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Freie: „Die Verlage sparen uns kaputt“

Freie: „Die Verlage sparen uns kaputt“ Joachim Budde kämpft mit den Freischreibern für faire Honorare.

Und graben sich damit selbst das Wasser ab, sagt Joachim Budde, Vorstandsmitglied der Freischreiber. Was die Freien fordern.

Berlin – Joachim Budde, Vorstandsmitglied der Freischreiber, über die aktuelle Honorar- Kampagne im Interview mit Chefredakteur Alexander Graf für das aktuelle „medium magazin“.

 

Die Freischreiber haben einen offenen Brief an deutsche Medien geschickt und u. a. aufgrund der Inflation 15 Prozent mehr Honorar für alle Freien gefordert. Das ist nachvollziehbar – aber gleichzeitig ganz schön optimistisch, oder?

Joachim Budde: Das ist nicht optimistisch, sondern der einzig vernünftige Weg! Wir machen auf diese Weise darauf aufmerksam, dass – vor allem in Printmedien – die Honorare seit Jahren oder Jahrzehnten gleich geblieben sind. Gerade erst haben wir mit einem Kollegen gesprochen, der seit 20 Jahren bei einem Magazin dasselbe Honorar bekommt. Die Verbraucherpreise sind in diesem Zeitraum aber um 37 Prozent gestiegen! In Kaufkraft umgerechnet arbeitet er heute also für viel weniger als vor 20 Jahren. So gesehen sind die 15 Prozent noch moderat. Die Verlage sparen uns kaputt. Und graben sich doch damit selbst das Wasser ab. Viele gute Leute haben den Journalismus längst verlassen, weil es sich für sie nicht mehr rechnet. Wenn keine guten Leute mehr für die Verlage arbeiten, dann sinkt die Qualität der Verlagsprodukte, und auf Dauer machen die Leserinnen und Leser das nicht mit.

 

Sie gehen auch ins persönliche Gespräch mit Chefredaktionen. Wie fallen die Reaktionen dort aus?

Das ist ganz unterschiedlich. Die allermeisten Verlage und Redaktionen haben leider gar nicht auf unseren Brief reagiert. Andere fühlten sich auf den Schlips getreten wegen unseres kämpferischen Tons; nach dem Motto: „Wir bezahlen unsere Freien schon besser als anderswo, das finden wir einen unpassenden Umgang.“ Einige wenige haben unser Gesprächsangebot angenommen: Kürzlich haben wir mit dem „Freitag“ gesprochen, auch die „Zeit“ hat einem Treffen zugesagt.

 

Haben denn bereits Medien als Reaktion ihre Honorare erhöht?

Wir haben von einigen Redaktionen tatsächlich Zusagen erhalten, allerdings sind die Prozesse dort noch nicht abgeschlossen, darum können wir noch nichts Konkretes verkünden. Unsere Aktion hat aber schon großen Erfolg gehabt, weil der Brief und unsere Rückendeckung viele unserer Mitglieder dazu ermutigt haben, bei Verhandlungen mehr Geld für ihre Aufträge zu verlangen. Ein Kulturmagazin hat das Zeilenhonorar um rund die Hälfte angehoben. Eine Freischreiberin berichtete davon, dass ihr Auftraggeber ihr Honorar um 30 Prozent erhöht hat, ein anderer konnte 20 Prozent mehr verhandeln.

 

Wie geht’s jetzt weiter?

Wir nehmen mit weiteren Redaktionen Kontakt auf und laden uns zu Gesprächen ein. Und wir planen weitere öffentlichkeitswirksame Events. Die Kampagne ist noch lange nicht am Ende!

 

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