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Dunja Hayali: „Ich möchte, dass wir wieder „wir“ werden“

Dunja Hayali: „Ich möchte, dass wir wieder „wir“ werden“ Dunya Hayali

Hass und Häme im Internet: Das kennt Dunja Hayali nur zu gut. Wie geht die Moderatorin damit um? Interview: Caroline Bock.

Berlin (dpa) − Dunja Hayali bekommt in der Sommerpause von Maybrit Illner wieder eine eigene Sendung im ZDF-Abendprogramm. Die erste von vier Folgen „Donnerstalk“ läuft am Freitag, 28. Juli. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin spricht die Moderatorin über Hetze im Internet und ihre Sendung.

 

Im vergangenen Jahr haben Sie in der Sendung versprochen, Sie würden alle Kommentare lesen, auch Hetze und Hass. Machen Sie das immer noch?

Dunja Hayali: Ich lese − fast − alles. Man muss realistisch bleiben: Ich habe mittlerweile 175 000 Follower bei Facebook und 40 000 bei Twitter. Es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Zum „Donnerstalk“ dürfte der Traffic noch mal höher gehen, deswegen haben wir das Social Media Team aus- und aufgebaut.

Wie gehen Sie mit dem Hass im Netz um?

Dunja Hayali: Kopf − Tischkante. Kopf − Tischkante. Und man muss viel atmen. Aber es ist nicht so, dass es spurlos an einem vorbeigeht. Es gibt sicherlich Tage und Bedrohungen, Beleidigungen oder Beschimpfungen, die mir nähergehen, vor allem, wenn sie meine Familie betreffen. Allerdings baut mich der zu 90 Prozent respektvolle, lehrreiche und interessante Umgang und Austausch auch wieder auf. Das zu erwähnen, ist wichtig, weil die Aufmerksamkeit, auch meine, eine Unwucht bekommt. Es gibt aber auch Dinge, die sind so absurd, da fällt Ihnen nichts mehr zu ein. Nichtsdestotrotz leben diese Menschen unter uns. Ich frage mich immer: Wie kann man mit denen kommunizieren, sind sie noch erreichbar? Was treibt sie um und was wollen sie denn eigentlich? Das herauszufinden und das abzubilden, das ist unser Job. Lösungen zu finden, das ist der Job von Gesellschaft und Politik. Das vergessen manche Schreiber gerne und haben Erwartungen an mich, die ich nicht erfüllen kann.

Sind Sie schon mal einem Troll, also einem hartnäckigen Internethetzer, persönlich begegnet?

Dunja Hayali: Ich habe es versucht, aber darauf gab es kein Feedback. Ich frage mich aber, was diese Trolls oder Hater damit bezwecken wollen. Sie werden weder mich noch ihre eigene Welt dadurch verändern.

Seit Sommer 2015 ist viel passiert. Haben Sie jemals bereut, zum Fürsprecher der Flüchtlinge zu werden?

Dunja Hayali: Ich sehe mich nicht als Fürsprecherin, sondern eher als jemand, der unsere Gesetze, unsere Verpflichtungen, aber auch meine moralischen Werte kennt und anwendet. Um die müssen wir ehrlicherweise immer wieder ringen, aber ein Grundsatz bleibt doch: kein Platz für Rassismus. Die, die bei uns Schutz vor Bomben und Krieg suchen, müssen diesen auch bekommen. Wir müssen ihnen die Hand reichen und ihnen die Instrumente geben, die sie brauchen, um hier anzukommen. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass „die Neulinge“ diese Hand annehmen müssen − und zwar mit allem, was dazugehört, ohne ihre eigene Kultur deshalb aufzugeben. Und was gehört dazu? Zu allererst unser Grundgesetz. Aber eines ist auch klar, Deutschland allein wird diese „Probleme“ nicht alleine lösen können. Wir können nicht die ganze Welt retten.

Erleben Sie bei der Internet-Hetze auch Homophobie?

Dunja Hayali: Ja, aber nicht so extrem. Das kommt natürlich auch mal: „Was will uns die Lesbe jetzt eigentlich dazu sagen“ und „Geh doch in dein Land, da würdest du gesteinigt werden“. Es ist interessant, dass die, die hetzen, sich meistens auf Minderheiten beziehen. Mich treibt es wirklich um: Ich möchte, dass wir wieder „wir“ werden.

Das klingt wie Ihre Rede bei der Goldenen Kamera. Eigentlich könnten Sie in die Politik gehen, wäre das was?

Dunja Hayali: Nein, um Gottes Willen. Sind Sie verrückt..? Ich stelle einfach viel zu gerne Fragen und bin neugierig. An der Stelle, wo ich bin, bin ich gut aufgehoben. Ehrlich gesagt, tun mir Politiker manchmal auch leid: Auf viele Fragen gibt es nun mal keine einfachen Antworten, aber jeder erwartet sie. Und all das, was gut läuft, läuft so unter ferner liefen mit.

 

Interview: Caroline Bock.

Zur Person: Dunja Hayali (42) kommt aus Datteln in Westfalen und hat irakisch-christliche Eltern. Nach dem Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln begann sie ihre Fernsehkarriere bei der Deutschen Welle. Seit 2010 ist Hayali Hauptmoderatorin des ZDF-Morgenmagazins, sie dreht auch Reportagen für den Sender. Sie engagiert sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. 2016 gewann sie eine Goldene Kamera in der Kategorie „Beste Information“. Hayali lebt mit Golden Retriever Emma (12) in Berlin-Kreuzberg.