnibben sagt, er könne das komplett nachfühlen: „Eine nicht menschliche Intelligenz tauscht sich hier mit uns aus – und verändert, wie Journalistinnen und Journalisten arbeiten.“ Das sei ein Umbruch, eine Revolution – mit Chancen und Risiken.

 

Und natürlich, unterstreicht der Reporterfabrik-Lenker, habe auch die Wolf-Schneider-KI-Anwendung nicht alles richtig gemacht – und führe ohne menschliche Intelligenz auch nicht automatisch zum perfekten Text. Mit dem persönlichen Stil, von dem Textformen wie Essay und Reportage leben, tue sie sich teilweise schwer, kritisierten Tester, fanden das Ergebnis „fadisiert und ihren individuellen Textfluss gestört.”

 

Es seien auch nicht alle Denkanstöße klug gewesen, die der KI-Wolf-Schneider von sich gegeben hätte – und er werde wohl auch in Zukunft mal Unsinniges von sich geben: „Künstliche Intelligenz tickt anders, sie versteht nicht so, wie Wolf Schneider verstanden hätte“, so Schnibben.

 

Sein Appell an Medienprofis: „Es ist wichtig, dass wir jetzt - am Anfang der KI-Revolution - die Grundlagen von KI verstehen. Denn: Die Zukunft von Journalismus wird mit KI zu tun haben. Die Möglichkeit, Daten zu strukturieren, zusammenzuführen, zusammenzufassen, aufzubereiten, schafft uns neue Freiräume beim Recherchieren und Erzählen. Sie stellen uns aber auch vor eine neue Dimension von Fehlerquellen. Um KI für guten Journalismus zu nutzen, müssen wir die Funktionsweise von KI mit ihren Möglichkeiten und Grenzen kennen und begreifen.“

 

Hintergrund
Die Reporterfabrik möchte zur Fortbildung von Journalisten beitragen, sie besser machen im Gebrauch der neuen digitalen Möglichkeiten der Recherche, des Erzählens, des Publizierens. Und sie möchte Journalistinnen und Journalisten ein neues Verhältnis zum Publikum näher bringen: Der Journalist wird auch zum Empfänger, der Leser und Zuschauer auch zum Sender. So kann eine redaktionelle Gesellschaft zum Vorteil aller entstehen – es geht um die Leser von morgen, um den Journalismus der Zukunft.