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Frank Überall: Heftige Kritik an Abbauplänen bei „Deutsche Welle“

Deutliche Worte fand heute Mittag Frank Überall bei einer Demonstration gegen die Abbaupläne bei der „Deutschen Welle“.

Berlin - Unter dem Motto „Wir lassen uns nicht abschalten“ waren viele Kolleginnen und Kollegen auf die Straße gegangen, um gegen den drohenden Kahlschlag der Fernsehprogramme in Deutsch, Spanisch und Arabisch in Berlin sowie von journalistischen Angeboten in zehn Sprachen am Standort Bonn zu protestieren.

Als Mitglied des Bundesvorstands im Deutschen Journalisten-Verband (DJV) sprach auch Prof. Dr. Frank Überall zu den Journalisten und erhielt viel Applaus. Seine Rede veröffentlichen wir im Original.

 

Prof. Dr. Frank Überall lehrt Journalismus an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (Köln/Berlin). Er ist ehrenamtliches Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Journalisten Verbands (DJV). Foto: Manfred Wegener

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

herzlichen Dank für die Einladung auf Euer Podium bei dieser eindrucksvollen Demonstration für die Deutsche Welle: Für eine journalistische Institution, die sich einen hervorragenden Ruf in aller Welt erarbeitet hat. Aber auch für eine Institution, die am Abgrund steht. Die auszubluten droht. Von Kaputtsparen, von Kahlschlag ist die Rede. In dieser Situation müßte sich der Intendant eigentlich vor seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen. Um den guten Ruf der Deutschen Welle mit Herzblut kämpfen. Aber:

Ich frage mich - ach was, ich frage Sie, Peter Limbourg: Was machen Sie eigentlich beruflich?

Ihr Beruf ist es, als Intendant die Deutsche Welle zu erhalten und fortzuentwickeln. Ihr Beruf ist es, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem besten Weg zu suchen. Dafür wurden Sie als Intendant gewählt.

Peter Limbourg, nehmen Sie diesen, Ihren Beruf endlich ernst! Gehen Sie sorgsam mit dem Kulturgut um, das wir Bürgerinnen und Bürger Ihnen anvertraut haben! Die Deutsche Welle ist keine Berliner Boulettenbude, die man selbstherrlich zum Schnellrestaurant amerikanischer Machart umwandeln kann. Auch wenn das für Sie eine ungewohnte Erfahrung sein mag: Diese Deutsche Welle ist ein journalistischer Gourmet-Tempel, und sie soll es auch bleiben. Das, was bisher an Umbau- und Sparplänen von Ihnen bekannt geworden ist, legt die Axt an den Lebensnerv der Deutschen Welle. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein Programm auch in deutscher Sprache. Wir wollen eine Vielfalt der Sprachen, in denen gesendet wird. Wir wollen anständigen, bodenständigen, modernen und professionellen Journalismus. Die Deutsche Welle soll die mediale Visitenkarte unserer Republik in der ganzen Welt bleiben. Wir wollen keine BBC und kein CNN für Arme - wir wollen gute journalistische Arbeit, die eben auch gutes Geld kostet.

Das möchte ich auch den Politikerinnen und Politikern ins Stammbuch schreiben: Unseren Vertretern in den parlamentarischen Gremien. Wenn ich provokativ fragen muss, was Peter Limbourg eigentlich beruflich macht, dann muss ich gleichzeitig auch die Frage stellen, wer dem Intendanten welche politischen Vorgaben macht. Und: Es versprüht schon den spröden Charme einer Berliner Boulettenbude, wenn die Personaletats seit Jahren nicht erhöht werden. Die Beschäftigten der Deutschen Welle sind bis zum Anschlag - und darüber hinaus - belastet. Obwohl ihre Etats seit etlichen Jahren nicht angehoben wurden, leisten sie Außergewöhnliches. Gleichzeitig aber demotivieren wir sie nach Kräften. Wir, das sind die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik - denn die Politiker handeln ja stellvertretend in unserem Namen.

Man muss sich das mal bewusst machen: Wenn mindestens seit 15 Jahren die Personaletats nicht angehoben werden, ist das unter dem Strich eine dramatische Kürzung. Denn Inflation und Kostensteigerungen gehen auch an der Deutschen Welle nicht spurlos vorbei. Das Geld wird weniger wert, Energie wird teurer, Gehälter steigen im Rahmen der Tarifabschlüsse. Wer da nicht die Etats erhöht, verhöhnt die fleißigen und professionellen Mitarbeiter, sorgt dafür, dass die Qualität irgendwann leiden muss.

Liebe Politiker: Stellen Sie sich doch mal vor, Sie fassen wieder einmal den Beschluss, Ihre Diäten zu erhöhen - "vergessen" aber, gleichzeitig den entsprechenden Etatposten auszuweiten. Da bliebe nur die Möglichkeit, das politische Geschäft mit weniger Abgeordneten zu bewältigen. Würden Sie das wollen? Wäre das ein Ausdruck von qualitätsvoller Arbeit? Sicher nicht. Wie, bitte, kommen Sie dann darauf, dass das bei der Deutschen Welle anders sein sollte?

Es ist schön zu hören, dass diese Gedanken unter dem Druck der Öffentlichkeit langsam salonfähig werden, in der Politik. Dass Sie zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren darüber nachdenken, im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen den Personaletat endlich wieder zu erhöhen. Aber machen Sie damit bitte ernst, und warten Sie damit nicht zu lange! Jede Woche, jeder Tag, jede Stunde, die Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unklaren lassen, trägt dazu bei, sie zu demotivieren: Das kann wirklich niemand wollen.

Die Beschäftigten sind das wichtigste Pfund, mit dem die Deutsche Welle das aufrichtige und positive Bild Deutschlands in die Welt transportiert. Sie machen das Programm, sie arbeiten gewissenhaft und - immer noch - hoch motiviert: Trotz aller Negativ-Nachrichten, die sie in den vergangenen Monaten und Jahren in eigener Sache zur Kenntnis nehmen mussten. Wir im Bundesvorstand des Deutschen Journalisten Verbands haben davor großen Respekt.

Diesen Respekt müssen jetzt endlich auch uneingeschränkt die Verantwortlichen zeigen. Peter Limbourg, zeigen Sie, dass Sie Ihren Beruf beherrschen und stellen Sie sich konsequenter auf die Seite hervorragender und vor allem vielfältiger Programme! Herr Limbourg, stellen Sie sich auf die Seite derer, die diese Programme in Ihrem Haus machen. Und: Liebe Politikerinnen und Politiker, unterstützen Sie die Deutsche Welle. Wenn in der Debatte notgedrungen Stichworte wie Zerschlagung oder Kaputtsparen fallen, kann das nicht in Ihrem Sinne sein.

Wir brauchen eine relevante Deutsche Welle in dieser, unserer Welt. Nehmen Sie den Protest gegen das Ausbluten dieser journalistischen Institution zur Kenntnis. Handeln Sie! Noch ist es nicht zu spät!

Frank Überall

Newsroom.de-Lesetipp: Markus L. Blömeke, Interview mit Prof. Dr. Frank Überall: "Diese Menschen lieben ihren Sender!"

 

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