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Ratlose Medienprofis: Woher weiß ich, welche Stelle zu mir passen würde?

Ratlose Medienprofis: Woher weiß ich, welche Stelle zu mir passen würde? Attila Albert

Wer sich weiterentwickeln oder verändern will, ist manchmal ziemlich orientierungslos: Welche beruflichen Optionen gäbe es noch, wo wäre eine Bewerbung sinnvoll, was bedeuten die neuen Stellentitel? Karrierecoach Attila Albert über typische Hürden und wie Sie sie überwinden.

Berlin – Wenn Medienprofis über ihren nächsten beruflichen Schritt nachdenken, weil sie sich weiterentwickeln oder verändern wollen, sind sie häufig ratlos: Was würde jetzt zu ihnen passen, wo hätte eine Bewerbung überhaupt eine Chance? Gerade, wer seit langem beim selben Arbeitgeber ist, kann sich nur schwer vorstellen, wie es bei einem anderen Unternehmen wäre – geschweige denn, in einer anderen Tätigkeit (z. B. Marketing oder PR statt Journalismus). So blicken sie orientierungslos auf die Vielzahl der Ausschreibungen. Viele scheinen ihnen zweifelhaft oder unklar, nichts überzeugt oder begeistert wirklich.

 

Um das zu überwinden, klären Sie am besten zuerst für sich, was Sie sich generell von Ihrer nächsten beruflichen Station erhoffen: Ein höheres Einkommen, interessantere Inhalte, passendere Kollegen, ein angenehmeres Betriebsklima? Alle Wünsche werden sich nicht gleichzeitig erfüllen, daher sollten es zwei bis drei Prioritäten sein. Wer beruflich unzufrieden ist, fokussiert sich allerdings gedanklich und emotional oft vor allem darauf, was er nicht mehr will. Diese verständliche Grundeinstellung der Ablehnung und Abwehr überträgt sich aber auch auf neue Optionen: Jede scheint kritikwürdig.

 

Das Abgrenzen vom nicht mehr Gewollten ist wichtig – ebenso, nun für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Danach aber braucht es wieder einen offenen, neugierigen und zuversichtlichen Blick: Was wünschen Sie sich, was könnte Sie interessieren, worauf hätten Sie Lust? Beurteilen Sie möglichst wenig vorab, etwa allein auf Basis einer vielleicht nicht besonders gelungenen Stellenanzeige oder Unternehmenswebseite. Recherchieren Sie stattdessen, wie Sie es auch als Journalist tun würden: Schauen Sie es sich möglichst persönlich an, fragen Sie die Zuständigen, sammeln Sie Fakten, urteilen Sie dann.

 

Allgemeine Berufsberatung meist unnötig
Medienprofis, die einen Berufs- oder sogar Branchenwechsel erwägen, wünschen sich gelegentlich eine allgemeine Berufsberatung. Etwa so, wie Schüler sie durchlaufen, die sich für eine Ausbildung oder ein Studium entscheiden müssen, aber noch überhaupt keine Vorstellung vom Berufsleben haben. Für Medienprofis, die schon lange arbeiten, ist das meist wenig sinnvoll. Sie können bereits auf eigene Erfahrungen aufbauen, kennen unzählige andere Berufstätige, haben Hobbys und Ehrenämter praktiziert. Journalisten haben zusätzlich durch Reportage und Interviews in viele weitere Branchen geblickt.

 

Hilfreicher ist, das bisherige Wissen und die gemachten Erfahrungen zu reflektieren und erkannte Lücken gezielt zu schließen. Dafür braucht es keinen Berufsberater, sondern das Gespräch mit Fachleuten aus Branchen, die Sie interessieren könnten, dazu eventuell eine Hospitanz während einiger Urlaubstage. So träumen viele Medienprofis von einem Wechsel in einen sozialen, handwerklichen oder anderweitig handfesten Beruf (z. B. Möbelrestaurator, Koch, Friseur). Das sollte man in einem Kurs ausprobieren, in einem Praktikum vertiefen, sich dann bei der Handwerkskammer bzw. IHK beraten lassen.

 

Ratschläge von Familienmitgliedern, Freunden oder Branchenkollegen sind zwar gut gemeint, bringen Sie aber oft nicht weiter. Nur den wenigsten gelingt es, ihre eigenen Ansichten und Vorlieben beiseite zu lassen und eine Empfehlung abzugeben, die Ihrem Wesen und Ihren Wünschen entspricht. Ein Beispiel hier: Sie überlegen, sich selbstständig zu machen, und fragen einen Elternteil nach dessen Meinung. Dieser war aber ein Leben lang angestellt, ist stark sicherheitsorientiert und hat keine Erfahrung als Gründer. Sein Rat („Das würde ich nicht riskieren‟) passt auf ihn, aber eventuell gar nicht zu Ihnen.

 

Werdegang und Lebensalter berücksichtigen
Neben der beruflichen Richtung ist auch die hierarchische Einordnung wichtig, auf welcher Ebene Sie also suchen. Viele Stellen, die man problemlos ausfüllen könnte, bekommt man wegen seiner bisherigen Laufbahn oder wegen seines Lebensalters nicht. Wer z. B. mit Anfang 50 eine Umorientierung zum Social-Media-Manager überlegt, verschwendet damit wahrscheinlich nur Zeit und Geld. Diese Stellen gehen typischerweise an junge Leute. Mit Anfang 50 kann man schon noch im Social-Media-Bereich arbeiten, müsste sich dann aber auf die strategische und konzeptionelle Seite konzentrieren (z. B. als Senior Berater).

 

Wenig hilfreich ist bei all dem die Hochstapelei bei den Stellentiteln und -beschreibungen, die inzwischen vieler Arbeitgebern nach amerikanischem Vorbild auch bei uns übernommen haben. Sogenannte „Manager‟-Stellen haben häufig überhaupt keine weitergehende Entscheidungskompetenz. Sie entsprechen eher unserem „Sachbearbeiter” oder bestenfalls „Referenten‟. Ein „Associate Director‟ kann faktisch ein stellvertretender Team- oder Abteilungsleiter sein. Noch verwirrender sind gleichrangig klingende Positionen, die sich durch Voranstellungen wie „Associate‟, „Deputy‟ oder „Executive‟ unterscheiden.

 

Hier bringt es wenig, Übersetzungen ins Deutsche zu vergleichen, zumal sich die Bedeutung je nach Branche und Unternehmen deutlich unterscheiden kann. Ein „Associate‟ ist meist ein (beigeordneter) ausführender Mitarbeiter, ein „Deputy‟ ein Stellvertreter, ein „Executive‟ in leitender Funktion. Aber wirkliche Klarheit haben Sie erst, wenn Sie mit dem potenziellen Arbeitgeber sprechen: Was sind die Aufgaben, wem ist die Stelle unterstellt, hat sie Mitarbeiter- und Budgetverantwortung? Haben Sie keine Hemmungen, vor einer Bewerbung anzurufen und nachzufragen. Seien Sie neugierig, nicht ängstlich.

 

Nicht verkehrt ist es, aktuelle Trends zu berücksichtigen. Sei es bei den Inhalten (z. B. Mobilität, Nachhaltigkeit) wie bei den Methoden (z. B. Agilität, Daten, KI). Aber viele springen auf, begnügen sich mit oberflächlichem Wissen, etwas einem Halbtageskurs und etwas Lektüre. Hier sind Sie mit Spezialisierung besser beraten: Entscheiden Sie sich für einen Trend, der Sie wirklich interessiert. Beschäftigen Sie sich dann intensiv und im Detail damit. Werden Sie also zum echten Experten, der anderen damit Lösungen für deren Probleme anbieten kann, nicht nur Gerede. Damit heben Sie sich in jedem Alter ab.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Welche Chefs passen zu mir?

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.