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Führungskarriere: Drei Bereiche, die Medienprofis dafür beherrschen müssen

Führungskarriere: Drei Bereiche, die Medienprofis dafür beherrschen müssen Attila Albert

Wieso werden Branchenkollegen in höchste Positionen befördert, die gar nicht besonders qualifiziert scheinen? Das fragt sich mancher Medienprofi frustriert, der sich selbst immer wieder übergangen fühlt. Mediencoach Attila Albert sagt, was für die Führungskarriere wirklich entscheidend ist.

Berlin – Ein Zeitungsredakteur war nach mehr als zehn Jahren im selben Verlag immerhin zum verantwortlichen Redakteur aufgerückt, hatte sich damit in Titel und Gehalt verbessert. Aber nie hatte der Verlag ihm eine echte Führungsposition anvertraut. Mit Verärgerung und durchaus auch Neid sah er, wie viele andere an ihm vorbeizogen. Der neue Ressortleiter war fachlich sicher nicht besser, aber mit dem Chefredakteur befreundet und traf ihn jeden Morgen, weil ihre Kinder in dieselbe Kita gingen. Die Teamleiterin war aus seiner Sicht in ihrer Position, weil es unbedingt eine Frau sein musste. Zählte Leistung gar nicht mehr?

 

Kein Medienprofi spricht gern darüber. Aber es schmerzt, wenn andere erfolgreicher sind, die man eigentlich für weniger qualifiziert oder geeignet hält. Wer sich bei Beförderungen immer wieder übergangen fühlt, ist bald frustriert beim Lesen der jeweils neuen Branchenpersonalien: Wieso bekomme ich nie solch eine Chance? Doch Führungspositionen werden nicht allein wegen fachlicher Kompetenz vergeben, nicht einmal mehrheitlich. Drei Bereiche sind, langfristig gesehen, gleichberechtigt notwendig.

 

1. Kompetenz: Fachliches Wissen und Erfahrung

Der erste Bereich, den jede Führungskraft ausreichend – nicht überragend – beherrschen muss, ist fachliche Kompetenz: Berufsbezogenes Wissen, entsprechende Erfahrung und Übung. Meist handelt es sich dabei um Kompetenzen zur Inhalteproduktion (z. B. Schreiben, Redigieren), zur Selbst- und Fremdorganisation (z. B. Projekt- und Budgetplanung) sowie IT-Kompetenzen (z. B. MS Office, redaktionelles CMS, Sozial-Media-Plattformen).

 

Wenn es an Kompetenz fehlt: Wer nicht kompetent ist, erledigt seine Aufgaben nicht ausreichend gut und trifft zu viele falsche Entscheidungen, was irgendwann Kompetenzen auch für einen selbst hat. Zudem fällt es ohne ausreichende eigene Kompetenz schwer, Mitarbeiter anzuleiten und von ihnen akzeptiert zu werden. Sie rebellieren bald, sabotieren insgeheim oder kündigen, was die Qualität des eigenen Teams bald sinken lässt.

 

Warum Kompetenz allein nicht genügt: Wer seinen Job sehr gut erledigt, qualifiziert sich oft zur Fachkraft, bekommt aber nie echte Führungsverantwortung (Budgets, Mitarbeiter). Nicht selten arbeitet er jahrelang fleißig und zuverlässig, aber weitgehend unbeachtet oder gilt gar als Fachidiot. Das kann auf Dauer äußerst frustrierend sein, manchmal auch zur Verbitterung darüber führen, dass anderes scheinbar viel wichtiger als Leistung ist.

 

Was Sie für mehr Kompetenz tun können: Nach der initialen Ausbildung (z. B. Studium, Volontariat und Praktikum) sind regelmäßiges fachliches Feedback und zielgerichtete Weiterbildungen entscheidend. Insbesondere für langjährig tätige Medienprofis über 40, die sich vieles noch autodidaktisch angeeignet haben, empfiehlt es sich dringend, formale Qualifikationen nachzuholen (z. B. berufsbegleitend einen Bachelor-Abschluss).

 

2. Kommunikation: Eigene Kompetenz vermitteln

Die beste fachliche Kompetenz reicht nicht, wenn sie sich nicht an andere vermittelt: Wenn Vorgesetzte, Branchen- und Redaktionskollegen sowie Geschäftspartner bzw. Kunden nicht davon wissen oder nicht recht davon überzeugt sind, einen vielleicht noch nicht einmal kennen. Aber auch die anderen Bereiche – kommunikative und persönliche Stärken (z. B. Durchsetzungskraft, Humor) – müssen anderen kommunikativ vermittelt werden.

 

Wenn es an Kommunikation fehlt: Wer fachlich kompetent ist, das anderen jedoch nicht bekannt machen und vermitteln kann, arbeitet fleißig in seinem Eckchen und wird auch zu einem gewissen Grad anerkannt. Aber er bekommt zu selten interessante Stellen angeboten, insbesondere keine Führungspositionen. Man kann sich zwar auf den Standpunkt stellen, nur seinen Job machen zu wollen, isoliert und beschränkt sich dabei aber unnötig selbst.

 

Warum Kommunikation allein nicht genügt: Für den guten ersten Eindruck reicht ein einnehmendes, offenes Verhalten (z. B. andere bei einer Branchenveranstaltung einfach ansprechen). Aber sehr schnell, schon beim ersten Gespräch, werden andere unbewusst auch Ihre fachliche Kompetenz prüfen. Genügt sie nicht, gilt man schnell als Schwätzer oder Schaumschläger. Langfristig scheitert man so im Job, „gewogen und für zu leicht befunden“.

 

Was Sie für Ihre Kommunikation tun können: Zeigen Sie sich auf eine Weise, die Ihren Kompetenzen und Ihrer Persönlichkeit entspricht. Das erfordert keine peinliche, schrille Selbstdarstellung, wie man sie aktuell oft auf LinkedIn sehen muss. Nutzen Sie die sozialen Medien, senden Sie früheren und bisher unbekannten Branchenkollegen gelegentlich eine persönliche Nachricht, treffen Sie andere auf einen Kaffee oder bei Veranstaltungen.

 

3. Charakter: Das Vertrauen in Sie rechtfertigen

Regelmäßig muss man beobachten, dass fachlich kompetente, gut vernetzte Medienprofis die begehrten Jobs bekommen, sich einige Zeit darin halten – und wieder gehen müssen. Die Ursache in vielen Fällen, auch wenn das nur selten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird: Charakterliche Schwächen und damit verbundenes Fehlverhalten. Einigen fehlte es an Durchsetzungskraft und Ausdauer, anderen konnten Versuchungen widerstehen.

 

Wenn es an Charakter fehlt: An jedem Arbeitsplatz gilt es, schwierige Situationen und Konflikte auszuhalten und Verlockungen zu widerstehen (z. B. Machtmissbrauch zum eigenen Vorteil, Affären im Job, Veruntreuung, Diebstahl). Ebenso sind Probleme zu lösen, die Stärke und gleichzeitig Empathie erfordern, etwa eine nötige Umstrukturierungen oder Stellenabbau durchzusetzen. All das so, dass man sich nicht noch unnötig Feinde macht.

 

Warum das allein nicht genügt: Man kann von anderen charakterlich geschätzt werden, muss aber auch fachlich und sozial kompetent sein. Ansonsten gerät man oft nur in die Rolle des geschätzten Impulsgebers oder Gesprächspartners, erhält aber nicht die wirkliche Führungsposition. Ein guter Charakter ist entscheidend für das Vertrauen anderer, im beruflichen Kontext aber kein Selbstzweck. Am Ende zählen hier Ergebnisse.

 

Was Sie für mehr Charakter tun können: Teilweise wächst er mit der Lebenserfahrung und überstandenen Herausforderungen. Sehr hilfreich ist ein Mentor, Coach oder enger Freund, der Ihre persönlichen Schwächen ansprechen darf – so, dass Sie es annehmen können und sich motiviert fühlen, daran zu arbeiten. Beschäftigen Sie sich daneben ein wenig mit Persönlichkeitsentwicklung und Psychologie (Bücher, Workshops, Kurse).

 

Jeder dieser drei Bereiche – Kompetenz, Kommunikation und Charakter – ist für sich entscheidend. Widerstehen Sie der Versuchung, einen für wichtiger als den anderen zu halten, weil Sie aktuell darin besonders stark sind. Die persönliche Abwertung einzelner Bereiche ist oft eher ein Schutz vor dem Eingeständnis, damit bisher seine Schwierigkeiten zu haben. Aber all das kann man lernen und schon auf dem Weg dahin beruflich und persönlich erfolgreicher werden.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Wie Medienprofis ihr Leben ändern, damit es besser zu ihnen passt

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.