Vermischtes
Newsroom – Marc Bartl, Wolfgang Messner

Ungewöhnlicher Interessent für G+J-Magazine aus der Schweiz

Ungewöhnlicher Interessent für G+J-Magazine aus der Schweiz Markus Posset

Die Mitteilung klingt fast filmreif: „Schweizer Star Troopers AG zeigt Kaufinteresse an Printtiteln der Bertelsmann SE“. Captain der Star Troopers ist Markus Posset. Sogar die „Bunte“ taucht (fälschlicherweise) auf Possets Kaufliste auf. Was dahintersteckt, sagt Posset.

Zürich – Die Mitarbeiter der ehemaligen G+J-Magazine haben derweil wenig zu lachen. Bis Mitte Februar soll die Entscheidung fallen, wie und wo es mit ihnen weitergeht. In diese Phase der ernsten Verunsicherung platzt an diesem Donnerstag eine Mitteilung, die auf den ersten Blick wie Satire aus der Feder von Jan Böhmermann klingt. Ein Schweizer Unternehmen erklärt sein öffentliches Interesse an den Titeln des Hamburger Verlags – und verwechselt dabei was. Lars Haider, Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“, der die Mitteilung aufgreift, spricht von einem „kleinen Schönheitsfehler“. „Wohin die Ungewissheit über die Zukunft der Zeitschriften und Magazine führt, die früher zu Gruner + Jahr gehörten, zeigt jetzt eine ungewöhnliche Pressemitteilung“, führt Haider weiter aus.

 

Der Reihe nach: In der Mitteilung bestätigt der Verwaltungsratspräsident der Star Troopers AG aus Zürich, Markus Posset, das „Kaufinteresse an den kompletten Magazintiteln der Bertelsmann SE, die unter anderem mit Stern, Brigitte, Bunte, Geo, Business Punk oder Capital ein breites Portfolio aufweisen“. Die Bunte gehört allerdings bekanntlich zu Hubert Burda Media. Posset sagt dazu auf kress-Nachfrage, bei der Auflistung der Bunten sei ihnen ein Fehler unterlaufen (siehe Interview unten).

 

Markus Posset ist seit dem Jahr 2000 in verschiedenen Management- und Geschäftsführerpositionen in der Werbe-, Medien- und Verlagsbranche in Österreich, Deutschland und im Balkanraum tätig. Posset war unter anderem COO der Echo Medienhaus Gruppe, Managing Director der Verlagsgruppe News (VGN – ehemals Gruner & Jahr-Beteiligung – u. a. damit Chef der beiden österreichischen Medien „Profil“ und „Trend“), sowie Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich.

 

Posset sagt nun, er sei mit dem Bertelsmann-Aufsichtsratsvorsitzenden Christoph Mohn in direktem Kontakt und er habe schriftlich das Kaufinteresse an den komletten Magazintiteln von Bertelsmann bekundet.

 

Die Mitteilung im Wortlaut:

„,In puncto Medien richtet sich der Blick ganz klar auch nach Deutschlan‘“, bestätigt Posset das Kaufinteresse an den kompletten Magazintiteln der Bertelsmann SE, die unter anderem mit Stern, Brigitte, Bunte, Geo, Business Punk oder Capital ein breites Portfolio aufweisen. Man sei im direkten Kontakt mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Mitgesellschafter Christoph Mohn und habe schriftlich bereits das Interesse bekundet. ‚Der Vorstand der Bertelsmann SE wurde durch den Aufsichtsratsvorsitzenden schon informiert und wird die nächsten Schritte für Gespräche einleiten‘, erklärt Posset. Ziel der möglichen Beteiligung der Star Troopers AG sei es, neue Ecosysteme und Lizenzen rund um die Marken und Magazintitel und die Fortsetzung der Digitalisierungsstrategie auszubauen, sowie die Neuausrichtung des kompletten eigenständigen Vertriebs (Print und Online) voranzutreiben. Das Know-how und die Wertschöpfung durch die Star Troopers Tochterunternehmen und deren Partner wären garantiert. Ein Partizipation-Modell für die Mitarbeiter:innen mit Standortgarantie und voller Einbindung des Betriebsrats (Anm.: Hier gab es bereits Gespräche mit dem Betriebsrat) wäre die zu favorisierende Variante: ‚Schließlich sind die Mitarbeiter:innen das eigentliche Asset bei den genannten Magazintiteln‘, weiß der Medienmanager. (Anm.: Markus Posset gilt als erfahrener und gut vernetzter Medienmanager und Brückenbauer, welcher auch gute Kontakte zur Gewerkschaft und zur SPD-Medienholding DDVG und zu deren Chef Matthias Linnekugel pflegt.)“

 

Eigentümer und Aktionäre der Star Troopers AG will Posset auf Anfrage des österreichischen „Standard“ nicht nennen, es handle sich um ein „Family Office“, mehrere Aktivitäten von Institutionen und privaten Personen mit Investmentfokus verwalte.

 

In einer weiteren Aussendung lässt die Star Troopers AG verlauten, sie „gründete mehrere eigenständige Unternehmen, darunter einen Buchverlag, ein Medien- und Verlagshaus, eine Film- und Produktionsfirma und einen Onlineshop für Fashion- und Lifestyleprodukte“. Im vierten Quartal 2023 werde sie eine „Star Troopers Digital Media, News, TV & Radio Europe“ starten, ein „brandneues Medienprojekt für eine junge bis mittlere Zielgruppe der 18- bis 40-Jährigen“, das sie auf den deutschsprachigen Raum und die Balkan-Region ausweiten wolle. Posset ist auch Honorarkonsul der Republik Albanien in Österreich.

 

Ein Sprecher von RTL Deutschland sagt auf Nachfrage zu der Interessenbekundung aus der Schweiz: „Die Analyse des Titelportfolios läuft. Ergebnisse stehen noch nicht fest, sie sind für das erste Quartal 2023 geplant und werden dann entsprechend kommuniziert. Entgegen anderslautender Berichterstattung finden keine Verkaufsgespräche statt. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns nicht zu Spekulationen über einzelne Titel oder Maßnahmen äußern.“

 

Interessiert dürften die G+J-Mitarbeiter folgende Nachricht von „Hamburger Abendlbatt“-Chefredakteur Lars Haider lesen: „Nach Informationen des ,Hamburger Abendblatts‘ könnten die Berichterstattung der vergangenen Tage und die Proteste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch noch einmal Bewegung in die Diskussionen gebracht haben, die bei Bertelsmann in Gütersloh geführt werden und die bis zum 15. Februar zu einem Abschluss gebracht werden sollen.“

 

Wolfgang Messner hat für newsroom.de mit dem Medienmanager Markus Posset über sein Interesse an den G+J-Titeln gesprochen:

 

Posset über die Kontaktaufnahme mit Christoph Mohn:

„Ich kann es Ihnen nicht auswendig sagen, aber es war schon vor ein paar Wochen. Es war ja schon medial bekannt gewesen, dass RTL bzw. Bertelsmann in Bezug auf G+J restrukturieren will bzw. einen neuen Fokus hat. Ich habe den Christoph Mohn dann einfach angeschrieben, weil wir eh schon in anderen Sachen in Kontakt waren.“

 

… über die Finanzierung eines dreistelligen Millionenbetrags und Investoren:

„Wir müssen da jetzt eine Kaufpreisfindung machen, aber natürlich haben wir auch Investoren im Hintergrund. Wenn Sie sich unseren Aufsichtsrat ansehen, dann sitzt dort der Chef der größten Bank in Österreich und der Chef der Wiener Börse. Aber wir müssen da jetzt, wie gesagt, einen Kaufpreis finden. Dann muss es Gespräche geben.“

 

… über den Kaufpreis:

„Das schreckt mich jetzt so wenig wie eine Lungenentzündung. Es muss jetzt, wie gesagt, ein Interesse von Seiten von Bertelsmann geben. Und je nach dem bauen wir das Modell auf. Dabei bin ich ein Fan des Partizipationsmodells, bei dem man die Mitarbeiter an dem Unternehmen beteiligt und so an das Unternehmen bindet. Aber zuerst muss man den Preis wissen. Wir müssen wissen, in welche Richtung geht das. Sind das 150, 200 oder 300 Millionen. Je nachdem bauen wir das Modell auf.“

 

… über die Auflistung der Bunten bei den G+J-Zeitschriften:

„Das war ein Fehler der PR-Agentur. Natürlich gehört die „Bunte“ zu der Burda-Gruppe. Leider hat die PR-Agentur die da mit reingeschrieben.“

 

… über sein Interesse:

„Ich bin keine Heuschrecke, die schnell kauft und wieder verkauft. Ich bin auch kein amerikanischer Fonds, die Profit haben wollen. Ich komme aus der Medienbranche und habe einige gute Sachen gemacht. Ich Unternehmensberater von zwei großen Medienkonzernen auf Vorstandsebene.“

 

… über seine Expertise:

„Ich bin Medienökonom und dafür in Deutschland auch bekannt. Gerade habe ich ein Buch zur Medienökonomie geschrieben., erschienen im Springer/Gabler-Verlag. Das ist genau mein Geschäft. Ich gehe rein, mache mir sehr gerne auch die Hände dreckig.“

 

… über eine mögliche Zukunft der G+J-Magazine:

„Das Motto unserer Gruppe lautet: ‚Die Zukunft der Medien‘ und nicht ‚Der Untergang der Medien‘. Es gilt das Prinzip der klugen Köpfe. Wir müssen da an einem Strang ziehen. Da muss man sicherlich einmal rein und an jeder Schraube drehen. Wo kann man sich besser aufstellen? Wo mehr herausholen aus Lizenzen im Digitalbereich? Da muss man jeden Titel einzeln durchgehen.“

 

... über Gespräche mit dem Betriebsrat:

„Ich habe schon mit einigen Leuten gesprochen, auch mit dem Betriebsrat, um gewisse Sachen abzuklären. Jetzt ist es am Vorstand zu sagen, was sollen wir machen? Wollen wir verkaufen, wollen wir nicht verkaufen? An wen wollen wir verkaufen? Wie schauen diese Gespräche aus?“

 

... über die Chancen auf eine Übernahme von G+J?

„Es gibt den alten Spruch: fragen kostet nichts. Wir haben ein Modell mit Partnern, das eine Partizipation der Mitarbeiter vorsieht, dass wir auch schon mit dem Betriebsrat besprochen haben. Es kommt darauf an, wie es Anklang findet, auch bei den Mitarbeitern. Ich bin mir sicher, dass wir so die Mitarbeiter begeistern können. Denn so können sie am Erfolg des Unternehmens mitarbeiten. Mit diesem Modell kann man sowohl den Standort als auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sichern.“

 

... über den Firmensitz:

„Wir haben den in der Schweiz und eine Zweigstelle auch in Wien. Wir sind jetzt an 22 oder 23 Unternehmen beteiligt, auch im Digitalbereich. Wir sind dabei zu wachsen. Wir wollen den Firmensitz nach Wien verlegen, weil es von da aus leichter ist, zu agieren. Im Augenblick bin ich einmal in der Woche in der Schweiz. Wir sind gerade dabei, die Dependance in Wien aufzubauen. Im Augenblick sitzen wir noch im 18. Bezirk, wollen aber demnächst den Sitz in den 1. Bezirk verlegen. Das dauert noch drei Wochen.“