Leute
Newsroom

Uwe Knüpfer: Ex-WAZ-Chef zieht Kandidatur zurück

Was hat es in den vergangenen Tagen nicht für Diskussionen um die Kandidatur von Uwe Knüpfer gegeben! Der Chef der SPD-Zeitung "Vorwärts", ehemals Chefredakteur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", will in den Bundestag! Nicht irgendwo, sondern für Herne und Bochum, ausgerechnet in dem Wahlkreis, in dem Michelle Müntefering kandidiert. Genau, die Michelle Müntefering, Ehefrau von Franz, und ebenfalls Journalistin. Jetzt hat Knüpfer seine Kandidatur zurückgezogen.

Herne - Als wichtige Bergbaustadt war Herne schon immer Zentrum von Industrie. Knapp 165.000 Menschen leben hier, die SPD regiert, stellt den Bürgermeister und auch der nächste Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis wird aller Voraussicht nach von den Sozialdemokraten gestellt. In der kommenden Woche werden die Delegierten aus Bochum und Herne ihren Kandidaten benennen. Beim Nominierungsparteitag gestern Abend in Herne hat sich die Mehrzahl bereits für Michelle Müntefering und damit gegen Uwe Knüpfer und die weitere Mitbewerberin Anke Hildenbrand entschieden.

Im Gespräch mit NEWSROOM war Knüpfer vor einigen Tagen noch guter Dinge. Knüpfer, und das unterscheidet ihn deutlich von anderen externen Kandidaten, kennt die Region, die Menschen, fühlt sich im Ruhrgebiet immer noch heimisch, auch wenn er inzwischen in Berlin lebt und dort den "Vorwärts" verantwortet. "Bevor ich politischer Journalist geworden bin, war ich parteipolitisch aktiv, war mit 16 Jahren Juso-Vorsitzender in Herne, Bildungsobmann in meinem Ortsverein", erinnert sich Knüpfer.

 

"Vorwärts"-Chefredakteur Uwe Knüpfer, früher Chef der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", ist ein Kämpfer. Jetzt hat er seine Kandidatur aber zurückgezogen.

 

Knüpfer kandidierte, weil er von Bürgern aus Herne angesprochen worden war. Wer ihn angesprochen hat, wollte er zwar nicht sagen, seinen Entschluss hatte er aber mit gemeinsam mit seiner Ehefrau getroffen. Aber darf ein Journalist einfach so in die Politik gehen? Aber ja, sagt Knüpfer: "Ein Journalist kann alles werden, solange er aufhört, Journalist zu sein:"

Uwe Knüpfer war und ist ein durch und durch politischer, kluger Kopf. Er hat bei der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" volontiert, arbeitete als Reporter, war Sprecher beim Bildungsministerium in NRW, Auslandskorrespondent für WAZ und weitere Tageszeitungen in Washington von 1992 bis 2000 und dann schließlich von 2000 bis 2005 Chefredakteur der größten Regionalzeitung Deutschlands.

Nach dem Ausstieg aus der WAZ wagte Knüpfer den Sprung in die Selbstständigkeit, wurde Verleger und Chefredakteur in einer Person für die lokale Online-Zeitung "onruhr", die gute Arbeit leistete, aber sich wirtschaftlich nicht halten konnte. "Sie kam einfach zu früh", sage Redakteure der WAZ, die in einigen Regionen des Verbreitungsgebietes Monopolzeitung ist, noch heute anerkennend. Was wohl heute passieren würde, wenn ein anderer Verlag eine ernsthafte Online-Zeitung für das Ruhrgebiet stemmen würde?

Knüpfer, der seit dem 1. Oktober 2010 die Monatszeitung "Vorwärts" der SPD verantwortet, hatte sich offensichtlich zu kurzfristig um die Unterstützung innerhalb der SPD für seine Kandidatur um die Bundestagskandidatur im Wahlkreis Herne/Bochum II beworben. Das kreideten ihn einige Funktionäre an.

Der Familienvater, ein Querkopf mit vielen guten und weitsichtigen Gedanken und Ideen, hätte seine Berufung nicht als Karrierschritt begriffen, sondern als Möglichkeit, im Ruhrgebiet etwas zu bewegen.

Diese Chance ist zumindest vorerst vertan.

Bülend Ürük