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Weg aus der inneren Kündigung: Wie Medienprofis neue Zuversicht finden

Weg aus der inneren Kündigung: Wie Medienprofis neue Zuversicht finden Attila Albert

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Immer weniger Berufstätige identifizieren sich mit ihrem Arbeitgeber oder bringen sich über das Nötigste hinaus ein. Resignation macht sich breit. Karrierecoach Attila Albert erklärt, wie der persönliche Neustart gelingen kann.

Berlin – Wer sich in diesen Monaten mit Medienprofis unterhält, findet viele in abgekämpfter und auffällig resignierter Stimmung vor. Zu viel hat sich für sie in der Welt, in der Branche und bei ihrem Arbeitgeber nicht so entwickelt, wie sie es sich vorgestellt hatten. In den vergangenen Jahren haben sie oft noch leidenschaftlich und lautstark protestiert. Inzwischen machen viele „Dienst nach Vorschrift“ und sind ansonsten weitgehend verstummt. Haben sich ins Private zurückgezogen, ihre Social-Media-Präsenz heruntergefahren, denken nur noch erleichtert an den nächsten Urlaub. So wie sie agiert heute eine große Mehrheit der Berufstätigen.

 

Nur noch zwölf Prozent der Deutschen engagieren sich am Arbeitsplatz, tun also mehr als das zwingend Notwendige. Sogar gerade noch neun Prozent fühlen sich mit ihrem Arbeitgeber verbunden. 41 Prozent sind sehr gestresst, 39 Prozent suchen einen neuen Job. Das ergab eine neue Gallup-Umfrage. „Beschäftigte in Deutschland sind im emotionalen Krisenmodus gefangen“, kommentierte das einer der Meinungsforscher. „In der derzeitigen Lage scheint Resignation statt Aufbruchstimmung zu herrschen.“ Eine beachtliche Anzahl fühlt sich traurig (18 %), wütend (13 %) oder einsam (12 %).

 

Resignieren bedeutet, sich mit etwas abzufinden, sich zu ergeben – den Umständen, anderen Menschen (im beruflichen Kontext z. B. Chefs, Kollegen, Geschäftspartner), seinem vermeintlichen Schicksal. Wer resigniert hat, kämpft nicht mehr, protestiert selbst kaum noch, beklagt sich höchstens noch. „Ich kann ja sowieso nichts ändern‟, sagt man sich in solch einer Verfassung. „Ich halte irgendwie durch, aber mehr geht nicht.‟ Es ist klar, dass solch eine hoffnungslose Weltsicht zu Passivität führt und die schwierige Situation nicht verbessert. Wie findet man da einen Weg wieder hinaus? Dazu einige Anregungen.

 

Raus aus dem gewohnten Umfeld
Intuitiv suchen viele Betroffene den räumlichen Abstand vom Arbeitsplatz – möglichst häufig Homeoffice, Urlaube, Sabbaticals, Krankmeldungen. Wenn es dabei vor allem um Vermeidung – Hauptsache, weg vom Chef und den Kollegen! – und kurzzeitige Ablenkung geht, ist das auf Dauer zu wenig. Solche Auszeiten lösen das Problem nicht, sondern verschleppen entschlossenes Handeln, beispielsweise einen internen oder externen Wechsel, immer wieder. Man ist ja zumindest für einige Zeit getröstet und sagt sich danach: „So schlecht habe ich es ja auch wieder nicht.” So vergehen Monate, Jahre.

 

Sinnvoll ist es durchaus, das gewohnte Umfeld zu verlassen. Der Fokus sollte dabei aber auf einem der folgenden Gebiete liegen: Berufliche und persönliche Weiterentwicklung (z. B. Intensivkurs, Sprachferien). Ausbau des eigenen Netzwerkes (z. B. Besuch einer Konferenz oder eines Branchenevents), Umsetzen eines Projektes (z. B. Buch eine Geschäftsidee ausarbeiten, Buch schreiben) oder das Prüfen einer beruflichen Alternative (z. B. interne Rotation oder externe Hospitanz). Eventuell lässt sich dafür sogar der gesetzliche Bildungsurlaub einsetzen und sind die Kosten steuermindernd absetzbar.

 

Eigene Stärken wiederentdecken
Wer eine lange Phase der erfolglosen Kämpfe und Enttäuschungen hinter sich hat, verliert manchmal ganz den Glauben an sich selbst. „Kann ich denn überhaupt was richtig‟, fragt man sich voller Selbstzweifel, wenn man immer wieder von anderen kritisiert oder zurückgesetzt wurde. „Will man mich hier überhaupt noch oder sieht man mich inzwischen als reine Belastung?” Hier gilt es, die eigenen Stärken wiederzuentdecken, um wieder neuen Mut zu schöpfen: Sich an die Herausforderungen zu erinnern, die man überwunden hat und die belegen, dass man es auch diesmal wieder schaffen kann.

 

Bei Unsicherheit oder Selbstzweifeln hilft es zudem, sich neutrales, fachkundiges Feedback dazu einzuholen, wo die eigenen Stärken liegen und wo man bisher ungenutztes Potenzial hat. Möglicherweise üben Sie derzeit tatsächlich die falsche Tätigkeit aus oder sind in einem Team, das ihren Fähigkeiten und Interessen nur begrenzt entspricht. Dann kann solch eine Krise am Arbeitsplatz der Anlass sein, wieder mehr „man selbst” zu sein. Beispiel: Man hat Sie ins Redaktionsmanagement (z. B. als Desk-Chef oder CvD) gedrängt, aber sie beschließen nun endlich, zurück in die Reporter- oder Redakteursarbeit zu gehen.

 

Neue Zuversicht finden
Im Kern handelt es sich bei Resignation um Hoffnungslosigkeit: Man kann nicht mehr an einen guten Ausgang der Ereignisse glauben, nicht mehr an die eigenen Möglichkeiten und Kräfte in sich, auch nicht mehr besonders an die Hilfe anderer. Solch einer grundsätzlichen Vertrauenskrise muss man Zuversicht entgegensetzen: Probleme nicht beschönigen oder verdrängen, aber auch nicht zusätzlich dramatisieren. Sondern: Als Herausforderungen des Lebens anerkennen, wie es sie eben manchmal gibt, und sich zutrauen, mit ihnen umgehen zu können. Nach dem Motto: „Andere haben das schließlich auch geschafft.”

 

Hier ist häufig das Gespräch mit einem Coach oder Therapeuten sinnvoll, um die tieferen Gründe für die persönliche Resignation und mögliche praktische Auswege zu erkunden. Meist beginnt solch eine Erkundung mit ganz einfachen Fragen: Was begeistert mich eigentlich noch, woran glaube ich, worauf freue ich mich? Vieles davon lässt sich später ins Berufsleben einbringen, muss also nicht isoliert im Privatleben stattfinden. Beispiel: Wer sich von der Energie und Begeisterungsfähigkeit junger Menschen anstecken lässt, könnte zukünftig auch mehr mit ihnen arbeiten, z. B. als Ausbilder oder Dozent für Volontäre.

 

39 Prozent der Befragten in der Gallup-Umfrage wünschten sich eine neue Stelle, wobei nicht alle auch aktiv suchten. Um nicht beim nächsten Arbeitgeber in eine ähnliche Situation zu kommen, ist eine andere mentale Verfassung nötig: Kraftvoller, selbstbestimmter, eher bereit, Grenzen zu setzen. Wer sich das einmal getraut hat, geht weniger ängstlich in Bewerbungsgespräche und Konfrontationen mit Vorgesetzten. Er weiß, dass er sich nicht alles bieten lassen muss.

 

Zur vergangenen Kolumne: Berufung statt Burnout

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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