Vermischtes
DPA

"The End of the World" - Was passiert nun mit der britischen Regenbogenpresse?

In einem wohl beispiellosen Schritt reagiert das Murdoch-Imperium auf den Abhörskandal und schließt sein erfolgreiches Boulevardblatt "News of the World". Nun geht die Fragerei los: Was steckt wirklich dahinter?

London (dpa) - Ist das Ende der "News of the World" nur der Beginn einer neuen Boulevardzeitung mit anderem Namen aber gleichem Inhalt? So oder so ähnlich jedenfalls sieht das der britische Justizminister Kenneth Clarke. Er kann in dem wohl beispiellosen Schritt von Rupert Murdochs Sohn James, die traditionsreiche britische Sonntagszeitung "News of the World" einzustellen, keinesfalls Reue für den Abhörskandal erkennen. Das Ganze sei nur der Versuch eines Imagewandels, hieß es auch aus Expertenkreisen.

Statt der 168 Jahre alten Zeitung werde künftig sonntags eben ein anderes Blatt erscheinen, zum Beispiel eine Sonntagsausgabe der "Sun", dem Schwesterblatt der "News of the World." Die könnte unter dem Namen "The Sun on Sunday" firmieren.

Offizielle Antworten auf die Spekulationen gab es nicht. Murdoch selbst stellte die Entscheidung als Konsequenz der dramatischen Vorwürfe dar, die vergangene Woche ans Tageslicht gekommen waren. Anders als seit Jahren gedacht, sollen Journalisten der "News of the World" nicht nur die Handys von Prominenten und Politikern angezapft haben, sondern noch viel weiter gegangen sein. Angeblich wählten sie sich auch auf die Telefone von Mord- und Terroropfern und deren Angehörigen ein. Selbst Soldaten-Witwen waren demnach nicht sicher.

Bis zu 4000 Menschen könnten belauscht worden sein, hieß es von der Polizei. Hinzu kommt, dass auch Polizisten erfolgreich bestochen worden sein sollen. "Wenn die neuen Vorwürfe stimmen, dann war das unmenschlich und hat in unserem Unternehmen keinen Platz", verkündete James Murdoch am Donnerstag. Er gestand zahlreiche Fehler ein: Falsche Aussagen vor dem Parlament zum Beispiel oder das Versagen, auf den Grund des Abhör-Sumpfes zu stoßen. Zerstörerische Aussagen für ein Presseorgan.

Doch James Murdoch und sein Vater Rupert haben durchaus noch andere Gründe, ein solches Zeichen zu setzen - und damit bei der britischen Regierung wieder in Gnade zu fallen. Die "News of the World" gehört wie auch "The Times" und "The Sun" zu News International, dem britischen Arm von Rupert Murdochs mächtiger News Corporation. Und die kämpft derzeit um die milliardenschwere Komplettübernahme des Fernsehkonzerns BSkyB auf der Insel.

Die rund 200 Mitarbeiter, die vom Ende der Zeitung betroffen sind, reagierten geschockt. Die meisten von ihnen seien zu der Zeit, in der die Handys abgehört worden sein sollen, noch gar nicht bei der Zeitung gewesen, sagte Mitarbeiter Daniel Wooding. Jetzt müssten sie für etwas büßen, an dem sie gar nicht beteiligt gewesen seien. Zudem kursierten Gerüchte, News International habe ohnehin vorgehabt, "News of the World" einzustellen und stattdessen die von Montag bis Samstag erscheinende "Sun" auf den Sonntag auszuweiten. Das sei lukrativer.

Journalisten bei den großen britischen Blättern hoffen nun, dass das Ganze nicht einen Dominoeffekt auslöst. Immer wieder waren nämlich in den letzten Jahren Stimmen laut geworden, das Abhören von Handys sei eine gängige Praxis vor allem in den Redaktionen der bekanntlich nicht gerade zimperlichen britischen Boulevardblätter gewesen. Sollte sich das bewahrheiten, stellt sich die Frage, wer als nächstes fällt. Dann wäre "The End of the World", wie die britische Nachrichtenagentur PA textete, zwar nicht das Ende der Welt, aber vielleicht das Ende einer weiteren Zeitung.