Pressefreiheit
dpa

Pressefreiheit auch in Deutschland nicht selbstverständlich

Bei Demonstrationen werden Journalisten oft bedroht. Sie müssen sich nicht nur aggressive Sprüche anhören. Die Bedrohung für die Pressefreiheit in Deutschland geht nicht vom Staat, sondern von der Straße aus.

Berlin (dpa) − Die Möglichkeiten freier Berichterstattung stoßen auch in Deutschland oft an Grenzen. „Die Arbeit ist komplizierter geworden, weil die Bedrohungen zunehmen“, sagte Peter Bandermann, Journalist von den „Ruhr Nachrichten“, der seit vielen Jahren über Rechtsextremismus und Neonazis berichtet. „Sie suchen mich und meine Familie an meiner Privatadresse auf. Es gibt Briefe an mich und meine Tochter. Das lässt einen nicht kalt“, erzählte Bandermann am Dienstagabend bei einer Veranstaltung zum Thema „Pressefreiheit in Gefahr − auch in Deutschland?“ in Berlin. Dazu hatten unter anderem Reporter ohne Grenzen und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) eingeladen.

 

Der Ton habe sich in Deutschland spürbar verändert, sagte Stephan Scherzer, VDZ-Hauptgeschäftsführer. Und bei Einschüchterungsversuchen bleibt es oft nicht. Bandermann schilderte einen aktuellen Vorfall aus Unna in Nordrhein-Westfalen. Dort war ein Kollege nicht nur bei der Berichterstattung behindert worden, ihm wurde bei einer Demonstration gleich die Kamera gestohlen. Für Bandermann eine bezeichnende Eskalationsstufe.

Erst vor 14 Tagen habe er selbst einen Waffen- und Munitionskatalog zugeschickt bekommen − als Drohgebärde. Längst sei auch üblich, persönliche Daten von Journalisten zur Einschüchterung im Internet zu veröffentlichen, in seinem Fall etwa seine Joggingstrecke.

Daniela Schadt, Journalistin und Lebensgefährtin des Bundespräsidenten Joachim Gauck, sieht ebenfalls eine beunruhigende Entwicklung. Es gebe inzwischen eine Menge Menschen, die zum Beispiel bei Pegida-Demonstration aggressiv bis zur Tätlichkeit auf journalistische Berichterstattung reagierten. Da habe sich etwas verschoben. „Der Schritt schon zum tätlichen Angriff ist eine neue Qualität, das beunruhigt mich.»

Laut Gemma Pörzgen, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, sind in Deutschland inzwischen Mechanismen zu beobachten, die man lange nur aus anderen Regionen der Welt kannte. Versuche, Journalisten bei ihrer Arbeit zu behindern und einzuschüchtern, gehören für sie an erster Stelle dazu. In einer besonders schwierigen Situation sind nach ihrer Einschätzung viele freie Journalisten, die oft beispielsweise nicht den gleichen juristischen Schutz hätten wie festangestellte Kollegen.

Das gilt gerade auch für Bedrohungen von rechts, bestätigte Peter Bandermann. Denn das sei das Besondere in Deutschland, dass die Bedrohungen für die Pressefreiheit nicht von staatlicher Seite ausgehe, sondern ein Phänomen sei, das eng mit Fremdenfeindlichkeit verknüpft ist. „Aber wir dürfen nicht einknicken, weil andere wollen, dass wir wegschauen“, lautete Bandermanns Fazit zum internationalen Tag der Pressefreiheit.