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Gepixelte Fotos machen Täter zu Opfern

Verblüffendes Ergebnis einer Untersuchung: Die meisten Leser meinen bei gepixelten Fotos in Zeitungen Täter vor sich zu haben - obwohl es die Opfer waren. Sogar Journalisten haben damit Probleme.

Bonn - Manchmal kennen sogar Medien-Anwälte sich nicht mehr aus, berichtet der Branchendienst ABZV-News. Als Agenten des Bundeskriminalamtes und Elite-Kämpfer der GSG 9 im Herbst eine Ferienwohnung im Sauerland stürmten und drei Bombenbauer fassten, schickte dpa die Fotos der Terror- Verdächtigen zunächst verfremdet - und drei Stunden später noch einmal, nun ungepixelt. Und auch in den Redaktionen war man sich nicht einig. In Berlin konnte der Zeitungsleser am Kiosk den Festgenommenen auf der Seite eins der Berliner Zeitung direkt in die Augen sehen, im Tagesspiegel waren die Gesichter unkenntlich gemacht. Was presserechtlich korrekt war, bleibt strittig.

Einer ganz anderen Frage ist Thomas Schatz-Nett an der Donau-Universität im österreichischen Krems nachgegangen. Er wollte wissen: Täter- und Opfer-Fotos mit einem schwarzen Balken über den Augen oder gepixelt, macht das einen Unterschied? Können also Redaktionen durch rein formale Bildbearbeitung Einfluss nehmen auf die Wirkung beim Leser?

Der Wissenschaftler legte verschiedene Fotos aus Zeitungen 120 Testpersonen aus Gymnasialklassen vor. Das Ergebnis: Allein die Hell-Dunkel-Bearbeitung führte zu anderen Resultaten. Kopffotos mit hartem Kontrast werden eher Tätern zugeordnet, Bilder mit weichem Kontrast eher Opfern. Eine ähnliche Wirkung lässt sich mit einem Rahmen ums Foto auslösen. "Kein Kriminaldelikt" vermuteten die Probanden bei Porträts mit Haarlinien-Rahmung. Hat das Foto einen fetten Rahmen, wird die gezeigte Person eher mit einem Verbrechen in Verbindung gebracht.

Nicht überraschend: Fast alle Leser gehen von einer Krimi-Geschichte aus, wenn die Redaktionen die Augenpartie der Gezeigten mit einem Balken unkenntlich gemacht haben. Dabei könnten die Menschen gleichermaßen Täter wie Opfer sein, da sahen die Versuchspersonen keinen Unterschied.

Verblüffend aber, was bei diesem Test herauskam: Thomas Schatz-Nett zeigte den Schülern nun gepixelte Fotos. Er wollte wissen: Sind das eher Opfer oder Täter? Die große Mehrheit (82 Prozent) vermutete jetzt ein Opfer auf dem Foto. Nur zehn Prozent dachten, einen Täter vor sich zu haben. ________________________________________________________________________________