Vermischtes
turi2

Medienanwalt Schertz rechnet mit Döpfner ab – harte Vorwürfe an Springer im Fall Kasia Lenhardt

Medienanwalt Schertz rechnet mit Döpfner ab – harte Vorwürfe an Springer im Fall Kasia Lenhardt Christian Schertz (Foto: Christian Schertz)

Die Wut treibt ihn an: „Wenn ich den Zorn nicht hätte, hätte ich das nicht 30 Jahre lang machen können. Ich will auf der richtigen Seite stehen – also aufseiten derer, deren Rechte verletzt wurden“, sagt Christian Schertz in einem Porträt des RND. Warum sein Verhältnis zu Springer und „Bild“ gestört ist.

Berlin –  Medienanwalt Christian Schertz übt im RND-Porträt von Imre Grimm harte Kritik an Springer-Chef Mathias Döpfner. Er sieht einen Widerspruch zwischen Döpfners „humanistischen Forder­ungen“ in dessen „liberalen“ WamS-Essays und den Vorgängen im Axel Springer Verlag. Der Verlag würde „bewusst die Menschenwürde und das Persönlich­keits­recht“ verletzen, „um Auflage zu machen“. Er frage sich wirklich, sagt Schertz, wie Döpfner dies alles „mit seinem nach außen vermittelten Wertekanon im Innersten seines Herzens“ vereinbaren könne.

 

Die Gesellschaft bräuchte „keinen Journalismus, dessen Geschäftsmodell die Vernichtung von Menschen ist“, so Schertz gegenüber Madsacks Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er wisse nicht, „welchen Vorteil die ,Bild‘-Zeitung in den letzten 60 Jahren dieser Republik wirklich gebracht hat – außer den Volkszorn zu schüren, Menschen gegen­einander aufzuhetzen und die Sensations­gier auch am Leid anderer Menschen für wirtschaft­liche Zwecke auszunutzen". Er formuliert in seinen liberalen Essays in der ‚Welt am Sonntag‘ humanistische Forderungen, während sein Verlag bewusst die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht verletzt, um Auflage zu machen.“

 

Schertz wirft Springer vor, mitver­antwortlich für den Suizid des Models Kasia Lenhardt, Ex-Freundin von Jérôme Boateng, zu sein. Er finde es „in hohem Maße verwerf­lich“, wie Springer hier vorgegangen sei: Man habe „einen Prominenten einseitig ausführlich zu Wort kommen lassen, ohne die Gegenseite anzu­hören“.

 

Ein Sprecher von Axel Springer weist die Vorwürfe gegenüber turi2 entschieden zurück. Lenhardt sei „selbstverständlich“ von „Bild“ „vorab mit dem Interview konfrontiert“" worden, hätte sich aber „nicht zu einer Stellungnahme entschließen"“können. „Bild“ habe das Interview mit Boateng „später auf Bitte der Familie der Toten gelöscht“.

 

In dem gesamten Statement eines „Bild“-Sprechers heißt es: „Der Freitod von Kasia Lenhardt ist traurig und bedrückend. Dass sich diese junge Frau das Leben genommen hat, das hat in der Redaktion Bestürzung, Mitgefühl und Trauer ausgelöst.

 

Frau Lenhardt hatte bereits vor dem Erscheinen des Boateng-Interviews über soziale Netzwerke den Weg in die Öffentlichkeit gesucht – und davon auch in den Folgetagen Gebrauch gemacht. Sie hatte nachweislich die Möglichkeit, sich in BILD zu äußern; BILD hat ihr das über ihre Agentur mehrmals angeboten. Und natürlich wurde sie vorab mit den Interview-Aussagen von Jérôme Boateng konfrontiert. Sie lehnte ab, konnte sich nicht zu einer Stellungnahme entschließen.

 

Richtig ist aber auch: Das Interview mit Jérôme Boateng spiegelte in bedrückender Weise die asymmetrischen Machtverhältnisse in der Beziehung zwischen Kasia Lenhardt und Jérôme Boateng wider. Das Interview hatten wir später auf Bitte der Familie der Toten gelöscht.“

 

Im Fall Lenhardt war Schertz nicht selbst anwaltlich tätig.

 

Zur Person
Christian Schertz ist ein Berliner Anwalt, der häufig für Personen des öffentlichen Lebens gegen Medien vorgeht. Schertz studierte Rechtswissenschaften in Berlin und München und absolvierte ein Referendariat in Berlin und New York. Er ist Herausgeber und Autor für zahlreiche Fachbücher für Medienrecht. Dank „weiterhin gut gefüllter Kriegskassen“ der Verlage und „kalkulierten Rechtsbrüchen“ gehen dem Medienanwalt auch künftig die Mandanten seiner Berliner Kanzlei nicht aus.