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Newsroom – Steffen Grimberg

Weimer I: Medienstaatsminister will Pier Silvio Berlusconi treffen

Die Schlacht um die Übernahme von ProSiebenSat.1 spitzt sich zu. Die von den Berlusconis kontrollierte MFE hat ihr Angebot deutlich erhöht. Medienstaatsminister Weimer sorgt sich um „journalistische Unabhängigkeit“.

München/Berlin (KNA) – In der Übernahmeschlacht um den Medienkonzern ProSiebenSat.1 SE hat die italienische Medienholding Media for Europe (MFE) der Familie Berlusconi ihr Angebot in dieser Woche nicht nur deutlich erhöht. Wie bekannt wurde, hat MFE außerdem bereits weitere Anteile an der börsennotierten deutschen Mediengruppe gekauft und hält mittlerweile rund 33 Prozent am Unternehmen. Am Donnerstag bestätigte ProSiebenSat.1, dass MFE von einem nicht genannten Aktionär ein Paket mit 6,51 Millionen Aktien übernommen habe.


Am vergangenen Montag hatte MFE zudem angekündigt, ihr bisheriges Angebot an die ProSiebenSat.1-Aktionäre deutlich aufzustocken. Jetzt bietet die Holding rechnerisch 8,62 Euro für jede ProSiebenSat.1-Aktie und damit mehr als die tschechische PPF-Gruppe, die bislang 7 Euro geboten hatte.

 

Die mögliche Übernahme der zweitgrößten deutschen Privat-TV-Gruppe beschäftigt auch die Bundesregierung. Medienstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) sieht eine Übernahme durch MFE höchst kritisch und kündigte an, sich Anfang September mit MFE-Vorstandschef Pier Silvio Berlusconi treffen zu wollen. Der bayerische Medienminister Florian Herrmann (CSU) hat das verbesserte MFE-Angebot dagegen begrüßt.


„Die Erhöhung des Angebots durch MFE zum Erwerb weiterer Anteile an ProSiebenSat.1 zeigt, dass es sich um ein für Investoren hochinteressantes Unternehmen mit sehr viel Potenzial handelt und dass Bayern zu Recht als Top-Standort für Medienunternehmen gilt“, so Herrmann.

 

Zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehören unter anderem ProSieben, Sat.1, Kabel Eins und der Streamingdienst Joyn. Der Vorstand des Medienhauses steht der Übernahme durch MFE ablehnend gegenüber und hatte den Aktionären zuvor empfohlen, das PPF-Angebot anzunehmen. Hintergrund sind Pläne von MFE, ProSiebenSat.1 in seine internationale Senderholding zu integrieren, womit die Eigenständigkeit des deutschen Unternehmens gefährdet wäre. MFE beherrscht den italienischen Privatfernsehmarkt und ist auch in Spanien aktiv.

 

Weimer: „Genau hinschauen“

Weil die Holding mehrheitlich der Familie des 2023 verstorbenen Medienunternehmers und früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gehört, wird aber auch immer wieder über eine mögliche Einmischung ins Programm und die redaktionelle Unabhängigkeit der Sender spekuliert. MFE hat entsprechende Pläne stets kategorisch zurückgewiesen. Der Familie Berlusconi werden enge Verbindungen zum europäischen Rechtspopulismus und gute Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt.

 

Daher beschäftigt der Fall auch schon länger die deutsche Medienpolitik. Medienstaatsminister Weimer hatte am vergangenen Wochenende in einem Spiegel-Interview erklärt, es habe „eine Übernahmeschlacht begonnen, über deren Ausgang ich mir Sorgen mache“. Er frage sich, ob „die journalistische und wirtschaftliche Unabhängigkeit auch nach einem Eigentümerwechsel gewahrt bleibt“. Anders als in vielen anderen Ländern ist die Beteiligung ausländischer Investoren an deutschen Medienunternehmen nicht durch Gesetze oder Auflagen beschränkt.

 

„Wenn ein ausländischer Investor eine derart wichtige Institution der Meinungsbildung in Deutschland übernimmt und kontrollieren könnte, dann sollten wir schon genau hinschauen, wer dahintersteht und welche Verbindungen dabei Einfluss haben“, so Weimer. „Das wird Inhalt meines Gesprächs mit Herrn Berlusconi sein.“

 

Standort München sichern

Weimer, der vor seinem Eintritt in die Politik selbst Medienunternehmer war, bezeichnete den MFE-Vorschlag aber trotz seiner Bedenken auch als „eine strategische Option“ für die hoch verschuldete deutsche Sendergruppe aus Unterföhring bei München. Wenn ProSiebenSat.1 Teil einer europäischen Plattform werde, sollte diese aber „in Deutschland ihren Sitz haben und deutschem Recht unterworfen sein“, forderte Weimer. Die Bundesregierung habe „ein Interesse daran, dass der Standort München auch für die Zukunft garantiert wird“.

 

MFE bietet den ProSiebenSat.1-Aktionären für ihre Anteile eine Umwandlung in MFE-Aktien sowie einen Barbetrag. Laut der Mitteilung erhöht sich jetzt die sogenannte Aktienkomponente von bislang 0,4 MFE-A-Aktien pro ProSiebenSat.1-Aktie um 0,9 MFE-A-Aktien auf insgesamt 1,3 MFE-A-Aktien. Die Barkomponente bleibt unverändert bei 4,48 Euro pro ProSiebenSat.1-Aktie. PPF bietet aktuell 7 Euro in bar je Aktie. Nach den Ankündigungen stieg der ProSiebenSat.1-Kurs im Wochenverlauf auf über 8 Euro an, obwohl der Konzern bei der Präsentation seiner Halbjahreszahlen am Donnerstag einen operativen Gewinneinbruch von 40 Prozent bekannt geben musste.

 

Die Jahresziele blieben aber weiter in der angestrebten Größenordnung bestehen, sagte ProSiebenSat.1-Finanzvorstand Martin Mildner: „Im ersten Halbjahr haben wir wichtige Fortschritte gemacht. Unsere Zuschauermarktanteile entwickeln sich gut, Joyn erreicht neue Rekordwerte und hat nun auch allein in Deutschland die 10-Millionen-Marke bei den Nutzerzahlen überschritten. Für das zweite Halbjahr sind wir zuversichtlich, dass wir von einer möglichen wirtschaftlichen Erholung rasch und unmittelbar profitieren werden.“