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Klage von Ex-„Bild“-Mitarbeiterin in den USA: Warum Springer Angst vor einem Prozess hat

Klage von Ex-„Bild“-Mitarbeiterin in den USA: Warum Springer Angst vor einem Prozess hat Julian Reichelt

Eine ehemalige „Bild“-Mitarbeiterin wirft Axel Springer vor, sexuelle Belästigungen durch ihren Chefredakteur Julian Reichelt geduldet zu haben.

Berlin – Eine ehemalige „Bild“-Mitarbeiterin wirft Axel Springer vor, sexuelle Belästigungen durch ihren Chefredakteur Julian Reichelt geduldet zu haben, und klagt in den USA gegen den Medienkonzern. Dass es Springer auf einen Prozess ankommen lässt, sei jedoch unwahrscheinlich, schreibt „kress pro“-Chefredakteur Markus Wiegand in seiner Kolumne „Aus unseren Kreisen“.

 

Bereits im August hatte ja eine ehemalige „Bild“-Mitarbeiterin vor einem Gericht in Los Angeles eine Zivilklage gegen Axel Springer eingereicht. Die Journalistin hatte zeitweise aus Kalifornien für das Springer-Blatt berichtet. Ein erster Anhörungstermin wurde für Dezember angesetzt. Die ehemalige „Bild“-Mitarbeiterin wirft Axel Springer vor, der Medienkonzern habe sexuelle Belästigungen durch Reichelt geduldet.

 

Für den Medienkonzern ist das Thema höchst unangenehm, weil es ein wesentlicher Teil seiner Strategie ist, in den USA Fuß zu fassen. Eine öffentlichkeitswirksame Schlammschlacht mit den süffigen Details, wer wann Sex mit wem hatte, wie in der Klageschrift minutiös ausgebreitet wird, ist dabei nicht sehr hilfreich. Verlockend wäre daher eine außergerichtliche Einigung. Die Seite der Ex-„Bild“-Mitarbeiterin hat daran offenbar auch schon Interesse bekundet. Bereits vor der Klage in den USA wollte sich die Frau demnach mit Springer auf eine Geldentschädigung einigen, was das Medienunternehmen aber ablehnte. So stand es in der „Süddeutschen“. Aus Springer-Kreisen wird diese Version informell nur so halb bestätigt. Die Ex-Mitarbeiterin habe lediglich Schadensersatz verlangt, weil sie von Springer verdächtigt worden sei, Informationen aus dem Compliance-Verfahren an Medien durchgestochen zu haben.

 

Wenig beachtet worden ist bisher, dass die Klageschrift nur die Sicht der ehemaligen Mitarbeiterin widerspiegelt. Ob die Geschehnisse sich tatsächlich so abgespielt haben, ist offen. So wird Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt an verschiedenen Stellen unterstellt, er habe den Kontakt zur Ex-Mitarbeiterin gesucht, um etwa „Sex on demand“ mit ihr zu haben. Chatprotokolle, die „kress pro“ vorliegen, legen allerdings nahe, dass im Gegenteil die ehemalige „Bild“-Redakteurin den Kontakt zu ihrem damaligen Chef suchte.

 

Julian Reichelt dürfte also Material im Köcher haben, das die Klage in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte und Springer vor Gericht in den USA helfen würde. Offenbar gab es auch schon Gespräche zwischen Reichelt und Springer dazu.

 

Es ist allerdings nicht vorstellbar, dass der Ex-„Bild“-Chef, der immer noch auf der Gehaltsliste des Konzerns steht, sein Material teilen wird, ohne von Springer zumindest teilweise rehabilitiert zu werden. Der Medienkonzern ist in einem Dilemma. Einigt man sich außergerichtlich mit der ehemaligen Mitarbeiterin, kommt das einem Schuldeingeständnis gleich und hätte einen Imageverlust zur Folge.

 

Verbündet man sich mit Reichelt, um die Vorwürfe mindestens in Teilen zu entkräften, wäre das vor allem in Deutschland ein enormer Reputationsschaden.

 

Kurios an der ganzen Sache: Inhaltlich liegen Springer und Reichelt auf einer Linie. Beide halten die Vorwürfe für weitgehend unbegründet. Nur: Darum geht es gerade nicht.

 

In seiner Kolumne „Aus unseren Kreisen" verrät Markus Wiegand auch, wie Julia Jäkel bei Gruner+Jahr die Kurve bekommen hat und wie viel die Frauen bei der „Zeit“ wirklich zu sagen haben.

 

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