Vermischtes
Newsroom – Rupert Sommer

Petra Winter über Madame-Neustart: Viele Verlage machen es im Digitalen nicht gut

Petra Winter über Madame-Neustart: Viele Verlage machen es im Digitalen nicht gut Petra Winter

„Ich habe gedacht: Da kann man mehr daraus machen“: Die „Madame“-Chefredakteurin Petra Winter berichtet im „kress pro“-Interview, wie sie als Mit-Eignerin neue Geschäftspotenziale erschließt und warum ihre Kollegen von der Looping Group beim Wort „Verlag“ Pickel kriegen.

München – Petra Winter erklärt im Interview im aktuellen „kress pro 5/2021“ unter anderem ihre Motive, zusammen mit dem neuen Mehrheitseigner Looping Group – nachdem Bauer die „Madame“ verkauft hatte – auf Zukunftskurs zu steuern und die Gewichte neu zu verschieben.

 

Frau Winter, wo liegt bei der neuen Madame in Zusammenarbeit mit Looping Grup der Unterschied zur alten Verlagswelt?

Petra Winter: In der Looping Group steckt sehr viel Innovationskraft, Dynamik und die Fähigkeit zur schnellen Umsetzung. Es gibt Verlage, die machen es im Digitalen gut. Es gibt aber auch viele Verlage, die machen es nicht gut. Ich hatte mir von vornherein gesagt, wenn jetzt der nächste Verlag um die Ecke kommt und die „Madame“ kauft, dann bin ich raus.

 

Ehrlich?

Ich wäre nicht an Bord geblieben. Jeder ist ersetzbar. Meine Reise mit der „Madame“ wäre dann zu Ende gewesen. Ich fand es aber attraktiv, mit Looping über eine neue "Madame zu sprechen. 

 

Warum genau?

Allein Slogans wie „Where the art of storytelling meets the science of data“ der Looping Group haben mir auf Anhieb imponiert – und mich neugierig gemacht. Ich finde es spannend, was man daraus konkret machen kann und dass man auch heilige Kühe schlachtet. Mit Dingen, die man einfach nur macht, weil man sie vorher schon so gemacht hat, aber keinen Umsatz damit erzielt, muss man sich jetzt nicht mehr abgeben – sondern stattdessen etwas Neues auf den Weg bringen. Diese Einstellung gefällt mir prinzipiell gut. Trotzdem ist die „Madame“ – sonst hätte man sie ja nicht erwerben müssen – eine sehr wertvolle Zeitschriften-, also Medienmarke. Bislang ist sie noch stark ein Magazin, aber sie wird ausgebaut werden – zu einer auch wirklich rundum erfolgreichen Medienmarke. Und da gibt es einiges zu tun. 

 

Wohin soll die Reise konkret gehen: Gibt es einen Radikalplan, nach dem „Madame“ etwa gar nicht mehr gedruckt erscheinen wird?

Nein. Das würde in unserem Segment keinen Sinn ergeben. „Madame“ darf, soll und muss auch ein digitales Medium sein, aber kein austauschbares. Es gibt viele Möglichkeiten, und die loten wir gerade aus. Wir haben ein konkretes Businessmodell im Kopf – more to come.

...

Konkret schildert Petra Winter nun neue Formen der Einbindung von Werbekunden, bei der das „Madame“-Team stark mit den Ressourcen der Looping-Mannschaften zusammenarbeitet, um gemeinsam Stärken auszuspielen. Dazu will man aber wissen, warum solche, oft stark digital geprägten Kooperationen nun so offenbar leichter auf die Beine zu stellen sind.

 

Im Bauer-Universum wäre so eine Aktion nicht möglich gewesen?

Das kann man so nicht sagen, aber das Tempo bei Looping ist höher. Die Qualifikationen, die man für solche Aktionen braucht, sind vorhanden und: Bauer ist ein Konzern mit über 11.000 Mitarbeitern, bei Looping gibt es insgesamt 170 Mitarbeiter. Daher kann und muss man bei uns viel eigenverantwortlicher entscheiden. In einem großen Konstrukt hätte man Leistungen, wie wir sie anbieten, eventuell fallweise dazugekauft. Außerdem müssen in Konzernen die Leistungen der Corporate Offices durch die operativen Einheiten refinanziert werden, nicht aber bei rein operativ agierenden Unternehmen.

 

Wie teuer konnte das für Sie werden?

Man trägt als eine Marke von vielen in einem Konzern riesige Strukturen mit. Vieles wird dort daher anders priorisiert.

 

Es lässt sich also in ähnlich guter, wenn nicht sogar besserer Qualität arbeiten – und man vermisst den Wasserkopf eines großen Verlages gar nicht?

Was man vermisst, sind Abteilungen, an die man in einem Großverlag etwas wegdelegieren kann. Es gibt viele vormals praktische Fachgewerke für mich nun nicht mehr. Dann taucht unweigerlich die Frage auf: Wer macht das jetzt? Ah ja: Petra! Probleme landen dann im Zweifelsfall bei mir oder bei den zwei bis drei Kollegen, mit denen ich sehr eng zusammenarbeite. 

 

Was ist denn eigentlich nun wirklich die Looping Group, zu der Sie nun gehören: Ist sie eine groß angelegte Werbeagentur? Nicht zuletzt im Zuge der „Madame“-Übernahme hieß es ja auch, dass Wichmann und seine Kollegen noch stärker verlegerisch tätig werden wollen und von einer Art Verlag des 21. Jahrhunderts schwärmen.

Die Frage müssen sie der Looping Group selbst stellen, aber Dominik würde das nie so bezeichnen, weil alleine schon das Wort „Verlag“ allen bei Looping Pickel macht. 

 

Wirklich?

Alle dort spüren in irgendeiner Form eine Art Klotz am Bein, wenn das Gespräch auf einen klassischen Verlag kommt. Jeder hat so seine Erfahrungen damit gemacht – auch gute, keine Frage! Aber mit der Ausdehnung unserer Aktivitäten und den Möglichkeiten, die wir haben, muss unser Haus kein Verlag mehr sein. 

 

Sondern?

Es kann ein Unternehmen sein, das sich dem journalistischen Storytelling verpflichtet fühlt. Im Zentrum steht das Geschichtenerzählen, und im Zentrum steht die redaktionelle Gesellschaft. Darauf kann man sich bei Looping bei allen Aktivitäten, die man betreibt, einigen. 

...

Das komplette Interview des „kress“-Korrespondenten Rupert Sommer mit der Chefrakteurin und Mitverlegerin von Madame können Sie in kress pro lesen. Darin legt Petra Winter auch Grundzüge der neuen Vermarktungsoffensive offen und lässt mit Cases rund um Nobelkunden wie Armani hinter die Kulissen blicken.