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Immer noch ein Nachrichtenjunkie − Jo Brauner wird 80

Drei Jahrzehnte lang war Jo Brauner Sprecher der „Tagesschau“, 17 Jahre lang Stadionsprecher beim HSV. Im TV sieht man ihn heute nicht mehr, im Volksparkstadion aber noch immer: Der 80-Jährige lässt sich kein Heimspiel entgehen.

Hamburg (dpa) - Jeden Abend um 20 Uhr muss absolute Stille herrschen bei Jo Brauner − dann ist der Fernseher eingeschaltet und nur der Sprecher der „Tagesschau» zu hören. Deren Stimme war er selbst 30 Jahre lang, 2004 verabschiedete er sich vom Nachrichtenflaggschiff der ARD. „Ein Nachrichtenjunkie bin ich aber geblieben“, sagt Brauner, und prompt ruft seine Frau Ann aus der Küche: „Das kann ich bestätigen!“ Ihren 48. Hochzeitstag hatten die beiden vor kurzem − schon steht wieder eine Feier an: 80 Jahre alt wird der in Hamburg lebende einstige Chefsprecher am Mittwoch (29. November).

 

„Ich feiere in kleinem Rahmen, mit Familie und nächsten Freunden“, sagt er. „Da ich − toi, toi, toi − von größeren gesundheitlichen Beschwerden verschont geblieben bin, denke ich auch gar nicht so sehr an die 80. Wenn die Gesundheit nicht so mitspielt, empfindet man das sicherlich anders.» 

Vor allem mit seinen Ex-Kollegen Dagmar Berghoff (74) und Wilhelm Wieben (82) hatte er bis vor einigen Jahren noch regelmäßige Auftritte − als „Die drei Ikonen der „Tagesschau»“.  Heute sehen sich die drei TV-Rentner noch gelegentlich bei Theaterbesuchen oder privaten Feiern. Von Berghoff hatte Brauner mit Beginn des Jahres 2000 den Posten des Chefsprechers übernommen. Als er 2004 dann selbst ging, räumte er seinen Platz im Studio nach fast genau drei Jahrzehnten. „Tagesschau“-Legende Karl-Heinz  Köpcke hatte ihn einst vom Hörfunk beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) geholt.

Dabei wollte der in Nimptsch im schlesischen Riesengebirge geborene und in Thüringen aufgewachsene Brauner mal Deutschlehrer werden. Doch 1958 ging er kurz nach seinem Staatsexamen am Pädagogischen Institut Leipzig in den Westen, arbeitete in Hamburg unter anderem bei einer Versicherung. Doch als „Kaufmannstyp» sah er sich nie, bewarb sich stattdessen beim NDR und las fortan Nachrichten im Radio. Seine sonore Stimme dürfte noch immer vielen Menschen vertraut klingen. Auf der Straße erkannt werde er nach wie vor, sagt er.

Dienst hatte er auch, als am 9. November 1989 die Mauer fiel. „Darüber habe ich so oft gesprochen und so viel geschrieben, dass ich irgendwann schon dachte: Ohne mich wäre die Mauer nie gefallen“, sagt Brauner lachend. Geweint habe er damals die ganze Nacht lang. „Kichernd wie einen Teenager“ hätten ihn die Zuschauer bei seiner lustigsten Panne erlebt: „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Deppendorf begann zu moderieren, obwohl Brauners Nachrichtenblock noch nicht beendet war. Deppendorfs verduzter Blick, als er ihn dann einfach unterbrach, brachte widerum Brauner aus dem Konzept.

Zu den heutigen Sprechern hat Brauner keine Verbindung mehr, aber zum ARD-aktuell-Chef Kai Gniffke. Beide schrieben sich noch oft, «zum Beispiel wenn mir etwas in der Sendung auffällt“, sagt er.

Große Shows moderiert hat Brauner nie. Dafür wurde er mit Saisonstart 1974 für 17 Jahre Stadionsprecher beim HSV. «Damals lief es für den Verein deutlich besser“, sagt er. Nach wie vor lässt er sich kein Heimspiel entgehen.

Und was wünscht sich der Jubilar? „Dass die Gene, die mein Vater mir offenbar vererbt hat, noch lange halten mögen“, sagt Brauner. «Vor dem Tod habe ich keine Angst, der Tod gehört zum Leben. Nur wenn es Zeit wird, den Löffel aus der Hand zu legen, wünsche ich mir, dass ich das ohne Zögern machen kann, dass ich kein Pflegefall werde.»