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Warum hat Lisa Nienhaus so einen schweren Start in der SZ?

Warum hat Lisa Nienhaus so einen schweren Start in der SZ? Lisa Nienhaus (Foto: Die Zeit)

Nach längerem Suchen hat die durch viele Abgänge zuletzt arg gebeutelte „Süddeutsche“ in der „Zeit“-Autorin Lisa Nienhaus eine neue Wirtschaftschefin gefunden. Doch ihr Start in München gestaltet sich alles andere als einfach.

München – Man könnte ja meinen, dass bei der „SZ“ Feierstimmung herrscht, schreibt Chefredakteur Wolfgang Messner im aktuellen „Wirtschaftsjournalisten“-Branchengeflüster. Mit Lisa Nienhaus hat sich das Blatt nach vielen Abgängen in der Nachfolge von Marc Beise die Dienste einer der profiliertesten Wirtschaftsjournalistinnen des Landes gesichert. Bei „SZ“-Chefredakteurin Judith Wittwer hört sich das so an. Ganz anders, nämlich überraschend skeptisch, wird die Personalie aber in Redaktionskreisen aufgenommen, die sich nicht dem Marketing- Bling-Bling verpflichtet fühlen. Dass Wittwer sich freut wie Bolle, ist kein Wunder. Schließlich hat die Schweizerin Nienhaus verpflichtet. Diese, lässt sie wissen, „teilt unser Verständnis von gutem Journalismus und wird die hervorragende Arbeit von Marc Beise zusammen mit einem starken Team in eine zunehmend digitale Zukunft führen“.

 

Nienhaus scheint wie gemalt für den Posten. Sie ist Anfang 40 und leitet seit 2018 das Frankfurter Büro der „Zeit“, wie es heißt. Zuvor war sie ab 2016 stellvertretende Wirtschaftschefin. Weitere Stationen: von 2008 bis 2016 Wirtschaftsredakteurin bei der „FAS“ und als Grundlage ein Studium der Volkswirt- schaftslehre und Politik in Köln und Stockholm sowie parallel der Besuch der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft. Ihre Vita wird garniert mit einigen Journalistenpreisen und vordere Nominierungen beim „Wirtschaftsjournalist des Jahres“ und der Autorenschaft zweier Bücher zur Finanzkrise („Die Blindgänger“) und über große Wirtschaftsdenker („Die Weltverbesserer“). Also, wo verdammt ist das Problem?

 

Denn offenkundig gibt es eines. Das sagen zumindest Quellen, mit denen der „Wirtschaftsjournalist“ Kontakt hat. Diese SZ-Redakteure haben irrtierende Signale aus Hamburg empfangen und fragen sich, warum Nienhaus nur vergleichsweise kurze Zeit stellvertretende Ressortleiterin war. Und es gibt einige Zweifel, ob sie die Rolle der Nachfolgerin Beises wohl würde ausfüllen können, denn der gebürtige Mainzer ist nicht nur wegen seiner Erfahrung und Kompetenz, sondern auch wegen seiner Jovialität, Leutseligkeit und Großzügigkeit redaktionsweit allseits beliebt.

 

Dass Nienhaus die Wirtschaft nun alleine führen darf, es aber in den anderen Großressorts meist Doppelspitzen gibt, könnte ein weiteres Neid-Problem werden. Denn redaktionsintern wird die Neue diese Vorzugsbehandlung durch Kompetenz und gute Führungsarbeit rechtfertigen müssen. Wie aus „SZ“-Redaktionskreisen zu hören ist, hätte es mit dem Londoner Wirtschaftskorrespondenten Alexander Mühlauer und der bisherigen Stellvertreterin Hannah Wilhelm die Möglichkeit einer intern besetzten Doppelspitze geben können, doch sei es nicht dazu gekommen. Aber Doppelspitzen sind teuer und es ist gut möglich, dass die SWMH hier sparen will. Von Unruhe zu sprechen, wäre wohl zu hoch gegriffen, doch so mancher SZ-ler äußert eine gewisse Besorgnis über diese Konstellation, während die Chefredaktion dies wohl als typische Reaktion von Unzufriedenen und Zukurzgekommenen abtun dürfte. Aber es gibt auch berechtigte Skrupel einer Vorverurteilung: Viele SZ-ler wollen erst mal schauen, wie die neue Führungs- kraft sich so anlässt und ihr mindestens die üblichen 100 Tage Eingewöhnung einräumen ohne gleich den Stab zu brechen. Aus Hamburg jedenfalls sind nicht nur kritische Töne zu Nienhaus zu hören. Also: abwarten.

 

Das offizielle Statement der SWMH auf WJ-Anfrage liest sich so: „Die gesamte Redaktion freut sich sehr auf die Zusammenarbeit mit Lisa Nienhaus. Dies hat auch die Abstimmung der im Impressum vertretenen Redakteurinnen und Redakteure ergeben, die ein Mitspracherecht haben. Die Runde hat mit beeindruckender Mehrheit für die Ernennung von Lisa Nienhaus gestimmt, die für ihre Arbeit – übrigens auch vom Magazin ‚Wirtschaftsjournalist‘ – bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Seit Jahresbeginn hat die SZ rund 20 Leute neu in der Redaktion eingestellt. Darüber hinaus erlaubt uns der wirtschaftliche Erfolg der SZ, noch im laufenden Jahr mindestens weitere 25 Stellen zu schaffen. Jede Besetzung hat allein das Ziel, die besondere Qualität des SZ-Journalismus zu stärken.“

 

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