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Gruner + Jahr: Julia Jäkel übernimmt, Bernd Buchholz komplett raus

Schneller als gedacht räumt Bertelsmann-Chef Thomas Rabe in Hamburg auf. Bernd Buchholz, bislang Chef von Europas führendem Magazinhaus und umsatzstärkstem deutschen Verlag, scheidet "einvernehmlich" aus dem Unternehmen aus. Der gebürtige Berliner kann sich zwar nicht über einen Goldenen, aber einen, sagen wir mal Silbernen Handschlag freuen. In Zukunft wird ein Triumvirat bei Gruner + Jahr regieren. Mit dabei: die Ehefrau vom früheren Mr. Tagesthemen, Ulrich Wickert.

Hamburg - Julia Jäkel heißt die 40-jährige Verlagsmanagerin, die in Zukunft gemeinsam mit Torsten-Jörn Klein (48) und Achim Twardy (50) die Geschäfte führt. Jäkel, gerade Mutter von Zwilligen geworden, übernimmt die Verantwortung für Zeitschriften- und Digitalgeschäft von Gruner + Jahr in Deutschland. Einen Vorsitzenden des Vorstands gibt es nicht mehr. Ove Saffe, Geschäftsführer vom Spiegel-Verlag, gehörte mit Julia Jäkel zur ersten Wahl für die Verpflichtung in Gütersloh. Bertelsmann wollte mit seiner Verpflichtung aber in Hamburg keine neue Baustelle für Probleme und Sorgen schaffen. Und was heute nicht ist, kann morgen ja noch werden.

In der offiziellen Pressemitteilung wird Bernd Buchholz mit folgenden Worten zitiert: "Ich bedanke mich bei Gesellschaftern und Aufsichtsrat, vor allem aber bei meinen Vorstandskollegen, den Führungskräften sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für viele Jahre der Zusammenarbeit, die ich als großes Privileg empfunden habe."

So geht es jetzt weiter: In ihrer neuen Position verantwortet Julia Jäkel, bislang Verlagsgeschäftsführerin der Verlagsgruppe "G+J Life", künftig das Zeitschriften- und Digitalgeschäft von Gruner + Jahr in Deutschland. Torsten-Jörn Klein bleibt als Auslandsvorstand für alle internationalen Aktivitäten verantwortlich. Achim Twardy übernimmt zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben als Finanzvorstand, Vorstand Druck und Beteiligungen und Leiter Corporate Services wieder die Verantwortung für den Bereich Operations.

 

Julia Jäkel ist 40 Jahr alt, Ehefrau von Ulrich Wickert und seit heute Mitglied des  Vorstands von Gruner + Jahr.

 

Thomas Rabe, Aufsichtsratsvorsitzender der Gruner + Jahr AG, kommentiert in der Presseaussendung die Veränderungen so: "Mit Julia Jäkel haben wir eine hervorragende Managerin mit hoher verlegerischer Kompetenz für das Zeitschriften- und Digitalgeschäft in Deutschland gefunden. Mit ihr, Torsten-Jörn Klein und Achim Twardy wird Gruner + Jahr nun von einem Team erfahrener Verlagsmanager geführt. Mit dieser neuen Struktur ist Gruner + Jahr bestens aufgestellt, um seine starke Position im europäischen und internationalen Mediengeschäft auszubauen und insbesondere die Digitalisierung von Inhalten und Marken voranzutreiben. Bertelsmann und die Familie Jahr werden sich als Gesellschafter dafür einsetzen, dass sich Gruner + Jahr erfolgreich weiterentwickeln kann. Ich bedanke mich bei Bernd Buchholz für die erfolgreiche und engagierte Arbeit in den vergangenen Jahren, auf die der neu zusammengesetzte Vorstand nun gesamtverantwortlich aufbauen wird."

Julia Jäkel erklärt in der Pressemitteilung folgendes: "Gruner + Jahr Deutschland steht für Marken von großer publizistischer Tradition und für eine Vielzahl junger, erfolgreicher Medienprodukte. All diese Marken sind verankert in unserer Gesellschaft. Ich freue mich auf die Aufgabe, G+J Deutschland, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen, in eine gute Zukunft - Print und digital - zu führen. Gleichzeitig freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den erfahrenen Kollegen Torsten-Jörn Klein und Achim Twardy im Vorstand von Gruner + Jahr."

Aber wer ist Julia Jäkel? Die 40-Jährige, die eigentlich Julia Jäkel-Wickert heißt, ist seit über acht Jahren mit dem früheren Mr. Tagesthemen, Ulrich Wickert, verheiratet. Das Paar lebt derzeit noch abwechselnd in Südfrankreich und in Hamburg. Jäkel, geboren am 13. November 1971, hat an der Universität Heidelberg, in Harvard in den USA und in Cambridge in Großbritannien Volkswirtschaft, Politikwissenschaft und Geschichte studiert. Danach stieg sie über das zentrale Nachwuchsprogramm bei Bertelsmann ein, war danach Geschäftsführende Redakteurin bei "Gala".

Bernd Buchholz wird sich nach NEWSROOM-Informationen jetzt erst einmal Zeit lassen mit der Überlegung, in welchem Bereich er sich in Zukunft beruflich engagieren möchte. Eine Rückkehr in die Politik schließen informierte Kreise zwar nicht aus.

Nach den vielen Monaten der Querelen mit Bertelsmann-Chef Thomas Rabe wolle sich der 50-jährige Buchholz, der laut "Süddeutscher Zeitung" im Smoking "bella figura" mache, erst einmal um sein Privatleben kümmern. Und die Partei, die FDP, befindet sich auch in keiner guten Verfassung. Da würde Buchholz Kraft und Energie brauchen, die ihm im Moment fehle, heißt es in Hamburg.

Das Verlagshaus Gruner + Jahr steht vor der größten Herausforderung in seiner Geschichte. Für Bertelsmann-Chef Thomas Rabe, der viel von Exzellenzjournalismus hält, noch mehr aber vom Geldverdienen, steht fest, dass für Veränderungen bei Gruner + Jahr eine enge Anbindung an das Gütersloher Stammhaus unabdingbar ist. Das war mit Buchholz, dem früheren FDP-Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag, schlicht nicht zu machen. Schon in Kürze möchte Rabe, der eng und gut mit dem Verwalter des Jahr-Vermögens, dem Juristen Winfried Steeger, kann, verkünden, dass Bertelsmann komplett und alleine in Hamburg regiert. Rabe und Steeger ähneln sich auf frappierende Weise - beide haben das Vermögen im Blick, Sentimentalitäten gibt es bei ihnen nicht.

Die Synergien sollen auch dabei helfen, den erwarteten Personalabbau abzufedern. Die Gerüchte, dass Personal abgebaut wird, sind zwar schon lange keine Gerüchte mehr. Ob es aber tatsächlich 400 Personen sein werden, die das Haus verlassen müssen und die der Betriebsrat befürchtet, wird sich nach einer kompletten Durchsicht aller Bereiche entscheiden. Eher werden es weniger.

Größter Ballast für Bertelsmann sind im Moment die fehlenden Ideen für die Digitalisierung und die schwierige Situation bei den G+J-Wirtschaftsmedien; die Wirtschaftstageszeitung "Financial Times Deutschland" hat seit ihrer Gründung noch nie Gewinn gemacht.

An diesem Samstag treffen sich in Hamburg verschiedene Teams aus dem gesamten Gruner+Jahr-Verlag zum Fußballturnier um den G+J-Wanderpokal. Im Vorjahr haben die Spieler von der Zeitschrift "Brigitte" gewonnen. Das Thema, worüber auf dem Kleinfeld und am Rande, unter den Zuschauern, gesprochen wird, ist gesetzt: Wie geht es weiter bei Gruner + Jahr?

Bülend Ürük

Bei Bertelsmann und Gruner + Jahr passiert unheimlich viel. Sie haben Informationen, Tipps, Themen? Ihre Einschätzungen - natürlich auch vertraulich - bitte per Mail direkt an chefredaktion@newsroom.de.