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Zeitungsgruppe Ostfriesland: Öffentlicher Streit um Anteile im Wert von 30 Mio. Euro eskaliert

Zeitungsgruppe Ostfriesland: Öffentlicher Streit um Anteile im Wert von 30 Mio. Euro eskaliert Robert Dunkmann (Foto. Thorben Malchus)

Verlegerfamilien Dunkmann, Engelberg und Gerhard streiten öffentlich um ihre Anteile an der Zeitungsgruppe Ostfriesland – mit Preisforderungen von bis zu 30 Mio. Euro. Warum der Gesellschafter-Geschäftsführer Robert Dunkmann entlassen wurde.

Aurich – Aus der aktuellen „kress pro“-Ausgabe mit dem Titelthema „Wie Medien von KI-Assistenten profitieren“


Wenn mehrere Verleger eine gemeinsame Zeitungsgruppe führen, gibt ihre Geschäftstätigkeit selten Neuigkeiten her. Meist regeln die Verleger:innen ihre Angelegenheiten im vertraulichen Hintergrund – weit weg von den neugierigen Augen der Öffentlichkeit. Ganz anders ist die Lage derzeit in Ostfriesland, wo die 2002 gegründete Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO) herrscht. Deren Anteilseigner:innen liefern sich seit geraumer Zeit einen heftigen Kampf vor aller Augen – und vor Gericht. Erinnerungen an die TV-Serie „Dallas“ drängen sich auf, wenn sich die Familienmitglieder bis aufs Blut bekämpfen.

Bei der ZGO stehen sich die Verlegerfamilie Dunkmann auf der einen und die Familien Engelberg und Gerhard auf der anderen Seite gegenüber.

 

Zum 70-jährigen Bestehen der „Ostfriesen-Zeitung“ (OZ) im Jahr 2020 sei „noch alles in Butter“ gewesen, zitierte ZGO-Geschäftsführer Robert Dunkmann in einem Interview. Ein Jahr später änderte sich das Bild: Edzard Gerhard (80) ließ wissen, er wolle seinen Minderheitsanteil von 20,3 Prozent veräußern – und peilte dafür rund 10 Millionen Euro an, etwa das Dreifache des geschätzten Marktpreises.

 

Die Familie Dunkmann, mit 39,85 Prozent einer der beiden Haupteigner, pochte auf ihr Vorkaufsrecht und hatte offenbar Finanzierungszusagen von Banken. Doch der Preis erschien zu hoch: Interne Bewertungen taxierten den Gerhard-Anteil später auf realistische 3,2 Millionen Euro. Gerhard drohte daraufhin, seinen Anteil nicht an Dunkmann, sondern an die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) zu verkaufen – oder an die „Nordwest-Zeitung“, die er 2004 bereits um die „Emder Zeitung“ erweitert hatte. Kurz darauf erklärten auch die Engelbergs, sich von ihrem identischen Anteil trennen zu wollen – ebenfalls zu einem sportlichen Preis, den die Dunkmanns nicht mitgehen konnten.

 

Insgesamt sollen Engelbergs und Gerhards rund 30 Millionen Euro für ihre gut zwei Drittel an der ZGO verlangt haben. „Die haben offenbar noch die Preise aus den 1980er-Jahren im Kopf und nichts von der Medienkrise mitbekommen“, so ein Insider, der anonym bleiben möchte.

 

Kennzahlen und Bewertung
Im Geschäftsjahr 2023 erzielte die ZGO bei einem Umsatz von 24,3 Millionen Euro einen Gewinn von knapp 1,7 Millionen Euro – eine Umsatzrendite von 6,9 Prozent. Branchenüblich wurden Zeitungen zuletzt mit dem Fünffachen des Jahresergebnisses bewertet, zuzüglich eines strategischen Aufschlags für Synergien. Das würde den Unternehmenswert auf rund 15 Millionen Euro schätzen, obwohl die ZGO mit einem Eigenkapital von knapp 9 Millionen Euro und einer Eigenkapitalquote von etwa 75 Prozent „kerngesund“ dasteht.

 

In Ostfriesland schrumpfen die Zeitungsauflagen mit gut 3 Prozent weit langsamer als der bundesweite Durchschnitt von über 6 Prozent. Grund dafür ist unter anderem die frühzeitige Umstellung auf E-Paper während der Corona-Zeit: Heute entfallen beinahe 50 Prozent der Abos auf digitale Ausgaben. Die „Ostfriesen-Zeitung“ führt mit 24 446 Exemplaren (– 3,3 Prozent), davon 9 891 E-Paper (plus digitale Abos), gefolgt von den „Ostfriesischen Nachrichten“ mit 10 306 (– 2,7 Prozent)/4 449 E-Paper. Der „General-Anzeiger Rhauderfehn“ notiert 7 223 (– 3,2 Prozent)/3 220 E-Paper, die „Borkumer Zeitung“ 477 (– 12,6 Prozent)/153 E-Paper (IVW I/2025).

 

Wie wurde der Streit öffentlich?
Erst eine Mitteilung „in eigener Sache“ am 10. März gewährte Einblick in die internen Zwistigkeiten: OZ-Chefredakteur Lars Reckermann verkündete, dass Robert Dunkmann „aufgrund interner Differenzen“ als Geschäftsführer der ZGO und der „Ostfriesischen Nachrichten“ abberufen worden sei. Die Hintergründe – der längst eskalierte Gesellschaftsstreit – blieben offiziell verschwommen. Als Notgeschäftsführer trat Alexander Weinstock an, zuvor bei „Buchmarkt“ und der „Schwäbischen Post“ in Aalen tätig.

Dass die Öffentlichkeit überhaupt von der „Kabale“ erfuhr, verdankt sie freien Recherchen des Journalisten und Ex-OZ-Redakteurs Andreas Ellinger auf seinem Blog der-datenanalytiker.de. Zuvor hatte die „Nordwest-Zeitung“ über den mutmaßlichen Auslöser – den Verkauf von Anteilen – berichtet.

 

Wie geht’s weiter?
Warum nur einige Gesellschafter:innen verkaufen wollen, welche Rolle der Pachtvertrag spielt und welche weiteren Schritte geplant sind, erfahren Sie in der vollständigen Story in „kress pro“.

 

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